Technologie

US-Geheimdienst warnt vor Chinas Aufrüstung im All

Lesezeit: 2 min
26.04.2022 09:00
China soll sich laut einem jüngst erschienenen DIA-Bericht inzwischen verstärkt auf den Ausbau von Weltraumtechnologien konzentrieren. Besonders chinesische Satelliten-Störsender könnten die USA künftig um einen entscheidenden strategischen Vorteil bringen.
US-Geheimdienst warnt vor Chinas Aufrüstung im All
Schon vor über 20 Jahren begann in geopolitischen Fachkreisen der Begriff der Astropolitik die Runde zu machen. Heutzutage erscheint die zunehmende Militarisierung des Weltraums bereits immer greifbarer. (Foto: dpa)
Foto: ESA/Dlr

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Militär  
Raumfahrt  
China  
USA  

In einem jüngst erschienen 80-seitigen Bericht zur Sicherheitslage im Weltall warnt der US-amerikanische Verteidigungsnachrichtendienst, die Defense Intelligence Agency (DIA), unter anderem vor der zunehmenden chinesischen Aneignung von Weltraumtechnologien mit sowohl zivilem als auch militärischem Einsatzbereich. Vor allem die Entwicklung von Störsendern, die sogenannte "Synthetic Aperture"-Radare (SAR) der US-Amerikaner, wie sie derzeit verstärkt zur Gewinnung von Satellitenbildern in der Ukraine genutzt werden, blockieren sollen, wird im DIA-Bericht als Vorsorge Chinas für künftige militärische Konflikte gewertet.

Zudem erhebt der US-amerikanische Verteidigungsnachrichtendienst schwere Vorwürfe gegen China: Die chinesische Volksbefreiungsarmee betreibe Technologiediebstahl und Wissenschaftsspionage "als Ergänzung zur eigenen Forschung". Dabei bediene sich China "einerseits traditioneller Spionage-sowie Cyberspionagetechniken, andererseits aber auch Open-Source-Datenbanken, Organisationen für Technologietransfer und der Ausnutzung ausländischer Forscher". Diese Strategie diene der gezielten Umgehung von Kosten technologischer Forschung und Entwicklung bei gleichzeitiger Beschleunigung des Fortschritts.

Um einen konkreten strategischen Vorteil im Falle militärischer Konflikte könnte die chinesische Armee die USA jedoch dann bringen, wenn sie tatsächlich, wie im DIA-Bericht gemutmaßt, Störsender entwickelt haben sollte, die auf Synthetic Aperture Radare, also auch Satelliten zur militärischen Aufklärug, abzielen. Fortgeschrittene SARs gelten als besonders zuverlässig, liefern zu jeder Zeit und bei jedem Wetter gute Bilder. Tara Copp, Pentagon-Korrespondentin des US-amerikanischen Online-Portals Defense One, hält diese chinesischen Störsender für den Schlüssel dazu, US-amerikanische oder der USA zugehörige kommerzielle Satelliten daran zu hindern sich ein "klares Bild von Taiwan" zu verschaffen, wie es in der Ukraine der Fall sei.

Generell, betont die DIA, sehe die Volksbefreiungsarmee militärische Operationen im Weltraum als ein Mittel an, um "eine potenzielle US-amerikanische Intervention in einem regionalen militärischen Konflikt abzuschrecken und zu kontern". In der People's Liberation Army Daily, der Zeitschrift des chinesischen Militärs, sei laut DIA sogar dezidiert die Rede davon gewesen, dass man es den USA und ihren militärischen Verbündeten mithilfe der "Zerstörung oder Festsetzung von Satelliten und anderen Sendern" erschweren könne, präzisionsgelenkte Munition zu nutzen.

Zwar plädiere China gemäß dem Bericht des US-Verteidigungsnachrichtendienst zwar offiziell für die friedliche Nutzung und werbe innerhalb der Vereinten Nationen um eine Entmilitarisierung des Weltraums. Doch andererseits widme das Land erhebliche ökonomische und technologische Ressourcen dem Ausbau aller Aspekte des chinesischen Weltraumprogramms. China verbessere, so die DIA, unter anderem seine militärische Raumfahrttechnologien und Kompetenzen in der bemannten Raumfahrt, führe aber auch Erkundungsmissionen auf Mond und Mars durch. Allein in den letzten zehn Jahren, heißt es im Bericht, habe sich die Anzahl aktiver chinesischer Satelliten in der Erdumlaufbahn verdoppelt. Darüber hinaus berichtet die DIA von chinesischem Engagement im Ausbau von Energiewaffen und Antisatellitenwaffen sowie Kompetenzen in der Cyberkriegsführung.

Zweifelsohne sind amerikanisch-chinesische Sticheleien im Weltraum keineswegs etwas neues, sondern stellen vielmehr seit den Zeiten amerikanisch-sowjetischen Säbelrasselns im All eine Kontinuität dar. Doch seitdem US-amerikanische Satellitenbilder Indizien für die Verantwortung Russlands an dem Massaker im ukrainischen Butscha lieferten, dürfte das beiderseitige Aufrüsten im All jeweils noch mehr gegenseitiges Misstrauen erwecken. Zwar hatte das weiße Haus jüngst bekanntgegeben, künftig keine Testungen von Antisatellitenwaffen im Weltraum durchzuführen und andere Länder dazu ermuntert, es den USA gleichzutun.

Doch den prinzipiellen Trend der Entwicklung des Weltalls zum erweiterten Schlachtfeld der Geopolitik – der US-amerikanische Militärforscher Everett Carl Dolman prägte dafür schon 2001 den Begriff der "Astropolitik" – dürfte dieses partikulare Zugeständnis der Amerikaner kaum aufhalten. Erst kürzlich hatte das Pentagon sogar im Gegenteil bekanntgegeben, wieder vermehrt in die Forschung und Entwicklung von Hyperschallwaffen, die ebenfalls auf Satelliten angewiesen sind und somit zur Militarisierung des Weltraums beitragen, zu investieren.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Griechenlands Wirtschaft boomt: Erfolgreiche Steuerreformen und starke Investitionen treiben den Aufschwung
21.12.2024

Griechenlands Wirtschaft überrascht: Für 2025 erwartet das Land einen Haushaltsüberschuss von 13,5 Milliarden Euro – mehr als doppelt...

DWN
Panorama
Panorama Winterurlaub in Gefahr: Weniger Gäste in den Alpen erwartet
21.12.2024

Die Alpenregion, ein traditionell beliebtes Ziel für Wintersport und Erholung, steht in der neuen Saison vor Herausforderungen. Weniger...