Finanzen

Auf Fünfjahrestief abgerutscht: Der Euro befindet sich im freien Fall

Der Euro fällt und fällt. Inzwischen sogar auf den tiefsten Stand seit 2017.
27.04.2022 17:52
Lesezeit: 1 min
Auf Fünfjahrestief abgerutscht: Der Euro befindet sich im freien Fall
Erst Ende vergangenen Jahres feierte der Euro sein 20-jähriges Bestehen. Doch die Aussichten für die europäische Gemeinschaftswährung werden zunehmend düsterer. (Foto: dpa)

Der Euro ist am Mittwoch zum US-Dollar auf Talfahrt geblieben. Die Gemeinschaftswährung weitete ihre jüngsten Kursverluste aus und erreichte bei 1,0526 Dollar den tiefsten Stand seit 2017. Am Vorabend hatte sie noch gut einen Cent mehr gekostet. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0583 (Dienstag: 1,0674) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9449 (0,9368) Euro.

Kurzfristig dürfte die US-Notenbank Fed dem Dollar weiter Rückenwind verschaffen, obschon der Markt bereits umfangreiche Zinserhöhungen in den USA zur Bekämpfung der hohen Inflation erwarte, schrieben die Analysten der Landesbank BayernLB. Zudem könnte die Unsicherheit um verschärfte Russland-Sanktionen und ihre Auswirkungen auf Europas Konjunktur den Euro weiterhin belasten. Von den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs dürfte Europa nach Meinung vieler Fachleute stärker betroffen sein als die Vereinigten Staaten.

Zwar steigen auch in der Eurozone die Preise stark. Dennoch könne der Euro nicht davon profitieren, dass mittlerweile drei Zinsanhebungen im laufenden Jahr laut Aussagen von EZB-Offiziellen wahrscheinlicher geworden seien, kommentierte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank: «An den Devisenmärkten ist die Furcht groß, dass eine stärkere konjunkturelle Abschwächung in der Eurozone - oder gar eine Rezession - den geplanten Straffungskurs doch noch durcheinanderwirbeln könnte.» Das Schreckgespenst wäre laut Gitzel: Eine Rezession, eine hohe Inflation und eine Europäische Zentralbank, die nicht handeln will oder kann.

Indikatoren zur Verbraucherstimmung bewegten den Euro kaum. Diese erreichte in Deutschland nach der zweiten Verschlechterung in Folge ein Rekordtief, wie Daten des Nürnberger Konsumforschungsunternehmens GfK zeigten. «Die Hoffnungen auf eine Erholung als Folge der Lockerungen pandemiebedingter Beschränkungen haben sich endgültig zerschlagen», sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,84215 (0,84135) britische Pfund, 135,57 (136,15) japanische Yen und 1.0229 (1,0229) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold kostete am Nachmittag in London 1889 Dollar. Das waren 17 Dollar weniger als am Dienstag.

Im DWN-Interview warnte zuletzt der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Gründungsdirektor des "Flossbach von Storch Research Institute", Thomas Mayer, vor einem anhaltenden Wertverlust des Euros. Sollte der Euro sich weiter zur Weichwährung entwickeln, so der Ökonom, dürfte er langfristig keinen Bestand haben.

Mayer betont zudem, dass der Euro theoretisch auch gänzlich von der Bildfläche verschwinden könnte: "Die Geschichte zeigt, dass sich Menschen andere Mittel zur Wertaufbewahrung und zum Austausch suchen, wenn das offizielle Geld an Schwindsucht leidet. Früher kam immer wieder Gold und Silber als Geld ins Spiel. Heute könnten Kryprowährungen dazu kommen."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...