Deutschland

Prominente warnen Scholz in Offenem Brief vor Drittem Weltkrieg

Rund 30 Prominente haben Kanzler Olaf Scholz vor den langfristig unkalkulierbaren Folgen von Waffenlieferungen für die Ukraine gewarnt. Es brauche mehr Diplomatie.
29.04.2022 14:35
Aktualisiert: 29.04.2022 14:35
Lesezeit: 2 min

Prominente wie die Feministin Alice Schwarzer, der Schriftsteller Martin Walser und der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar haben in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appelliert, nicht noch mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfe kein Motiv für eine Ausweitung des Krieges auf die Nato geliefert werden, schreiben die Unterzeichner in dem am Freitag veröffentlichten Brief. Sie warnen vor der Gefahr eines Dritten Weltkrieges.

Zu den 28 Erstunterzeichnern gehören der Autor Alexander Kluge, der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel, der Sänger Reinhard Mey, die Kabarettisten Gerhard Polt und Dieter Nuhr, die Schauspieler Lars Eidinger und Edgar Selge und die Schriftstellerin Juli Zeh.

Der Bundestag hatte am Donnerstag mit großer Mehrheit die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gebilligt. Anders als viele Kritiker, die Scholz eine zaudernde Haltung vorwerfen, bekunden die Unterzeichner des Briefes ihre Unterstützung dafür, dass der Bundeskanzler bisher alles getan habe, um eine Ausweitung des Ukraine-Kriegs zum Dritten Weltkrieg zu vermeiden. «Wir hoffen darum, dass Sie sich auf Ihre ursprüngliche Position besinnen und nicht, weder direkt noch indirekt, weitere schwere Waffen an die Ukraine liefern. Wir bitten Sie im Gegenteil dringlich, alles dazu beizutragen, dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen kann; zu einem Kompromiss, den beide Seiten akzeptieren können.»

Die Unterzeichner betonen, dass Putin mit dem Angriff auf die Ukraine das Völkerrecht gebrochen habe. Dies rechtfertige aber nicht, das «Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt in Kauf zu nehmen». Die Lieferung großer Mengen schwerer Waffen könnte Deutschland selbst zur Kriegspartei machen. «Ein russischer Gegenschlag könnte sodann den Beistandsfall nach dem Nato-Vertrag und damit die unmittelbare Gefahr eines Weltkriegs auslösen.»

Eine zweite «Grenzlinie» sei das Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung. «Dazu steht selbst der berechtigte Widerstand gegen einen Aggressor in einem unerträglichen Missverhältnis. Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren "Kosten" an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen sind universaler Natur.»

Der Offene Brief wurde auf der Website des Magazins «Emma» veröffentlicht. Jede und jeder sei eingeladen, ebenfalls zu unterzeichnen, sagte Alice Schwarzer der Deutschen Presse-Agentur.

Schwarzer hatte sich schon zuvor öffentlich in die Debatte eingemischt. Lesen Sie dazu: Alice Schwarzer: „Merkel hat vielleicht einen Weltkrieg verhindert“ - sofortige Verhandlungen mit Putin

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...