Deutschland

Ohne russische Energie keine Autoproduktion in Deutschland

Lesezeit: 2 min
30.04.2022 11:22  Aktualisiert: 30.04.2022 11:22
Die deutschen Autobauer decken ihren Energiebedarf vor allem aus russischem Öl und Gas. Lieferunterbrechungen wären für die Branche eine Katastrophe.
Ohne russische Energie keine Autoproduktion in Deutschland
Selbst in der hochmodernen "Factory 56" in Sindelfingen ist man auf Energie aus Russland angewiesen. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Krieg in der Ukraine beschleunigt mit dem Streben nach Unabhängigkeit von russischem Gas und Öl die Energiewende der Unternehmen in Europa. Wie weit der Weg in der deutschen Autoindustrie noch ist, zeigen Daten des Carbon Disclosure Projects (CDP). Die Organisation sammelt und analysiert seit mehr als 20 Jahren Umwelt- und Klimadaten von Unternehmen, Kommunen oder Regionen.

Nach den derzeit aktuellsten Zahlen für 2020 deckten Volkswagen und Mercedes-Benz rund 80 Prozent ihres Energiebedarfs aus klimabelastenden fossilen Energiequellen ab, bei BMW waren es 60 Prozent. Nach Daten des Umweltbundesamtes bestreitet die gesamte deutsche Industrie die Hälfte ihres Energieverbrauchs mit Gas oder Kohle, ein Großteil davon stammt aus Russland.

Elektrizität ergrünen zu lassen sei einfacher als den übrigen Energiebedarf, erklärte Mercedes-Produktionschef Jörg Burzer kürzlich. Ein Hebel ist der Aufbau eigener erneuerbarer Energiequellen mit Photovoltaik auf dem Fabrikdach zum Beispiel. Volkswagen konnte damit 2020 allerdings erst ein Prozent des Bedarfs decken, BMW und Mercedes-Benz noch weniger.

Doch bis 2030 will Mercedes die Eigenerzeugung auf 15 Prozent des Energiebedarfs ausbauen. Die Fabriken sollen zugleich effizienter werden. Das neueste Werk in Sindelfingen, die Factory 56, verbraucht laut Burzer 25 Prozent weniger Energie als die älteren Fabriken. Sie kann schon 30 Prozent ihres Stroms selbst erzeugen. Die Quote der Erneuerbaren beim Gesamtenergieverbrauch sei mittlerweile bei 45 bis 50 Prozent, sie soll bis 2030 auf mindestens 70 Prozent steigen.

Das BMW-Werk in Leipzig, in dem der elektrische i3 hergestellt wird, erzeugt 20 Prozent der für die Produktion benötigten Energie aus vier eigenen Windkraftanlagen, erklärte der Münchner Autobauer. Da die Unternehmen eine wichtige Rolle beim Umdenken für Klimaschutz spielen, sei Transparenz wichtig, sagte Silke Mooldijk, eine Energieforscherin des New Climate Institute, das den Energiemix und den CO2-Fußabdruck großer Unternehmen überwacht. "Es ist wichtig, dass die Unternehmen offen über ihren Stromverbrauch sprechen."

Bei der Heizenergie waren nach CDP-Daten erst 13 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Porsche und Audi etwa nutzen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die Wärme durch die Verbrennung von Biomasseabfällen erzeugen. Aber in der Regel gibt es nicht genügend Biomasse, um dies in großem Umfang zu tun, sagte Albert Waas, Automobilexperte und Partner bei der Boston Consulting Group. Geheizt wird in den Fabriken oft mit Gas. Das Thema steht derzeit wegen der Sorge, Russland könnte den Hahn abdrehen oder die EU die Abnahme als Sanktion einstellen, ganz oben auf der Agenda.

Nicht nur zum Heizen, auch für den Betrieb von Lackieranlagen wird Gas gebraucht, wie Mercedes-Finanzchef Harald Wilhelm diese Woche erklärte. Ein abrupter Lieferstopp würde sich daher auswirken. Das Unternehmen arbeite daran, den Bedarf zu reduzieren und andere Energiequellen zu nutzen. "Vielleicht wird es ein bisschen kühler hier und dort", sagte Wilhelm.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Technologie
Technologie Neurotechnologie und Transhumanismus: Fortschritt, Chancen und Herausforderungen
28.04.2024

Wie sind die aktuellen Trends und potenziellen Auswirkungen von Neurotechnologie? Neben der Künstlichen Intelligenz entwickelt sich dieser...

DWN
Panorama
Panorama Neue Regelungen im Mai: Ticketsteuer, Biosprit und Autokauf
28.04.2024

Der Mai bringt frische Regulierungen und Veränderungen in verschiedenen Bereichen: Flugtickets könnten teurer werden, Autofahrer können...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...