Weltwirtschaft

Ein Drittel europäischer Gas-Importe über die Ukraine fallen weg

Lesezeit: 1 min
11.05.2022 11:23  Aktualisiert: 11.05.2022 11:23
Europa muss von nun an mit 32,6 Millionen Kubikmetern Gas pro Tag weniger rechnen.
Ein Drittel europäischer Gas-Importe über die Ukraine fallen weg
Wenn Erdgas mit hohem Druck in Pipelines eingespeist wird, reduziert sich der Druck in deren Inneren. Darum muss Erdgas in Verdichterstationen verdichtet werden, um den optimale Transportdruck wiederherzustellen. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am Dienstag teilte der ukrainische Gasnetzbetreiber Gas TSO of Ukraine (GTSOU) mit, dass das "Eintreten höherer Gewalt" den Gas-Transit über Kopplungspunkt Sochraniwka und die Nowopskow-Verdichterstation, die sich in den besetzten Gebieten in der Region Luhansk befinden, derzeit verhindere. Fast ein Drittel des Gases aus Russland nach Europa – bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter pro Tag – fiele s0mit weg, wie die GTSOU berichtet.

Infolge der militärischen Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine befänden sich mehrere Gas-Anlagen in Gebieten, so der ukrainische Gasnetzbetreiber, die vorübergehend von russischen Truppen und der Besatzungsverwaltung kontrolliert würden. "Derzeit kann die GTSOU keine operative und technische Kontrolle über die Nowopskow-Verdichterstation und andere Anlagen in diesen Gebieten ausüben."

Darüber hinaus gefährde die "Einmischung der Besatzungstruppen in die technischen Prozesse und die Änderung der Betriebsweise der Anlagen, einschließlich der unbefugten Entnahme von Gas aus den Gastransitströmen, die Stabilität und Sicherheit des gesamten ukrainischen Gastransportsystems".

Das Vorgehen des russischen Militärs stelle "im Rahmen des aktuellen Transitvertrags Umstände höherer Gewalt" dar, die es unmöglich machen würde, die Verpflichtungen am Kopplungspunkt Sochraniwka und der Nowopskow-Verdichterstation zu erfüllen. Die Anlagen, so heißt es in der Mitteilung, stünden gegenwärtig nicht unter der Kontrolle der GTSOU.

Dementsprechend erklärt die GTSOU, dass "ab dem 11. Mai 2022, 07.00 Uhr, die Abnahme von Gas an dem Kopplungspunkt Sochraniwka nicht mehr stattfinden wird". Um die Transitverpflichtungen gegenüber den europäischen Partnern in vollem Umfang zu erfüllen, bestehe jedoch die Möglichkeit, "nicht verfügbare Kapazitäten vorübergehend vom physischen Kopplungspunkt Sochraniwka auf den physischen Kopplungspunkt Sudscha" zu übertragen, der sich nach wie vor auf dem von der Ukraine kontrollierten Gebiet befände.

Die GTSOU habe Gazprom wiederholt über die Gefährdung des Gastransits durch die Aktionen der von Russland kontrollierten Besatzungstruppen informiert und darauf hingewiesen, dass die Einmischung in den Betrieb der Anlagen eingestellt werden muss, doch der russische Gaskonzern habe die Appelle ignoriert.

Gazprom dementiert die Aussagen der GTSOU wiederum. Im Gegenteil unterstreicht der Konzern "keinerlei Bestätigungen über Umstände höherer Gewalt" erhalten zu haben. Die GTSOU habe in den vergangenen Wochen "ungestört" in Sochraniwka weiterarbeiten können.

Auch die ohnehin schon zugespitzte Lage in der deutschen Düngerproduktion könnte unter dem Vorfall leiden. So warnte die deutsche Agrarchemie-Branche erst kürzlich vor einem Gas-Embargo gegen Russland. In Anbetracht des gestoppten Gas-Transits in der Ukraine dürfte nun auch das Kriegsgeschehen selbst zunehmend Lieferschwierigkeiten verursachen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...