Deutschland

Bundestag stimmt für Enteignung von Energiefirmen bei Versorgungsgefährdung

Das erneuerte Gesetz könnte erstmalig bei der Öl-Raffinerie von Schwedt an der Oder zum Einsatz kommen.
13.05.2022 10:29
Lesezeit: 1 min
Bundestag stimmt für Enteignung von Energiefirmen bei Versorgungsgefährdung
Das erneuerte Gesetz ermächtigt die Regierung und ihre Behörden bei einer Gefährdung der Energieversorgung Gegenmaßnahmen in Form von Enteignungen zu ergreifen. (Foto: dpa)

Der Bundestag hat am Donnerstag Regelungen bis hin zur Enteignung von Firmen im Falle eines Energie-Notstands beschlossen. Das Parlament billigte am Abend mit den Stimmen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Neufassung des Energiesicherungsgesetzes vor dem Hintergrund von Konflikten mit Lieferungen aus Russland. Das Gesetz soll nach Befassung im Bundesrat ab Juni in Kraft treten. Im Bundestag votierte auch die Linke für den Gesetzentwurf, die AfD lehnte ihn ab, die Union enthielt sich.

Schon vor einer unmittelbaren Gefährdung der Energieversorgung sollen künftig besondere Maßnahmen möglich sein. Konzerne könnten dann unter Treuhandverwaltung gestellt werden. Dies soll greifen, wenn die Unternehmen ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen und die Versorgungssicherheit gefährdet ist. Auf anderer Gesetzesgrundlage hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bereits bei Gazprom Germania, dem Deutschland-Geschäft des russischen Gaskonzerns, gehandelt.

Die Tochter wurde unter die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur gestellt, die nun bis zum 30. September alle Stimmrechte aus Geschäftsanteilen an der Gazprom Germania wahrnimmt. Zuvor hatte Gazprom die Tochter an einen anderen Eigentümer abgeben wollen, so dass die Regierung einschreiten konnte. Russland hat darauf nun mit Sanktionen reagiert und will die Handels- und Speichertöchter nicht mehr mit Gas beliefern.

Das erneuerte Gesetz könnte erstmals angewandt werden, wenn es keine Lösung für die Eigentümerfrage bei der Öl-Raffinerie von Schwedt an der Oder gefunden wird. Sie gehört mehrheitlich dem Rosneft-Konzern und wird von diesem mit russischem Pipeline-Öl versorgt. Deutschland will dies ersetzen und hat dafür bereits Pläne entwickelt. Voraussetzung wäre aber, dass Rosneft seine Anteile abgibt oder eben gesetzlich dazu gezwungen wird.

Das Energiesicherungsgesetz wurde seit 1975 nur unwesentlich verändert. Im parlamentarischen Verfahren hatte die FDP gegenüber dem Regierungsentwurf noch durchgesetzt, dass nach einer Verstaatlichung einer Firma diese später wieder privatisiert werden muss. Das Gesetz ermächtigt die Regierung und ihre Behörden bei einer Gefährdung der Versorgung Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen Regelungen zur Produktion, dem Transport und der Verteilung von Energie.

Mit der Novelle werden auch Bestimmungen im Energiewirtschaftsgesetz geändert. So soll unter anderem eine geplante Stilllegung von Gasspeicheranlagen künftig bei der Bundesnetzagentur angezeigt werden müssen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...