Das Bundesverfassungsgericht hat es für grundgesetzwidrig erklärt, dass die Zahl der Kinder bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung nicht berücksichtigt wird. Der Gesetzgeber muss nun bis zum 31. Juli des kommenden Jahres die Beiträge nach der Kinderzahl staffeln. Mit der am Mittwoch bekanntgegebenen Entscheidung gab der Erste Senat zwei Verfassungsbeschwerden teilweise statt. Erfolglos waren die Kläger allerdings mit ihrer Forderung, dass die Kinderzahl auch in der Renten- und Krankenversicherung zu geringeren Beiträgen führen müsse.
Momentan zahlen Kinderlose, aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2001, bei der Pflegeversicherung höhere Beiträge als Eltern; die Kinderzahl wurde bisher aber nicht berücksichtigt. Das wurde nun vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts beanstandet. Denn damit würden "Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern benachteiligt, weil der mit steigender Kinderzahl anwachsende Erziehungsmehraufwand in geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung findet", so die Begründung wörtlich.
In der Rentenversicherung und der Krankenversicherung werde dagegen der Erziehungsaufwand hinreichend kompensiert, so die Entscheidung weiter. In der Krankenversicherung sind alle Kinder beitragsfrei mitversichert. In der Rentenversicherung erhält der erziehende Elternteil für jedes Kind bis zu drei Rentenpunkten zusätzlich gutgeschrieben. (AZ: 1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16 u.a.)
Bei den Klägern handelt es sich um drei Elternpaare aus Baden-Württemberg. Unterstützung erhalten sie vom Familienbund der Katholiken und dem Deutschen Familienverband. Die erste Klage erfolgte schon 2006 vor dem Sozialgericht Freiburg. Gerade in Anbetracht der sich zunehmend zuspitzenden Fachkräftemangels und der anhaltenden Diskussion um die Rente mit 70 bleibt zu hoffen, dass das Urteil Signalwirkung entfaltet und eine nachhaltige Korrektur der demografischen Entwicklung anstößt.