Finanzen

Amundi-Vorstand warnt vor "Schneeballsystem" bei Private Equity

Der CIO von Europas größtem Vermögensverwalter Amundi warnt, dass Private-Equity-Fonds Wertpapiere "zirkulär" aneinander verkaufen, und erwartet einen Crash.
04.06.2022 09:00
Aktualisiert: 04.06.2022 09:00
Lesezeit: 2 min

Vincent Mortier, Chief Investment Officer von Amundi Asset Management, Europas größtem Vermögensverwalter, hat Teile der Private-Equity-Branche mit einem "Schneeballsystem" verglichen. Er erwartet, dass es in der Branche in den kommenden Jahren zum Crash kommen wird, wie die Financial Times berichtet.

"Einige Teile der Private-Equity-Branche ähneln in gewisser Weise einem Schneeballsystem", sagte Mortier in einer Präsentation. "Man weiß, dass man [Vermögenswerte] für das 20- oder 30-fache des Gewinns an eine andere Private-Equity-Firma verkaufen kann. Deshalb kann man von einem Ponzi sprechen. Es ist eine zirkuläre Sache."

Börsengehandelte Aktien und Anleihen lassen einem typischen Vermögensverwalter wie dem französischen Unternehmen Amundi, das ein Vermögen von 2 Billionen Euro managt, wenig Spielraum, um seine Performance zu verbergen. Denn Kursschwankungen bei den gehaltenen Vermögenswerten kann man leicht täglich oder sogar in Echtzeit verfolgen - ein Prozess, der als Marktbewertung bekannt ist.

Private-Equity-Firmen hingegen halten das Geld ihrer Anleger in der Regel für mehrere Jahre fest. Informationen darüber, ob ihre Zielunternehmen an Wert gewonnen oder verloren haben, werden nur dann veröffentlicht, wenn sie das entsprechende Unternehmen an die Börse bringen oder sich dafür entscheiden, den Preis offenzulegen, zu dem sie es verkauft haben.

In der Zwischenzeit handelt es sich bei den Bewertungen, welche die Private-Equtiy-Firmen ihren Investoren vierteljährlich zur Verfügung stellen, oft nur um ausgeklügelte eigene Schätzungen, die auf ungefähr gleichwertigen Vermögenswerten auf den frei gehandelten Märkten beruhen.

Häufig verkaufen Private-Equity-Gruppen Vermögenswerte an andere Private-Equity-Gruppen. Im Jahr 2021 haben sie sogar Geschäfte im Wert von 42 Milliarden Dollar abgeschlossen, bei denen sie Portfoliounternehmen an sich selbst verkauften.

Laut Mortier besteht für Private-Equity-Firmen ein Anreiz, Vermögenswerte zu überhöhten Preisen untereinander zu transferieren. "Nur weil es keinen Marktwert gibt, heißt das nicht, dass es kein Risiko gibt", sagt er und warnt die Investoren: "Irgendwann wird es Verluste geben, aber das wird vielleicht erst in drei, vier oder fünf Jahren der Fall sein."

Private-Equity-Firmen sind in den letzten Jahren reichlich mit Bargeld ausgestattet worden, da sie Kredite zu niedrigen Zinssätzen aufnehmen konnten, was ihnen eine enorme Feuerkraft verlieh, um Unternehmen zu übernehmen. Laut einem im März veröffentlichten McKinsey-Bericht verfügt die Private-Equity-Branche weltweit über ein verwaltetes Vermögen von mehr als 6 Billionen Dollar.

Sie verzeichneten 2022 das beste erste Quartal aller Zeiten, da sie ihre während der Pandemie angehäuften riesigen Cash-Bestände einsetzen konnten. Buyout-Gruppen unterstützten im ersten Quartal Transaktionen im Wert von 288 Milliarden Dollar, was einem Anstieg um 17 Prozent gegenüber den ersten drei Monaten des Jahres 2021 entspricht.

Auch Mainstream-Investoren waren auf der Suche nach lukrativen Möglichkeiten in diesem Bereich, da einige Teile der öffentlichen Aktienmärkte überbewertet erschienen und die Anleiherenditen historisch niedrig waren.

Mortier äußerte sich auch besorgt im Hinblick auf die Märkte für Staats- und Unternehmensanleihen. Hier werde es immer schwieriger, Geschäfte abzuschließen, vor allem, wenn der Abstand zwischen den Preisen, zu denen Anleger kaufen und verkaufen können, ungewöhnlich groß ist.

"Die Banken nehmen ihre Rolle als Market-Maker immer weniger wahr", so Mortier. Das liegt zum Teil an der Regulierung, die seit der Finanzkrise 2008 verschärft wurde. "Aber auch die Banken und Händler sind gierig. Die Aufsichtsbehörden sollten sich das ansehen, denn es könnte zu Marktunfällen führen", sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neue EU-Regeln: Mehr Bargeld im Supermarkt und besserer Schutz vor Online-Betrug
27.11.2025

Die Europäische Union stellt Zahlungsdienste auf den Prüfstand: Neue EU-Regeln sollen Kunden besser schützen und den Alltag erleichtern....

DWN
Finanzen
Finanzen Wacker Chemie-Aktie steigt: Anleger honorieren Stellenabbau und Sparanstrengungen
27.11.2025

Wacker Chemie zieht angesichts der anhaltenden Branchenflaute die Reißleine und legt ein Sparpaket auf. Mehr als 1.500 Jobs stehen...