Ein Schritt zurück: Der deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Robert Habeck, scheint den Ernst der Lage erkannt zu haben. Zwar begeht er mit der Ankündigung, dass Kohlekraftwerke wieder stärker zum Einsatz kommen sollen, einen grünen Tabubruch, reagiert dabei aber pragmatisch auf die angespannte Versorgungslage im Land.
Eine Verlängerung der drei noch bestehenden Atomkraftwerke – wie von der FDP gefordert - kommt allerdings nicht in Frage. Der Grund: Sie würden im Winter 2022/2023 keine zusätzlichen Strommengen bringen, sondern frühestens ab Herbst 2023 nach Befüllung mit neu hergestellten Brennstäben.
Nach der Kürzung russischer Gaslieferungen gilt es so schnell wie möglich die daraus resultierenden Mängel zu beheben. Dabei will Habeck in einem Klima der allgemeinen Verunsicherung die nötigen Maßnahmen ergreifen, um rasch Gas einzusparen und zugleich die Energieversorgung für den Winter zu sichern.
Es soll weniger Gas für Industrie und Stromerzeugung fließen, und die Befüllung der Gasspeicher vorangetrieben werden. Der Bund stellt dafür Milliardenmittel zur Verfügung. Das Geld soll es ermöglichen, genug Gas zu kaufen, um die nationalen Reserven aufzufüllen. Durchgeführt wird der Kauf von der Gesellschaft Trading Hub Europe, einer Kooperation verschiedener Netzgesellschaften. Auch sollen Kohlekraftwerke kurzfristig Energie liefern, um den Gasverbrauch zu senken.
"Der Gasverbrauch“, so Habeck, „muss weiter sinken, dafür muss mehr Gas in die Speicher, sonst wird es im Winter wirklich eng.“
Das heißt, dass man im Sommer und Herbst so viel Gas wie möglich einspeichern will. Derzeit sind die Gasspeicher in Deutschland zu rund 56,7 Prozent befüllt. Ziel der Bunderegierung ist es, dass die Gasspeicher zum 1. Oktober mit 80 Prozent und zum 1. November zu 90 Prozent befüllt sind, um für mögliche Engpässe gerüstet zu sein.
Außerdem plant Habeck ein Gasauktionsmodell zu entwickeln: Industriekunden, die auf Gas verzichten, indem sie es einsparen, sollen Prämien dafür bekommen. Das eingesparte Gas soll dann die Speicher füllen. "Alles, was wir weniger verbrauchen, hilft", so Habeck. Die Industrie sei ein Schlüsselfaktor.
Der russische Staatskonzern Gazprom hatte seine Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream zuletzt stark gedrosselt. Offizieller Grund für die Drosselung sind Wartungsarbeiten an Verdichter-Turbinen. Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, dass die Verknappung politisch motiviert sei.