Wirtschaft

Keine Sanktionen: Schweiz importiert wieder russisches Gold

Zum ersten Mal seit Beginn des Ukrainekriegs hat die Schweiz wieder kräftig Gold aus Russland importiert. Der Goldmarkt ist offenbar wichtiger als alle Sanktionen.
Autor
23.06.2022 11:21
Aktualisiert: 23.06.2022 11:21
Lesezeit: 2 min
Keine Sanktionen: Schweiz importiert wieder russisches Gold
Die Schweiz meldet wieder kräftige Goldimporte aus Russland. (Foto: dpa) Foto: Sven Hoppe

Die Schweiz ist das weltweit größte Raffinations- und Transitzentrum für Gold, und Russland ist einer der größten Goldproduzenten. Zwar richten sich die vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen nicht direkt gegen kommerzielle Goldlieferungen. Doch viele Banken, Spediteure und Raffinerien stellten nach Beginn des Konflikts in der Ukraine den Handel mit russischem Gold ein.

Nach Angaben der Eidgenössischen Zollverwaltung wurden im Mai 3,1 Tonnen Gold aus Russland im Wert von rund 200 Millionen Dollar in die Schweiz verschifft. Das ist die erste Lieferung zwischen den beiden Ländern seit Februar. Die Lieferungen entsprechen mehr als 2 Prozent der Goldeinfuhren in die Schweiz im vergangenen Monat.

In den zwölf Monaten bis Februar hatte die Schweiz durchschnittlich etwa 2 Tonnen Gold pro Monat aus Russland importiert, bevor die Importe im März und April dieses Jahre vollkommen zum Erliegen kamen. Die erneuten Goldimporte aus Russland im Mai im Umfang von mehr als 3 Tonnen erscheinen daher wie eine Rückkehr zur Normalität.

Die Wiederaufnahme der Goldimporte aus Russland markiert möglicherweise einen Wandel im Umgang mit russischem Gold, das nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine zum Tabu wurde. Die meisten Raffinerien nahmen kein Gold aus Russland mehr an, nachdem die London Bullion Market Association die russischen Unternehmen von der Liste der zugelassenen Produzenten von Goldbarren gestrichen hatte.

Dieser Schritt der LBMA war de facto ein Verbot für neues russisches Gold auf dem Londoner Markt, einem der größten der Welt. Allerdings verbieten die Regeln der LBMA eben nicht, dass russisches Gold von Raffinerien außerhalb von Russland verarbeitet wird, wie Bloomberg berichtet. Die Schweiz hat vier große Goldraffinerien, die zusammen zwei Drittel des weltweiten Goldes verarbeiten. Dies sind:

  • MKS PAMP,
  • Metalor Technologies,
  • Argor-Heraeus und
  • Valcambi

Fast das gesamte Gold, das Russland im Mai an die Schweiz geliefert hat, wurde vom Zoll als zur Raffination oder sonstigen Verarbeitung bestimmt registriert. Das bedeutet, dass das russische Gold von einer den Raffinerien des Landes übernommen wurde. Doch die vier größten Schweizer Raffinerien gaben an, dass sie das Gold nicht angenommen haben.

Im März weigerten sich mindestens zwei große Goldraffinerien, russische Barren umzuschmelzen, obwohl die Marktregeln dies eigentlich erlauben. Argor-Heraeus und andere Goldraffinerien erklärten, sie würden nur solche Produkte aus Russland annehmen, die vor 2022 raffiniert wurden. Dokumente müssten belegen, dass das Gold nicht erst nach Kriegsbeginn aus Russland exportiert wurde und dass die Annahme des Goldes weder Russland noch einer russischen Person oder Einrichtung irgendwo auf der Welt zugute kommt.

Einige Käufer sind nach wie vor misstrauisch gegenüber russischen Edelmetallen, selbst gegenüber solchen Barren, die schon vor dem Krieg geprägt wurden und daher weiterhin auf westlichen Märkten gehandelt werden dürfen. Bei Palladium hat dies zu einer anhaltenden Diskrepanz zwischen den Spotpreisen in London und den Terminkursen in New York geführt, da bei letzteren das Risiko größer ist, Barren aus Russland zu erhalten.

Auf der Exportseite gingen die Schweizer Goldlieferungen nach China im Mai zurück, während die Ausfuhren nach Indien auf den höchsten Stand seit sechs Monaten stiegen. China und Indien sind die beiden größten Goldnachfragemärkte. Zudem importiert die Schweiz seit April kleine Mengen Palladium aus Russland, dem weltweit größten Förderer des Metalls.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...