Unternehmen

Streit in der Lufthansa kocht mit Flugchaos hoch

Die Lage sei äußerst schwierig und extrem angespannt wie noch nie, so der Aufsichtsratschef. Für die Mitarbeiter am Boden und in der Luft sei die Situation grauenvoll. Die Mitarbeitervertretungen zeichnen derweil ein verheerendes Bild der Lage bei der Airline.
07.07.2022 08:39
Aktualisiert: 07.07.2022 08:39
Lesezeit: 2 min
Streit in der Lufthansa kocht mit Flugchaos hoch
Ein gewohnter Anblick an den Flughäfen: Den Ärger bekommt das Flugpersonal ab. (Foto: dpa) Foto: Matthias Balk

Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley hat angesichts interner Konflikte bei der Airline durch chaotische Zustände im Sommerreiseboom den Zusammenhalt beschworen. „Entweder wir verlieren gemeinsam oder wir gewinnen zusammen“, erklärte Kley in einem im Intranet der Lufthansa veröffentlichten Interview, das Reuters am Mittwoch vorlag. Die Lage sei äußerst schwierig und extrem angespannt wie noch nie. „Und das macht auch die Entwirrung der Fäden so schwierig.“ Doch wenn es nicht gelinge, zusammen mit Flughäfen und Dienstleistern den Betrieb zu stabilisieren und die unter Ausfällen und Verspätungen leidenden Kunden zufriedenzustellen, „können wir uns Gedöns sparen.“ Den öffentlich gewordenen Brandbrief der Lufthansa-Personalvertretungen, die über drei Seiten dem Vorstand schwere Vorwürfe wegen des Sparkurses in der Corona-Krise machen, erwähnte Kley nicht.

Die Interessenvertreter des Personals in Cockpit, Kabine und am Boden forderte in dem Schreiben an den Aufsichtsrat, das Reuters vorlag, ein Ende des Sparkurses und des aus ihrer Sicht herrschenden Missmanagements. Der Aufsichtsrat müsse auf eine konstruktive Personalführung hinwirken, bei der Wertschätzung „nicht in Floskeln endet, sondern auch so gemeint und gelebt wird.“ Die Geschäftsführung müsse Rahmenbedingungen schaffen, damit alle Mitarbeiter wieder zu maximaler Leistung bereit wären. Die Personalvertreter sehen danach auch den Vorstand als Mitverursacher für das imageschädigende Flugchaos wegen zu harten Personalabbaus. Die Lufthansa wollte zu dem Brief keine Stellung nehmen.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr verweist als Ursachen dagegen in erster Linie auf Probleme der Flughäfen und Bodendienste. Er entschuldigte sich kürzlich aber dafür, dass die Lufthansa selbst an der ein oder anderen Stelle zu viel gespart habe. Die Mitarbeitervertretungen zeichnen derweil ein verheerendes Bild der Lage bei der Airline. Fast überall sei nach dem Stellenabbau, zu dem sich die Lufthansa wegen des Geschäftseinbruchs in der Corona-Krise gezwungen sah, zu wenig Personal an Bord für die starke Geschäftserholung in diesem Sommer. Der Ärger über das Management ist dem Schreiben zufolge groß: Seit Jahren sei das Verhältnis des Konzernvorstandes zu seinen Beschäftigten belastet und nach Kündigungsdrohungen nachhaltig beschädigt.

Betriebsräte prangern Sparwahn an

In dem Brief lehnen sich die Repräsentanten der Beschäftigten gegen den Sparkurs auf, den das Management mit Blick auf ein Renditeziel von mindestens acht Prozent bis 2024 verfolgt. Dafür sollen 1,8 Milliarden Euro Personalkosten eingespart werden, wovon ein Großteil schon umgesetzt ist. Personalvertreter und Gewerkschaften sollten „zur Kapitulation gezwungen werden“, um die Kosten zu drücken, warfen die Personalvertreter dem Management vor. „Gerade das angeblich viel zu teure Personal hat in der Vergangenheit alle durch den Sparwahn hervorgerufenen Missstände ausgebügelt und vor dem Kunden kaschiert“, hieß es in dem Brief weiter. Dazu sei es bei der jetzigen Überlastung nicht mehr in der Lage. „Ein Dienstleistungsunternehmen, welches in dieser Art und Weise gegen das eigene Personal geführt wird, hat keine Zukunft.“

„Für unsere Mitarbeiter am Boden und in der Luft ist die Situation grauenvoll“, erklärte Kley weiter. Ihm seien unerträgliche Berichte der Beschäftigten von Aggressionen und teilweise sogar körperlichen Attacken von Fluggästen, 2von Verzweiflung und Tränen, von Hilflosigkeit bei gleichzeitiger Loyalität zu unserer Lufthansa“ bekannt. Bei der Personalplanung seien Fehler gemacht worden, räumte auch der oberste Unternehmenskontrolleur ein. Der Aufsichtsrat sei davon überzeugt, die jetzt eingeleiteten Maßnahmen wie Flugstreichungen und zusätzliches Personal wären erfolgreich. Unterschiede in der Sichtweise im Unternehmen hätten über Jahrzehnte ihren Nährboden gefunden. „Sollen wir aber unsere Kraft jetzt da rein setzen, das alles hier und heute aufzuarbeiten? Aus meiner Sicht nein. Jetzt müssen wir erst einmal den Schlamassel in den Griff kriegen.“

 

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie im Fokus: Googles TPU-Pläne verschärfen den KI-Wettbewerb
28.11.2025

Der Wettbewerb um die leistungsfähigsten KI-Chips gewinnt rasant an Dynamik, da große Technologiekonzerne ihre Strategien neu ausrichten...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up Etalytics: KI als digitaler Dirigent für die Industrieenergie
28.11.2025

In Deutschlands Fabriken verpuffen gewaltige Mengen Energie. Mit einer eigenen KI, die das System kontrolliert, gelingen Etalytics...

DWN
Finanzen
Finanzen Bullenmarkt im Blick: Steht der globale Aufwärtstrend vor einer Wende?
28.11.2025

Die globalen Aktienmärkte erleben nach Jahren starken Wachstums wieder mehr Unsicherheit und kritischere Kursbewegungen. Doch woran lässt...

DWN
Politik
Politik Milliarden-Etat für 2026: Bundestag stemmt Rekordhaushalt
28.11.2025

Der Bundestag hat den Haushalt für 2026 verabschiedet – mit Schulden auf einem Niveau, das zuletzt nur während der Corona-Pandemie...

DWN
Politik
Politik Zu wenige Fachkräfte, zu viele Arbeitslose: Deutschlands paradoxer Arbeitsmarkt
28.11.2025

Deutschland steuert auf fast drei Millionen Arbeitslose zu, doch das eigentliche Problem liegt laut Bundesagentur-Chefin Andrea Nahles...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bleibt im November bei 2,3 Prozent stabil
28.11.2025

Auch im November hat sich die Teuerungsrate in Deutschland kaum bewegt: Die Verbraucherpreise lagen wie schon im Vormonat um 2,3 Prozent...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Koalition erzielt Kompromisse bei Rente, Autos und Wohnungsbau
28.11.2025

Nach langen Verhandlungen haben CDU, CSU und SPD in zentralen Streitfragen Einigungen erzielt. Die Koalitionsspitzen verständigten sich...

DWN
Politik
Politik Zeitnot, Lücken, Belastung: Schulleitungen schlagen Alarm
28.11.2025

Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleiter stehen nach wie vor unter hohem Druck: Laut einer Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE sind...