Politik

Gas-Lieferungen: Ukraine kritisiert geplante Turbinen-Lieferung scharf

Die Gaspipeline Nord Stream 1 bleibt ein geopolitischer Streitpunkt. Ukraine kritisiert den Westen scharf dafür, die Sanktionen aufzuweichen. Russland hingegen will wieder mehr Gas liefern, wenn die Turbine kommt.
12.07.2022 10:56
Aktualisiert: 12.07.2022 10:56
Lesezeit: 2 min

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor Zugeständnissen an Russland aufgrund der Sorge vor Energieengpässen in Europa. Die geplante Lieferung einer gewarteten russischen Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 etwa sende ein völlig falsches Signal an Moskau, sagte er am Montag in einer Videobotschaft. „Wenn ein terroristischer Staat eine solche Ausnahme bei den Sanktionen durchsetzen kann, welche Ausnahmen will er dann morgen oder übermorgen? Diese Frage ist sehr gefährlich.“

Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte die Liefermenge durch Nord Stream 1 mit Vorankündigung deutlich gedrosselt und auf die fehlende Turbine verwiesen, die zur Reparatur nach Kanada gebracht worden war. Eine Regierungssprecherin sagte am Montag in Berlin, die Lieferung der Turbine falle nicht unter die EU-Sanktionen, weil diese sich aus gutem Grund nicht gegen den Gastransit richteten.

Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland wird seit Montag nichts mehr geliefert. Die Wartungsarbeiten sind im Vorfeld angekündigt worden. Bis dahin werde kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland befördert, hieß es. Jedoch besteht allgemein die Sorge, dass Moskau den Hahn danach nicht mehr aufdreht und Gas im Herbst und Winter knapp wird.

Selenskyj: Moskau sieht „Manifestation der Schwäche“

Russland beliefert Deutschland jetzt nur noch über die Transgas-Pipeline durch die Ukraine“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Regierung in Moskau könnte die Liefermengen durch die Ukraine jederzeit erhöhen, um ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Dazu fehlt (Russlands Präsident) Wladimir Putin aber offenbar der politische Wille.“ Wenn die gewartete Turbine bis zum Ende der Nord-Stream-Wartung am 21. Juli wieder eingebaut sei, „hätte Russland kein Argument mehr, die Liefermengen beim Gas weiterhin zu drosseln“.Selenskyj sagte, die Entscheidung über eine „Ausnahme bei den Sanktionen“ werde in Moskau als „Manifestation der Schwäche“ wahrgenommen. „Das ist ihre Logik. Und jetzt besteht kein Zweifel daran, dass Russland versuchen wird, die Gaslieferungen nach Europa nicht nur so weit wie möglich einzuschränken, sondern im akutesten Moment vollständig einzustellen.“ Jedes Zugeständnis werde von Moskau als Anreiz für weiteren, stärkeren Druck wahrgenommen, meinte er. „Russland hat sich im Energiesektor nie an die Regeln gehalten und wird es auch jetzt nicht tun, es sei denn, es sieht Stärke.“

Russland hingegen hat angekündigt, dass es seine Gaslieferungen nach Europa erhöhen will, wenn die besagte für Nord Stream 1 notwendige Turbine zurückgegeben wird. Gazprom liefert nach eigenen Angaben mehr Gas über die Ukraine nach Europa. So betrage die über den Eingangspunkt Sudsha gelieferte Menge am Dienstag 41,3 Millionen Kubikmeter nach 39,4 Millionen am Montag, teilt der russische Staatskonzern mit. Ein Antrag, auch über den Eingangspunkt Sochranowka Gas zu pumpen, sei von der Ukraine abgelehnt worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Nach Telefonat mit Putin: Trump bringt Friedensgespräche im Vatikan ins Spiel
19.05.2025

Donald Trump plant überraschend Gespräche zwischen Russland und der Ukraine im Vatikan. Kommt es jetzt zum Durchbruch im Ukraine-Krieg...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zum Wochenstart erreicht
19.05.2025

Der DAX erreicht ein neues Rekordhoch und überrascht Anleger mit starker Dynamik. Doch was steckt hinter dem Höhenflug am Aktienmarkt –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor dem Kassensturz: Schuldenkollaps rückt näher - was bedeutet das für die globale Wirtschaft?
19.05.2025

Die USA taumeln auf einen finanziellen Abgrund zu: Moody’s entzieht der Supermacht das Top-Rating, Investoren fliehen, und der Kongress...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel trotz Zuwanderung: Warum gibt es aktuell fast 3 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss?
19.05.2025

Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen Berufsabschluss – das zeigt der aktuelle Berufsbildungsbericht. Tendenz...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis steigt nach US-Herabstufung: Wie Anleger jetzt reagieren sollten
19.05.2025

Der Goldpreis zieht nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit spürbar an. Was bedeutet das für Anleger? Droht eine neue...

DWN
Politik
Politik Abschaffung des Acht-Stunden-Arbeitstag: Merz plant, die Deutschen zu mehr Arbeit zu motivieren
19.05.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Was eine Änderung des deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fünf Jahre nach Brexit: Neuer Kurs zwischen EU und London
19.05.2025

Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich EU und Großbritannien wieder an – doch nicht ohne Reibung. Was bedeutet das für Handel,...

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Vom Höhenflug zum Absturz – wie geht es jetzt weiter?
19.05.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie hat in den vergangenen Tagen eine herbe Talfahrt erlebt. Noch vor wenigen Wochen galt das Papier als Gewinner des...