Technologie

Schattenkrieg im Weltraum: Russland baut gigantische Anti-Satelliten-Waffe

Russland soll seit Jahren an einem Lasersystem arbeiten, das als eine besonders leistungsstarke Anti-Satellitenwaffe eingesetzt werden kann.
14.07.2022 12:48
Aktualisiert: 14.07.2022 12:48
Lesezeit: 2 min
Schattenkrieg im Weltraum: Russland baut gigantische Anti-Satelliten-Waffe
Russland arbeitet an einem Lasersystem, das gegnerische Satelliten dauerhaft blenden und optische Sensoren beschädigen kann. (Foto:dpa)

Ein Lasersystem für die elektro-optische Kriegsführung: Russland soll seit Jahren an einer besonders leistungsstarken Anti-Satelliten-Waffe arbeiten. Das berichtet das Online-Fachmagazin The Space Review. Dabei lassen Google-Earth-Aufnahmen vermuten, dass der Bau nach jahrelangen Verzögerungen wieder rascher voranschreitet.

Es gebe deutliche Hinweise darauf, dass ein Weltraumüberwachungskomplex im russischen Nordkaukasus mit einem neuen Lasersystem Namens Kalina ausgestattet werden soll, das auf die optischen Systeme ausländischer Bildsatelliten zielt, die über russisches Gebiet fliegen.

Die neue Satelliten-Waffe, die 2011 im Angriff genommen wurde, wird in der Krona-Raumfahrtsanlage in der Nähe von Selentschukskaja im äußersten Südwesten Russlands gebaut. Dort befindet sich auch das gigantische Radioteleskop RATAN-600.

Aus den bereits 2015 online geteilten Ausschreibungs-Unterlagen geht hervor, dass Kalina ein neues Teleskop erhält, mit dem Laserstrahlen präzise auf Satelliten ausgerichtet werden können, schreibt Space Review weiter.

Die Existenz von Kalina lasse sich aus einer Reihe von Online-Beschaffungs- und Gerichtsdokumenten ableiten, die es wiederum ermöglichten, mehrere technische Veröffentlichungen zu finden, die höchstwahrscheinlich mit dem Projekt in Zusammenhang stünden.

Elektro-optische Kriegsführung

In den so gefundenen Dokumenten wird Kalina als Lasersystem für die elektro-optische Kriegsführung beschrieben, das gegnerische Satelliten dauerhaft blenden kann, indem es so helle Laserpulse aussendet, dass sie optische Sensoren beschädigen können. Das unterscheidet Kalina grundlegend von früheren Lasern, die lediglich darauf abzielten, Satelliten temporär zu blenden.

Noch sei allerdings unklar, wann und ob das Lasersystem in Betrieb gehen soll. Es wird vermutet, dass es bei der Entwicklung zu Verzögerungen kam, weil ein wichtiger Lieferant des Optiksystems im Juli 2021 in Konkurs ging. Weiter könnte die Laserwaffe auch von den verschiedenen Wirtschaftssanktionen betroffen sein, die seit 2014 gegen Russland verhängt wurden, insbesondere im Zusammenhang mit der Einfuhr von Elektronikteilen.

Das Laser-Blend-System Pereswet

Es wird angenommen, dass die stationäre Anti-Satelliten-Waffe Kalina ein mobiles Laser-Blend-System namens Pereswet ergänzen soll, das angeblich seit Ende 2019 in Betrieb ist. Laut russischen Angaben kann Pereswet nebst Drohnen, Flugzeugen und Raketen auch Aufklärungssatelliten bis zu einer Höhe von 1500 Kilometern blenden und außer Gefecht setzen. Allerdings wird das von westlichen Militärexperten bezweifelt.

General David D. Thompson, stellvertretender Leiter der Raumfahrtsabteilung der United States Space Force, sagte im vergangenen Jahr gegenüber der Washington Post, dass man an einem Punkt angekommen sei, an dem es eine ganze Reihe von Möglichkeiten gebe, wie Raumfahrtsysteme bedroht werden können.

Unklar ist, ob Kalina zum Beispiel auch für Elon Musks Starlink-Satellitennetzwerk zur Bedrohung werden könnte. Musk selbst schrieb im Mai 2022, dass Russland seine Bemühungen verstärkt habe, um die Signale der Starlink-Internetsatelliten von SpaceX zu stören und zu unterbrechen.

SpaceX hatte zuvor mit Hilfe der US-Regierung zahlreiche Starlink-Terminals in die Ukraine geschickt, um die Kommunikationsnetzte wiederherzustellen und Internet-Notdienste bereitzustellen.

Konventionelle Anti-Satelliten-Raketen

Angemerkt sei, dass Russland sowie die USA seit Jahrzehnten über konventionelle Anti-Satelliten-Raketen verfügen. Sie zerstören Satelliten allein durch ihre kinetische Energie, ohne unbedingt einen Sprengkopf zu benötigen.

Eine russische Nudol-Testrakete zerstörte zuletzt im November 2021 einen ausgedienten sowjetischen Satelliten und erzeugte dabei eine riesige Wolke von Weltraummüll, die noch über Jahre eine Bedrohung für Satelliten in niedriger Umlaufbahn darstellen kann. Die USA warfen Russland zudem vor, die Sicherheit von Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS durch den Test der Anti-Satelliten-Rakete gefährdet zu haben.

Das ist wohl mit ein Grund, warum Russland und andere Länder an Laserwaffen arbeiten, die sie gegen Satelliten einsetzen können. Solche „soft kill“-Methoden erzeugen, anders als beim Abschuss, keine Risiken durch Trümmerteile für die eigenen Satelliten. Zudem haben sie nicht nur eine große Reichweite, sondern sind auch schnell, präzise und zum Abschießen eines Strahls wird außer Energie auch keine andere Munition benötigt. Daher dürften alle wichtigen Militärmächte an Laserwaffenprojekten beteiligt sein.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prognose: Startet die deutsche Wirtschaft 2026 endlich durch?
25.12.2025

Drei Jahre Flaute, kaum Wachstum – doch 2026 könnte die deutsche Wirtschaft endlich drehen. Prognosen deuten auf leichte Erholung,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Zahlungen per Smartphone steigen sprunghaft an
25.12.2025

Immer mehr Menschen zücken zum Bezahlen das Smartphone. Hinter den allermeisten Transaktionen stecken heute noch Debitkarten. Das könnte...

DWN
Finanzen
Finanzen Bankenpleite: Was passiert mit meinem Geld?
25.12.2025

Es ist eine tiefe Angst vieler Menschen – die eigene Bank, der man sein Erspartes anvertraut hat, geht bankrott. Erfahren Sie hier, wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Stablecoins vs. Digitaler Euro: Wie digitales Geld den globalen Zahlungsverkehr verändert
25.12.2025

Digitale Zahlungsmittel gewinnen zunehmend an Bedeutung und verändern, wie Geld transferiert und gespeichert wird. Stablecoins dringen in...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Debt im Fokus: Steigt das Risiko einer Finanzkrise an den US-Börsen?
25.12.2025

Die jüngsten Insolvenzen in der Autoindustrie haben an den internationalen Finanzmärkten eine neue Debatte über versteckte Risiken im...

DWN
Panorama
Panorama Initiative Jobsuche: Weshalb die Weihnachtszeit perfekt ist
25.12.2025

Während viele glauben, der Arbeitsmarkt schlummere zum Jahresende, öffnen sich gerade jetzt heimlich Türen. Eine erfahrene Coachin...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Tech-Aktien: Tech-Konzerne überflügeln Börsen und gewinnen neue Dominanz
25.12.2025

Die rasant steigenden Bewertungen der US-Techkonzerne verschieben die Kräfteverhältnisse an den globalen Finanzmärkten. Doch wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...