Politik

Regierungskrise in Italien: Draghi will zurücktreten, darf aber nicht

Lesezeit: 1 min
14.07.2022 19:20  Aktualisiert: 14.07.2022 19:20
Seit Tagen brodelte es in Mario Draghis Regierungsmehrheit. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung machte Druck auf den parteilosen Ministerpräsidenten. Jetzt zog der Ex-EZB-Chef Konsequenzen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Italien  

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi will als Konsequenz aus fehlendem Rückhalt bei einer Regierungspartei zurücktreten. Das erklärte der 74-Jährige am Donnerstagabend bei einem Treffen des Ministerrates in Rom. „Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich heute Abend meinen Rücktritt beim Präsidenten der Republik einreichen werde“, sagte er laut einer Mitteilung seines Amtssitzes. Die heutige Abstimmung im Parlament sei aus politischer Sicht sehr deutlich gewesen. „Die Mehrheit der nationalen Einheit, die diese Regierung bei ihrer Entstehung unterstützt hat, ist nicht mehr vorhanden“, sagte Draghi demnach weiter.

Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat einen Rücktritt von Draghi jedoch vorerst abgelehnt. Mattarella forderte Draghi auf, dem Parlament Bericht zu erstatten und die Lage zu bewerten, hieß es in einer Mitteilung seines Amtssitzes am Donnerstag.

Vorausgegangen war ein seit Tagen dauernder Streit mit der Fünf-Sterne-Bewegung um eine Abstimmung über ein milliardenschweres Hilfsdekret im Senat, mit dem auch eine Vertrauensabstimmung verbunden war. Die Sterne-Senatoren stimmten nicht mit ab und sprachen damit in der kleineren der beiden Parlamentskammern der Regierung ihr Vertrauen nicht aus. Der Vertrauenspakt sei gescheitert, erklärte Draghi weiter.

Staatschef Sergio Mattarella kommt nun eine wichtige Rolle zu. Er kann darüber entscheiden, ob er den Rücktritt Draghis annimmt oder nicht. Sollte er diesen nicht akzeptieren, könnte er Draghi beauftragen, eine neue Regierungsmehrheit zu finden. Nimmt er ihn an, könnte er einen anderen Politiker für Verhandlungen suchen. Eine dritte Möglichkeit wäre die Auflösung des Parlaments und damit vorgezogene Wahlen.

Italien rutscht damit mitten in einer Dürre- und Energie-Notlage, dem Krieg in der Ukraine und wichtigen anstehenden Entscheidung für EU-Gelder in eine tiefe politische Krise. Draghi betonte zuletzt, dass es in seinen Augen ohne die Fünf-Sterne-Bewegung keine Regierung gebe. Selbst wenn die Anti-Establishment-Partei nicht mehr Teil der Regierung gewesen wäre, hätte das Vielparteienbündnis immer noch genügend Sitze im Parlament hinter sich gehabt für eine absolute Mehrheit.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Überraschender Kulturwandel: Liebe zum Bargeld schwindet immer mehr
23.12.2024

Es gleicht einem Erdbeben. Aber auch die Deutschen scheinen die Vorzüge von Plastikkarten beim Zahlen und einlaufen zu schätzen. das...

DWN
Finanzen
Finanzen Antizyklisches Investieren: Lässt sich damit der Markt schlagen?
23.12.2024

Wer antizyklisch investiert, macht das Gegenteil dessen, was die meisten Anleger tun. Ist dabei eine höhere Rendite zu erwarten als bei...

DWN
Politik
Politik Und noch ein europäischer Alleingang: Fico zu Gesprächen mit Putin im Kreml
23.12.2024

Der slowakische Regierungschef Fico zeigt mit einem Überraschungsbesuch im Kreml, dass die EU-Front gegen Russlands Präsidenten Putin...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...