Viele italienische Energieunternehmen haben eine erste, bis Ende Juni fällige Zahlung einer Übergewinnsteuer offenbar verweigert. Der Regierung fehlen damit Einnahmen von mehr als neun Milliarden Euro, wie aus einem Dokument des Finanzministeriums in Rom hervorgeht.
Zwischen zehn und elf Milliarden Euro sollten durch eine 25-prozentige Übergewinnsteuer auf Energiekonzerne eingenommen werden, die vom drastischen Anstieg der Öl- und Gaspreise profitiert haben. Ministerpräsident Mario Draghi will damit einen Teil des im Januar geschnürten Hilfspakets von 33 Milliarden Euro finanzieren, um Unternehmen und Haushalte zu entlasten, denen hohe Strom-, Gas- und Spritkosten zusetzen.
Im Rahmen der Regelung hätten die Erzeuger und Verkäufer von Strom, Erdgas und Erdölprodukten bis Ende Juni eine Anzahlung von 40 Prozent leisten müssen. Der Rest wäre dann bis November fällig. In dem Dokument des Finanzministeriums wird eine Aktualisierung der Steuerprognosen für das Halbjahresbudget vorgenommen. Demnach sind die Einnahmen um mehr als neun Milliarden Euro niedriger ausfallen als erwartet.
Der staatlich kontrollierte Energiekonzern Eni gab vergangene Woche bekannt, er habe bereits die erste Rate der Sondersteuer gezahlt. Italiens größter Energieversorger Enel erklärte, er habe insgesamt 2,6 Milliarden Euro für die Zahlung der von den italienischen, spanischen und rumänischen Regierungen auferlegten Sondersteuern verbucht. Mehrere Energieunternehmen beschwerten sich über die Übergewinnsteuer. Sie betonten, dass die schwankenden Energiepreise auch ihnen Probleme bereiteten.
Unternehmen, die die Zahlungsfrist Ende Juni verpasst haben, können die Abgabe in den kommenden Wochen oder Monaten nachzahlen. Allerdings werden dann Strafgebühren und Zinsen fällig, heißt es in dem Papier des Ministeriums.
Auch in Deutschland wird über eine Über- oder Krisengewinnsteuer diskutiert. Ifo-Präsident Clemens Fuest hält diese für keine gute Idee. "Wer in der Krise hohe Gewinne macht, zahlt schon heute entsprechend hohe Steuern. Darüber hinaus eine Zusatzsteuer einzuführen halte ich nicht für sinnvoll", sagte Fuest der Rheinische Post. Der Ökonom führt die Krisengewinne teilweise auch auf vorausschauendes Wirtschaften zurück.
"Manche Unternehmen machen jetzt hohe Gewinne, weil sie in Zeiten, als andere nichts davon hielten, vorgesorgt und beispielsweise in die Erschließung von Öl- und Gasquellen investiert haben. Dass sie das getan haben, hilft uns heute – ohne diese Investitionen wären die Preise noch höher."