Deutschland

Brennholz und Braunkohle: Ein Fass ohne Boden

Lesezeit: 3 min
03.08.2022 14:00
Brennholz und Braunkohle erleben eine Renaissance. Aber sind sie wirklich eine Alternative in der Energiekrise?
Brennholz und Braunkohle: Ein Fass ohne Boden
Da RWE seine Produktion von den Braunkohle-Briketts der Marke Union auslaufen lässt, verbleibt das Kraftwerk Schwarze Pumpe als der letzte europäische Briketthersteller. Foto: dpa)
Foto: Patrick Pleul

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Die zeitlich begrenzte Renaissance zweier fossiler Brennstoffe: Seit die Gaspreise im vergangenen Oktober angestiegen sind, hat sich der Markt dieser zwei Brennstoffe schlagartig gewandelt. Danach reagierten die Märkte sehr schnell auf die Preisentwicklung der Gaspreise und zogen selbst immer wieder an. Allerdings: Derzeit ist der Markt leergefegt, und weder verheiztes Holz noch verheizte Kohle ist eine wirkliche Alternative in der Energiekrise.

Brennholzpreise mehr als verdoppelt

„Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist ein Raummeter Brennholz von 100 auf 200 Euro angestiegen“, sagt Udo Schmallenberg, Inhaber der Agentur Brennholz Deutschland in Geisenheim, die bundesweit zwischen fünfzig und sechzig Holzhändler vertritt, gegenüber den DWN. Ein Raummeter entspricht einem Kubikmeter gestapeltem Holz, oder eben einem Würfel mit der Seitenlänge eines Meters.

Und: Vor drei Jahren lag der Preis für eine vom Endverbrauer durchschnittlich abgefragte Menge von vier Schüttraummetern bei 280 Euro. Heute müssen dafür 560 Euro berappelt werden.

Man möchte meinen, dass das florierende Geschäft mit dem Brennholz den Händlern in die Karten spielt. Aber weit gefehlt. „Der Brennholzmarkt ist ein Nachfragemarkt“, sagt Schmallenberg, „dass heißt, dass der Rohstoff Brennholz, ein bei der Aufforstung des Waldes aussortiertes Holz, nur eingeschränkt verfügbar ist.“ Und derzeit ist den Holzhändlern, den Baumärkten und den Supermärkten einfach das Holz ausgegangen. Im Klartext: Nicht nur Kunden leiden unter dieser Situation, sondern auch die Händler.

Ein durchschnittlicher Brennholzhändler schlägt jährlich etwa 1.000 bis 1.500 Festmeter ein. Dabei hat sich der Einkaufspreis für ihn im Vergleich zum vergangenen Jahr vielerorts mehr als verdoppelt.

Buchenholz als Brennholz

Normalerweise wird das Buchenholz als Brennholz verwendet. Es ist ein Hartholz und brennt im Vergleich zum Weichholz wie es die Fichte ist, aufgrund der Holzdichte länger und besser. Allerdings: „Derzeit wird verstärkt auf Fichtenholz zurückgegriffen, da es genügend von Borkenkäfern befallenes Fichtenholz gibt, das sich noch für Brennholz eignet.

Ansonsten ist der Holzmarkt ein einziger großer Markt, das Brennholz als minderwertige Ware am Ende der Wertschöpfungskette, wenn es darum geht, das Produkt Holz zu vermarkten. Denn kein hochwertiges Buchenholz wird als Brennholz verwendet und auch aus der Sicht des Waldbauers ist es das unwirtschaftlichste Gut.

Zudem sind seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges die Holzlieferungen aus der Ukraine, Weißrussland und Polen ausgeblieben. Nicht zuletzt, weil sich die Lieferungen durch die hohen Treibstoffpreise nicht mehr rentierten.

„Jetzt“, so Schmallenberg, „kaufen viele Holzhändler Stammholz aus den deutschen Wäldern zusammen und treten dabei in Konkurrenz zu den Herstellern von Holzschnitzel, Spanplatten und Möbel.“ Deshalb könne es ruhig sein, dass der eine oder andere Händler noch etwas hat, aber grundsätzlich sei der Markt wie leergefegt.

Als Brennholz wird überwiegend Buche verwendet, andere Sorten sind noch Fichte, Eiche, Esche und Obstbäume.

Kriminelle Händler im Internet

Die Energiekrise zunutze machen sich derzeit auch kriminelle Händler im Internet. Sie bieten in sogenannten fake-shops gegen Vorauskasse Brennholz an, liefern nicht, und nutzen so die Not der Besteller aus.

Grundsätzlich geht Schmallenberg nicht davon aus, dass sich der Brennholzmarkt wieder auf ein gewohntes Niveau einpendeln wird. Er rechnet aber auch nicht damit, dass der Markt jeden Preis akzeptieren wird. Denn bereits jetzt sei das Verheizen von Holz teurer als Gas. Zudem gibt es eine entsprechende gesetzliche Regelung der Feinstaubvermeidung, die eine Brennholzverbrennung in Zukunft dauerhaft einschränkt.

Das Kraftwerk Schwarze Pumpe

Ein ähnliches Bild ergibt sich auf dem Braunkohlemarkt. Das Kraftwerk Schwarze Pumpe der Lausitz Energie Kraftwerke AG bei Spremberg hat seine Anlagen in den vergangenen Monaten derart abgenutzt, dass sie im Juli zwei Wochen stillstanden, um gewartet zu werden. „Die Kohlebriketts sind sehr gefragt,“ sagt Thoralf Schirmer, Pressesprecher des Kraftwerks, gegenüber den DWN, und: „derzeit herrscht mehr Bedarf als wir den Baumärkten, Brennstoffhändlern und der Industrie liefern können. Dabei „kam eine Wahnsinnswelle bereits im Oktober vergangenen Jahres auf uns zu,“ so Schirmer. Die Braunkohle-Briketts werden vor allem im Raum Berlin und in den neuen Bundesländern verheizt. Dort gibt es noch teilweise die entsprechenden Kohleöfen.

Besonders schwierig ist es für Endverbraucher zu Kohle zu kommen, wobei ein Einfamilienhaus durchschnittlich ein bis zwei Tonnen Braunkohle braucht, um sicher über den Winter zu kommen. Dafür muss man derzeit tief in die Tasche greifen.

Hohe Preise

So bietet der Brennholzhändler Paligo Abholmarkt in Bischofswerda eine Palette „Rekord“-Braunkohlebriketts, das entspricht einer Tonne, für stolze 1.689 Euro an. Bei zwei Tonnen wäre das ein jährlicher Kohleverbrauch im Gegenwert von 3.378 Euro. Allerdings bietet das Kraftwerk Schwarze Pumpe in seinem Online-Shop brikett-rekord.de – falls vorrätig – eine Palette „Rekord“ Braunkohlebriketts noch um 549 Euro an.

Aufgrund der gestiegenen Preise kann - sofern es die Produktion zulässt - das Kraftwerk Schwarze Pumpe mit seinen „Rekord“-Briketts in der nächsten Zeit besonders viel „Kohle“ abschöpfen. Denn Mitkonkurrent RWE aus dem rheinischen Braunkohlerevier stellt im Zuge des Kohleausstieges die „Union“-Brikettproduktion ein. Damit verbleibt das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe mit seinen „Rekord“-Briketts der letzte Mohikaner unter Europas Braunkohle-Brikettherstellern.


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