Technologie

China: Technologischer Durchbruch trotz US-Sanktionen

Einem chinesischen Konzern ist ein technologischer Durchbruch in einem strategisch wichtigen Sektor gelungen – trotz Sanktionen.
08.08.2022 12:56
Aktualisiert: 08.08.2022 12:56
Lesezeit: 3 min
China: Technologischer Durchbruch trotz US-Sanktionen
Ein chinesischer Konzern konnte trotz US-Sanktionen einen technologischen Durchbruch feiern. (Foto: iStock.com/Zerbor) Foto: Zerbor

Dem größten chinesischen Hersteller von Halbleiter-Produkten, Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC), ist offenbar ein technologischer Durchbruch gelungen. Wie verschiedene Medien berichten, stellt SMIC inzwischen Halbleiter-Chips mit einer 7-Nanometer-Technologie her. Bislang gelang es der Firma nicht, den Abstand der Transistoren auf den Chips unter die Marke von 14 Nanometern zu drücken.

Einem Bericht des Branchenjournals TechInsights zufolge sollen die besagten SMIC-Chips auf einem Produkt des chinesischen Herstellers MinerVa Semiconductor Corporation zum Einsatz kommen, das zur Generierung von Kryptowährungen wie Bitcoin benutzt wird.

Durchbruch trotz Sanktionen

Der von SMIC erzielte technologische Fortschritt ist bemerkenswert – insbesondere, weil er von Seiten der US-Regierung aktiv behindert wird. Bloomberg berichtet unter Verweis auf den Bericht von TechInsights: „Semiconductor Manufacturing International Corporation hat seine Produktionstechnologie wahrscheinlich um zwei Generationen vorangebracht und widersteht damit US-Sanktionen, die darauf abzielen, den Aufstieg von Chinas größtem Chip-Produzenten zu stoppen. (…) Seit Ende 2020 verbietet die US-Regierung den nicht genehmigten Verkauf von Ausrüstung an das Unternehmen, welche dazu genutzt werden kann, Halbleiter von 10 Nanometern oder weniger zu bauen, was Peking damals erzürnt hatte.“

SMIC leidet eigenen Angaben zufolge spürbar unter den Sanktionen. Beispielsweise kann das Unternehmen keine fortschrittlichen Produkte aus dem Bereich der EUV-Lithographie mehr beziehen, welche zur Herstellung der modernsten Halbleiterprodukte im 5-Nanometer- und 3-Nanometer-Bereich benötigt werden. Die US-Regierung hat Bloomberg zufolge Druck auf die niederländische Regierung ausgeübt, dass der niederländische Konzern ASML keine entsprechenden Vorprodukte mehr an SMCI verkaufe. Offenbar hat Washington darüber hinaus auch direkt Druck auf ASML ausgeübt, auch keine weniger hochwertigen Produkte mehr an chinesische Hersteller zu verkaufen.

Die nun von SMIC erreichte 7-Nanometer-Technologie liegt etwa vier Jahre Entwicklungszeit hinter den gegenwärtig leistungsfähigsten Chips der Welt, welche von Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) und der südkoreanischen Samsung Electronics Company produziert werden.

SMIC gab im laufenden Jahr bekannt, dass man seit dem Jahr 2020 mit industriellen Kunden an einer Unterbietung der 14-Nanometer-Technologie arbeite. Einer dieser Kunden könnte MinerVa Semiconductor Corporation sein, die eigenen Angaben zufolge seit Sommer 2021 einen eigenen 7-Nanometer-Chip herstellt.

Die Bloomberg-Journalistinnen weisen in ihrem Bericht darauf hin, dass Bezeichnungen wie „7-Nanometer“ oder „14-Nanometer“ zuletzt in die Kritik geraten sind: Offenbar werfen sich verschiedene Unternehmen gegenseitig vor, mit solchen Standards in ihren Produktbeschreibungen und in der Werbung zu leichtfertig umzugehen, um eine hohe Leistungsfähigkeit vorzutäuschen und dadurch potenzielle Kunden anzuziehen.

Auch zeige das Erreichen einer neuen Generation zwar an, dass ein Unternehmen innovativ und fortschrittsfähig sei. Ob es die Chips aber dann in einer Massenproduktion auf den Markt bringen kann, hänge von weiteren Faktoren und Umständen ab.

Washington erwägt weitere Maßnahmen

Die US-Regierung erwägt offenkundig weitere Maßnahmen, um SMIC zu behindern. Wie CNBC Anfang Juli berichtete, würden Sanktionen erwogen, um den Verkauf hochwertiger Ausrüstung an SMIC weiter einzuschränken. Das Handelsministerium soll demnach auch über Exportverbote an andere chinesische Produzenten nachdenken.

Bemerkenswerterweise sollen die Sanktionen aber gezielt auf die technologisch leistungsfähigsten Bereiche der Chip-Branche Chinas angewendet werden. Andere Fabriken derselben Hersteller, die weniger hochwertige Halbleiter herstellen, sollen weiterhin Vorprodukte aus den USA beziehen können.

Dahinter steht das Kalkül, dass man die weltweite Produktion von Halbleitern für Gegenstände des Alltags wie Autos oder Computer nicht behindern will, weil ohnehin schon eine Chip-Knappheit in diesen Branchen herrscht. China soll vielmehr davon abgehalten werden, in jene technologischen Spitzenbereiche vorzustoßen, die heute von amerikanischen, koreanischen und taiwanesischen Herstellern dominiert werden.

Die chinesische Regierung kritisiert die Sanktionspolitik. CNBC zitiert einen Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington: „Indem sie wiederholt versuchen, die Wirtschaft und den Handel zu politisieren, aufzurüsten und zu ideologisieren und indem sie technologische Blockaden aufbauen und sich von anderen Ländern abkoppeln, erinnern die USA andere Länder an die Risiken, die mit einer technologischen Abhängigkeit von den USA selbst verbunden sind und drängen sie dazu, in der Wissenschaft und der Technologie schnell unabhängig und autonom zu werden.“

Als Reaktion auf die seit 2018 erlassenen Sanktionen hatten chinesische Unternehmen – etwa der schwer sanktionierte Huawei-Konzern – ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt, um sich langfristig unabhängiger von den USA aufzustellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...