Wirtschaft

Ohne den Dollar: Indien bezahlt massive Kohle-Importe in anderen Währungen

Indiens Unternehmen importieren massiv Kohle aus Russland, und die Zolldaten zeigen, dass sie diesen wichtigen Rohstoff heute kaum noch in Dollar bezahlen.
Autor
10.08.2022 16:09
Aktualisiert: 10.08.2022 16:09
Lesezeit: 2 min
Ohne den Dollar: Indien bezahlt massive Kohle-Importe in anderen Währungen
Indien importiert massiv Kohle aus Russland. Der Dollar spielt dabei eine immer geringere Rolle. (Foto: iStock.com/Oleksii Liskonih) Foto: Oleksii Liskonih

Die indischen Unternehmen verwenden immer seltener den US-Dollar, um für russische Kohleimporte zu bezahlen. Stattdessen werden immer häufiger andere Währungen genutzt, vor allem asiatische Währungen, wie aus Zolldaten hervorgeht. Die Unternehmen vermeiden den Dollar, um auf diese Weise ihr Risiko zu verringern, dass sie gegen die Anti-Russland-Sanktionen des Westens verstoßen könnten.

Indien hat seine Käufe von russischem Öl und Kohle seit Beginn des Krieges in der Ukraine massiv verstärkt. Dies lindert für Moskau die Auswirkungen der Sanktionen. Zugleich gibt es Neu-Delhi die Möglichkeit, sich billiger mit Rohstoffe zu versorgen. Denn Russland gewährt Indien deutliche Preisnachlässe im Vergleich zu Rohstoff-Lieferungen aus anderen Ländern.

Im Juli wurde Russland für Indien zum drittgrößten Kohle-Lieferanten, wobei die Importe im Vergleich zum Juni um mehr als 20 Prozent auf die Rekordmenge von 2,06 Millionen Tonnen stiegen. Zuvor war Russland bereits im Juni Indiens zweitgrößter Öllieferant geworden. Die Umstellungen im Rohstoffhandel zeigen den im Rekordtempo sich vollziehenden Umbruch in der Weltwirtschaft.

Im Juni zahlten indische Käufer für mindestens 742.000 Tonnen russischer Kohle mit anderen Währungen als dem Dollar, wie aus einer Zusammenfassung der Geschäfte hervorgeht, die von einer in Indien ansässigen Handelsquelle anhand von Zolldokumenten zusammengestellt und Reuters zur Verfügung gestellt wurde. Dies entspricht 44 Prozent der 1,7 Millionen Tonnen russischer Kohle-Importen vom Juni.

Andere Währungen dominieren

Indische Stahl- und Zementhersteller haben die Kohle in den letzten Wochen mit dem Dirham der Vereinigten Arabischen Emirate, dem Hongkong-Dollar, dem Yuan und dem Euro gekauft. Auf den Yuan entfielen im Juni 31 Prozent der Nicht-US-Dollar-Zahlungen für russische Kohle, auf den Hongkong-Dollar 28 Prozent. Auf den Euro entfiel weniger als ein Viertel und auf den emiratischen Dirham etwa ein Sechstel.

Die indische Zentralbank (RBI) hat auch Zahlungen für Rohstoffe in der indischen Rupie genehmigt. Dieser Schritt soll den bilateralen Handel mit Russland in der eigenen Währung ankurbeln. Der Dollar ist jedoch weiterhin die vorherrschende Währung für indische Rohstoffimporte, sagen Händler. Zudem macht die US-Währung noch immer den Großteil der indischen Devisenreserven aus.

Zwei in Indien ansässige Händler, die Kohle für indische Kunden kaufen, und ein in Europa ansässiger Händler, der mit russischer Kohle handelt, sagten gegenüber Reuters, sie erwarteten, dass der Anteil der Nicht-Dollar-Transaktionen für russische Kohle zunehmen werde, da Banken und andere Parteien nach Möglichkeiten suchen, sich gegen eine weitere Verschärfung der Sanktionen abzusichern.

Der Kauf von russischer Kohle in US-Dollar ist für indische Unternehmen nicht illegal. Die Kohle-Importe unter Nutzung anderer Währungen als dem Dollar setzten sich auch im Juli fort. Zwei indische Zolldokumente aus dem vergangenen Monat zeigen, dass indische Unternehmen zugestimmt hatten, für russische Kohle mit Hongkong-Dollar und emiratischen Dirham zu bezahlen.

Laut einem Zolldokument vom 20. Juli importierte das indische Unternehmen JK Lakshmi Cement 10.000 Tonnen russische Kraftwerkskohle. Der Wert der Rechnung belief sich auf 14,62 Millionen emiratische Dirham (3,98 Millionen Dollar). Der indische Kohlehändler Chettinad Logistics importierte 25.000 Tonnen russische Kraftwerkskohle und bezahlte in Hongkong-Dollar, wie ein weiteres Zolldokument vom 20. Juli zeigt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tipico verkauft: Milliarden-Deal stärkt Sportwettenmarkt
28.10.2025

Tipico, einer der größten Sportwettenanbieter Deutschlands, wechselt für Milliarden den Besitzer. Der französische Konzern Banijay...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche sparen weniger: International aber weit vorn
28.10.2025

Knapp 270 Euro im Monat legen Privathaushalte in Deutschland im Schnitt zurück. Damit sinkt die Sparquote gegenüber dem vergangenen Jahr....

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Rüstungsindustrie überholt die USA: Boom bei Verteidigungsausgaben lässt Rüstungsaktien steigen
28.10.2025

Europas Rüstungsindustrie wächst rasant, angetrieben von höheren Verteidigungsausgaben und neuen EU-Investitionsprogrammen. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum statt Ausschüttung: Sind Dividenden überbewertet?
28.10.2025

Viele Anleger jagen Dividenden – Martynas Karčiauskas tut das Gegenteil. Er setzt auf Kapitalrendite, Geduld und globale Allokation. Mit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Amazon streicht rund 14.000 Bürojobs
28.10.2025

Unter dem Druck der Künstlichen Intelligenz kürzt Amazon massiv Stellen in der Verwaltung. Rund 14.000 Arbeitsplätze fallen weg, weitere...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA und China erzielen vorläufiges Handelsabkommen
28.10.2025

Die Vereinigten Staaten und China haben in ihren jüngsten Handelsgesprächen ein vorläufiges Abkommen erreicht. Damit scheint sich die...

DWN
Panorama
Panorama Konsumklima Deutschland: Inflation dämpft Hoffnung auf bessere Einkommen
28.10.2025

Die Deutschen geben weniger aus, weil sie an steigende Einkommen nicht mehr glauben. Inflation und Jobangst bremsen die Kauflust – selbst...

DWN
Technologie
Technologie Facebook, Instagram und Tiktok droht EU-Strafe
28.10.2025

Für Tiktok und den Facebook-Konzern Meta könnte es teuer werden: Die EU-Kommission wirft den Unternehmen vor, gegen EU-Recht zu...