Unternehmen

Siemens meldet ersten Quartalsverlust seit 2010

Siemens hat erstmals seit 2010 in einem Quartal Verlust gemacht. Dennoch sieht sich das Unternehmen derzeit gut aufgestellt.
11.08.2022 13:07
Lesezeit: 2 min

Fast 12 Jahre ist es her, dass Siemens zuletzt rote Zahlen verbuchen musste - jetzt ist es wieder so weit. Der Münchner Konzern machte im dritten Geschäftsquartal 1,5 Milliarden Euro Verlust, wie er am Donnerstag mitteilte. Die Gründe dafür sind eine hohe Abschreibung auf den verbliebenen Anteil an der ehemaligen Energiesparte Siemens Energy und Belastungen im Zusammenhang mit Russland, da sich Siemens wegen des Ukraine-Krieges von dort zurückzieht. «Es war kein einfaches Quartal», sagt Konzernchef Roland Busch.

Die Energy-Abschreibung, die Siemens bereits Ende Juni angekündigt hatte, drückt mit 2,7 Milliarden Euro auf das Ergebnis. Sie war wegen des niedrigen Aktienkurses der 35-prozentigen Minderheitsbeteiligung notwendig geworden. Wie Konzernchef Roland Busch betont, ist sie aber rein buchhalterisch. Der Rückzug aus Russland schlug im dritten Quartal mit rund 600 Millionen Euro zu Buche.

Das war zu viel, als dass die ansonsten solide laufenden Geschäfte der Münchner dies hätten ausgleichen können. Der Umsatz dagegen wuchs um nominell 11 Prozent auf 17,9 Milliarden Euro, das Ergebnis im industriellen Geschäft um 27 Prozent auf 2,9 Milliarden. Bei letzterem machte sich allerdings auch ein Gewinn von 700 Millionen Euro aus dem Verkauf von Yunex Traffic bemerkbar.

Allerdings hat auch Siemens mit Lieferkettenengpässen sowie steigenden Arbeits- und Einkaufskosten zu kämpfen. In China belasteten zudem die coronabedingten Lockdowns die Produktion, hier entspannt sich die Lage allerdings seit Juni stark. Die gestiegenen Kosten will Siemens durch Preiserhöhungen, Effizienzsteigerungen und Ausgabendisziplin auffangen.

Für das laufende Geschäftsjahr, das im September zu Ende geht, kosten die massiven Belastungen aus dem dritten Quartal Siemens nun dennoch auch die Ergebnisprognose. Den Russland-Rückzug hatte der Konzern noch ausgleichen können, doch die Energy-Abschreibung war zu viel. Dementsprechend kürzte Siemens die Erwartung für das Nachsteuerergebnis um die Höhe der Energy-Belastung.

Dabei ist der Russland-Ausstieg, der im zweiten und dritten Quartal zusammen 1,1 Milliarden an Belastungen produziert hat, möglicherweise finanziell noch nicht komplett ausgestanden. Weitere Belastungen sind denkbar, wie Finanzchef Ralf P. Thomas auf Nachfrage sagte: Im Leasingbereich ist ein mittlerer bis dreistelliger Millionenbetrag möglich, zudem nicht näher bezifferte Effekte bei der Entkonsolidierung.

Andere Zeichen für die Zukunft sind dagegen gut: Nach einem gestiegenen Auftragseingang von 22 Milliarden Euro liegt der Orderbestand nun laut Siemens beim Rekordwert von 99 Milliarden Euro. «Wir haben das richtige Angebot und die richtige Strategie, um selbst in unsicheren Zeiten erfolgreich zu sein», betonte Konzernchef Busch.

Mittelfristig sieht Busch sogar eine positive Auswirkung der aktuellen Entwicklungen auf die Geschäfte von Siemens. Wenn die Produktion wieder näher an die Absatzmärkte rücke oder Arbeitskräfte knapp würden, beschleunige das die Notwendigkeit für Unternehmen und Gesellschaften, sich «fundamental zu verändern», sagte Busch. «Mehr Automatisierung, mehr Digitalisierung, Ressourceneffizienz und Dekarbonisierung» seien die wichtigsten Hebel. Das passe «ganz hervorragend» zur Strategie von Siemens, weil das eigene Portfolio genau diese Trends bediene.

Auch für eine mögliche Verschärfung der Gaskrise und eine mögliche Gasknappheit sieht sich Siemens gut aufgestellt: «Derzeit sehen wir nur geringe direkte Auswirkungen auf unsere Fabriken, weil unsere Produktion nicht energieintensiv ist», sagte Busch. Der Bedarf an Erdgas sei vergleichsweise gering - in Deutschland beispielsweise werde es vor allem zum Heizen verwendet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...