Politik

Zustände „wie im absolutistischen Fürstenstaat“: Schröder verklagt Bundestag mit Top-Anwalt

Der Feldzug gegen Gerhard Schröder ist gescheitert. Nun geht der Ex-Kanzler zum Gegenangriff über.
12.08.2022 09:31
Aktualisiert: 12.08.2022 09:31
Lesezeit: 2 min
Zustände „wie im absolutistischen Fürstenstaat“: Schröder verklagt Bundestag mit Top-Anwalt
Gerhard Schröder geht in die Offensive und verklagt den Bundestag. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Der 78-Jährige verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wie sein Hannoveraner Rechtsanwalt Michael Nagel der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mitteilte.

Die Klage sei beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht worden, sagte Nagel. Der Beschluss des Bundestags-Haushaltsausschusses, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig, heißt es in einer der dpa vorliegenden Erklärung der Anwaltskanzlei. Es werde "behauptet, Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder nehme die sog. "nachwirkenden Dienstpflichten" nicht mehr wahr". Es werde "aber nicht festgelegt, was "nachwirkende Dienstpflichten" überhaupt sind, wie ihre Wahr- bzw. Nichtwahrnehmung zu ermitteln ist und welches Procedere es im Übrigen dabei einzuhalten gilt", heißt es in der Erklärung weiter.

Dem ganzen Vorgang stehe "auf die Stirn geschrieben, dass andere Gründe, als die anhand der "neuen Regeln" vorgegebenen, für die Entscheidung des Haushaltsausschusses maßgeblich waren". Solche Entscheidungen erinnerten "im Hinblick auf die Art und Weise ihrer Entstehung eher an einen absolutistischen Fürstenstaat" und dürften in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Bestand haben, erklärten Schröders Anwälte.

Kritik wegen Engagement für Russland

Der Altkanzler steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Kritik. Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Vielmehr solle die "Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen", heißt es in der Regelung. Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400 000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Sein Ruhegehalt in Höhe von 8300 Euro erhält Schröder auch nach dem Beschluss ebenso weiter wie den Personenschutz.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Entscheidung im Mai als "folgerichtig" begrüßt. Im Umfeld des Beschlusses hatte sich das Europäische Parlament mit großer Mehrheit für Sanktionen gegen Schröder ausgesprochen. Erst am Montag hatte die Schiedskommission der SPD in Schröders Heimatstadt Hannover einen Parteiausschluss des Altkanzlers abgelehnt.

Lesen Sie dazu: Gerd Schröder bleibt Genosse

Schröders Hannoveraner Anwalt gilt als einer der renommiertesten Strafrechtler Deutschlands. Er vertrat unter anderem auch den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Halbleiter-Aktien: Wie die ASML-Aktie zur europäischen Macht im Chipsektor wird
08.12.2025

Die US-Großbank Bank of America setzt in Europa auf einen Chipkonzern, der in einem neuen Wachstumszyklus steckt und die Branche unter...

DWN
Politik
Politik EU-Staaten beschließen schärfere Migrationspolitik
08.12.2025

Die EU zieht die Zügel in der Migrationspolitik an: Abschiebungen sollen leichter, Verteilung verpflichtender werden. Doch neue Regeln zu...

DWN
Politik
Politik Russland tobt nach Interview mit ehemaligen NATO-General Rob Bauer
08.12.2025

Ein explosiver Schlagabtausch zwischen Russland und einem früheren NATO-Spitzenoffizier schürt neue Ängste vor einer Eskalation. Moskau...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission: Vorschläge zum Verbrenner-Aus nächste Woche
08.12.2025

Die EU-Kommission legt am 16.12. neue Vorschläge zum Verbrenner-Aus vor. Nach wachsender Kritik aus Industrie, Politik und Bevölkerung...

DWN
Finanzen
Finanzen Confluent-Aktie auf Höhenflug: IBM will Dateninfrastruktur-Spezialisten Confluent kaufen
08.12.2025

Ein Mega-Deal rückt die Confluent-Aktie schlagartig ins Rampenlicht: IBM bietet Milliarden für den Datenstreaming-Spezialisten Confluent....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VDA rechnet 2026 mit rund 693.000 neuen E-Autos
08.12.2025

Deutschlands Autokäufer stehen vor einem elektrischen Wendepunkt: Verbände prognostizieren deutliche Zuwächse bei Elektroautos und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtwechsel im Arbeitsmarkt 2025: Arbeitgeber geben wieder den Ton an
08.12.2025

Der Wind am Arbeitsmarkt 2025 dreht sich offenbar: Nach Jahren der Bewerbermacht gewinnen Unternehmen wieder Spielraum. Jan-Niklas Hustedt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzzahlen 2025: Warum Firmenpleiten weiter steigen
08.12.2025

Deutschlands Insolvenzzahlen klettern auf den höchsten Stand seit Jahren. Besonders Mittelstand, Handel und Autozulieferer geraten unter...