Der Streit zwischen dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und einer Reihe namhafter Professoren geht in die nächste Runde. Sie werfen dem PEI vor, seiner Rolle als wichtigste Kontrollinstanz für Impfstoffe nicht ausreichend nachzukommen. Der Streit zwischen führenden Professoren deutscher Universitäten und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) um die Qualitätssicherung des BioNTech-Impfstoffs „Comirnaty“ könnte ein juristisches Nachspiel haben.
Die fünf Professoren aus den Bereichen Chemie und Physik fordern das PEI seit mehr als einem halben Jahr vergeblich dazu auf, detailliert Auskunft bezüglich der Inhaltsstoffe und Prüfverfahren zum BioNTech-Impfstoff „Comirnaty“ zu erteilen.
Nachdem das PEI einen entsprechenden Antrag auf Informationszugang abgelehnt hat, drohen sie nun damit, den Fall notfalls vor Gericht klären zu lassen. Das PEI ist als Bundesinstitut unter anderem für die Qualitätssicherung von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln in Deutschland verantwortlich und untersteht direkt dem Bundesministerium für Gesundheit.
Professoren wollen Auskunft über Inhaltsstoffe
Bereits im Januar 2022 hatten die Professoren ihre Fragen zunächst direkt an das Unternehmen BioNTech und dessen Chef Ugur Sahin gerichtet. Die Berliner Zeitung berichtete damals zuerst über den Fragenkatalog und anschließend über die Antworten des Unternehmens. Den Anstoß gab eine Grauverfärbung einiger Impfstoffchargen, die nach Ansicht der Chemiker den Rückschluss auf mögliche Verunreinigungen der Impfstoffe zuließ.
Das Unternehmen wies die Vorwürfe von sich und erklärte, der Grauton stelle „keinen Hinweis auf mögliche Verunreinigungen“ dar. Infolgedessen schrieben die Chemiker, dass es auffällige Nebenwirkungen bei einzelnen Chargen des Impfstoffs gegeben habe und bezogen sich dabei auf die VAERS-Datenbank der US-Gesundheitsbehörde CDC. Sie vermuteten einen Zusammenhang mit einigen Inhaltsstoffen, darunter die Zusatzstoffe ALC-0159 sowie ALC-0315, für die im Rahmen der bedingten Zulassung des Covid-19-Impfstoffs von der Zulassungsbehörde EMA besondere Verpflichtungen ausgesprochen wurden, die vom Unternehmen BioNTech bisher nicht erfüllt worden seien.
Auch diesen Vorwurf wies das Mainzer Unternehmen zurück und erklärte, man habe keine Kenntnis von „chargenspezifischen Nebenwirkungen“. Daraufhin wendeten sich die Professoren am 13. März mit einem Antrag nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) direkt an das PEI.
Zu den Unterzeichnern des Briefes an das PEI gehören Prof. Dr. Jörg Matysik (Universität Leipzig), Prof. Dr. Gerald Dyker (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Andreas Schnepf (Universität Tübingen), Prof. Dr. Tobias Unruh (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) sowie Prof. Dr. Martin Winkler (Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaften).
PEI verweigert Auskunft
Nach monatelangem Hickhack lehnte das PEI den den Antrag auf Informationszugang am 27. Juli ab. Der ablehnende Bescheid liegt der Redaktion vor. Darin heißt es unter anderem, der Antrag auf „Informationszugang hinsichtlich der Unterlagen, die der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als aktenführender Behörde vorliegen [...]“ sowie auf „Informationszugang zu produktspezifischen Toleranzbereichen, Freigabespezifikationen des Fertigprodukts und Chargendokumentation“ werde abgelehnt.
Auf Nachfrage der DWN erklärte Prof. Dr. Matysik, dass die Gruppe gegen den Ablehnungsbescheid am 11. August über ihre Anwältin Einspruch eingelegt habe.
In einem öffentlichen Statement kommentierten die Professoren den Vorgang wie folgt:
„Da das PEI bei seiner Chargenprüfung aus rechtlichen Gründen die vom Zulassungsinhaber angegebenen
Prüfmethoden anwenden muss, besteht hier unsere Befürchtung, dass in diesem extrem wichtigen Bereich seitens des Herstellers von Comirnaty, nicht die Methode angewendet wird, die nach dem Stand der Technik die größte Aussagekraft und damit die größte Sicherheit bietet. Hier stellt sich die Frage, weshalb keine moderne
Sequenziermethode (z.B. next-generation sequencing) zur vollständigen Erfassung und Feststellung der Identität der mRNA verwendet wird, welche in den meisten Analyselaboren routinemäßig durchgeführt werden kann.“
„Seit über einem halben Jahr versuchen wir, vom PEI Informationen zur Qualitätssicherung des BioNTech-Impfstoffes zu erhalten. Die wenigen Informationen, die wir erhalten haben, lassen uns nicht erkennen, dass das PEI seinem gesetzlichen Auftrag des Schutzes der öffentlichen Gesundheit nachkommt. Manches vom PEI Mitgeteilte ist falsch, anderes offenbar nachlässig fehlerhaft, oft sind die Angaben lückenhaft. [...] Es verstärkt sich bei uns der Eindruck, dass der Schutz der Bevölkerung anderem untergeordnet wird.
Das PEI hat die Pflicht, sicherzustellen, dass keine schädlichen Impfstoffe in Verkehr gebracht werden. Leider können wir nicht erkennen, dass das PEI dieser gesetzlichen Pflicht nachkommt; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Impfpflicht im Gesundheitswesen und bei der Bundeswehr nach wie vor besteht und die Novelle des IfSG eine Impfung alle drei Monate vorsieht.
Wir bedauern, dass das PEI uns nicht mit Fakten überzeugen will oder kann. Juristisch sehen wir gute Argumente, die Ausführungen des PEI anzugreifen, die wir im Rahmen eines Widerspruchs gegen den Bescheid und notfalls auch vor dem Verwaltungsgericht verfolgen werden. Schließlich geht es um die Verantwortung für Gesundheit und Leben einer großen Zahl von Menschen!“
Gegenüber den DWN wollte sich Prof. Matysik zu den im Statement erwähnten „juristischen Argumenten“ gegen das PEI aus verhandlungstaktischen Gründen nicht äußern. Er bekräftigte aber, dass das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen sei, denn „das allgemeine öffentliche Interesse, auch in Bezug auf die Impfpflicht bei Pflegepersonal und Militär, ist doch groß“.