Deutschland

Kubicki fordert Öffnung von Nord Stream 2, FDP distanziert sich

Führende Politiker der FDP haben den Parteivize Kubicki teils scharf kritisiert, nachdem dieser die Öffnung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 gefordert hat.
19.08.2022 12:20
Lesezeit: 2 min
Kubicki fordert Öffnung von Nord Stream 2, FDP distanziert sich
Mit Forderungen nach einer Öffnung von Nord Stream 2 hat sich FDP-Vize Kubicki den Zorn der eigenen Partei zugezogen. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis) reagiert mit scharfer Ablehnung auf die Forderung von FDP-Vize Wolfgang Kubicki nach einer Öffnung der Ostseepipeline Nord Stream 2. "Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man auf so eine skurrile Forderung kommen kann", sagte die Bundesvorsitzende der Julis, Franziska Brandmann, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Der russische Präsident Wladimir Putin führe einen Energiekrieg gegen Deutschland, sagte Brandmann, die auch Mitglied im FDP-Bundesvorstand ist. "Wer in dieser Situation meint, gegenüber Russland getroffene Sanktionen aufheben zu wollen, der argumentiert zutiefst unlogisch. Es ist genau diese Art der Blauäugigkeit gegenüber Russland, die uns erst in diese prekäre Lage der massiven Energieabhängigkeit von Russland gebracht hat."

Kubicki hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) gesagt, es gebe "keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen" und auch darauf verwiesen, die Bundesregierung müsse Schaden von Deutschland abwenden. Brandmann sagte dazu, die russische Armee habe seit dem 24. Februar in der Ukraine unzählige Menschen ermordet, tausende Frauen vergewaltigt und Kinder verschleppt.

Brandmann: "Das russische Regime verübt am laufenden Band Kriegsverbrechen, viele haben sicherlich noch die Bilder des Butscha-Massakers vor Augen. Wer darin 'keinen vernünftigen Grund' für Sanktionen sieht, dem empfehle ich ganz eindringlich, seinen moralischen Kompass zu hinterfragen."

Die Forderung Kubickis lasse sich in keiner Weise mit der Beschlusslage der FDP in Einklang bringen. Brandmann: "Wir erwarten von Wolfgang Kubicki als dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP, diese in Zukunft zu respektieren und energie- und außenpolitische Irrfahrten den Putin-Verstehern zu überlassen."

FDP-Fraktionschef: Öffnung von Nord Stream 2 wäre falsches Signal

Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat die Forderung von Parteivize Wolfgang Kubicki nach einer Öffnung der Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2 zurückgewiesen. «Wir beraten in diesen Wochen intensiv darüber, wie man die drohende Energiekrise im Winter abwenden kann. Als FDP-Bundestagsfraktion haben wir dazu eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 gehört nicht dazu», sagte Dürr am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Die Öffnung der von Russland nach Vorpommern führenden Pipeline «wäre ein falsches Signal an unsere europäischen Partner».

Richtig wäre es dagegen, in einem ersten Schritt die Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke zu verlängern, forderte Dürr. «Das würde die Situation auf dem Energiemarkt deutlich entspannen und wäre zudem ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit unseren europäischen Nachbarn», sagte er.

Kubicki hatte gefordert: «Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen». Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) weiter, es gebe «keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen». Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin dann doch nicht mehr Gas liefere, habe Deutschland nichts verloren.

«Kommt auf diesem Weg mehr Gas bei uns an, vielleicht sogar die komplette vertraglich zugesicherte Menge, wird das helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt», betonte Kubicki. Dafür zu sorgen, sei oberste Pflicht der Bundesregierung.

Lindner hält Öffnung von Nord Stream 2 für falsch und abwegig

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner geht deutlich auf Distanz zu Forderungen seines FDP-Parteivizes Kubicki nach einer Öffnung der Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2. Lindner halte den Vorschlag für «falsch und abwegig», sagte eine Sprecherin seines Bundesfinanzministeriums am Freitag in Berlin. Lindner ist FDP-Vorsitzender. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner erklärte, es gebe auch keine Pläne der Bundesregierung zu einer Inbetriebnahme der Pipeline. Eine Wiederaufnahme des Projekts stehe nicht zur Debatte.

Die Bundesregierung hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Inbetriebnahme der fertiggebauten Nord-Stream-2-Leitung ausgeschlossen. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheidung: Leitzinsen der Eurozone bleiben erneut unverändert
18.12.2025

Die EZB-Zinsentscheidung ist gefallen: Wie erwartet lassen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank den Leitzins für die Eurozone...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Urbane Zukunft – von Smart-Cities bis hin zu futuristischen Utopien
18.12.2025

Städte entscheiden, wie Freiheit, Wohlstand und Klimaschutz in der nahen Zukunft zusammengehen. Zwischen Sensoren, Sanierungswellen und...

DWN
Technologie
Technologie SMR in Schweden: Blykalla sichert fast 48 Mio Euro für KI-Energie
18.12.2025

Blykalla sammelt fast 48 Millionen Euro für kleine modulare Reaktoren (SMR) ein. Investoren aus Schweden, den USA und Japan setzen auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuersenkung in Restaurants: Warum Gäste kaum profitieren
18.12.2025

Die Politik senkt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie - wird der Restaurantbesuch damit endlich wieder erschwinglicher? Wohl kaum....

DWN
Politik
Politik Trumps Rede an die Nation: Eigenlob und Schweigen im Walde
18.12.2025

Zwischen Weihnachtsbäumen und Selbstlob inszeniert Donald Trump seine Rede an die Nation als Erfolgsgeschichte. Er verspricht...

DWN
Politik
Politik EU-Gipfel in Brüssel: Streit um russisches Vermögen und Mercosur-Freihandelsabkommen
18.12.2025

In Brüssel beginnt ein EU-Gipfel, der über Milliarden und Handel entscheidet. Es geht um festgesetztes russisches Vermögen, die...