Die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis) reagiert mit scharfer Ablehnung auf die Forderung von FDP-Vize Wolfgang Kubicki nach einer Öffnung der Ostseepipeline Nord Stream 2. "Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man auf so eine skurrile Forderung kommen kann", sagte die Bundesvorsitzende der Julis, Franziska Brandmann, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Der russische Präsident Wladimir Putin führe einen Energiekrieg gegen Deutschland, sagte Brandmann, die auch Mitglied im FDP-Bundesvorstand ist. "Wer in dieser Situation meint, gegenüber Russland getroffene Sanktionen aufheben zu wollen, der argumentiert zutiefst unlogisch. Es ist genau diese Art der Blauäugigkeit gegenüber Russland, die uns erst in diese prekäre Lage der massiven Energieabhängigkeit von Russland gebracht hat."
Kubicki hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) gesagt, es gebe "keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen" und auch darauf verwiesen, die Bundesregierung müsse Schaden von Deutschland abwenden. Brandmann sagte dazu, die russische Armee habe seit dem 24. Februar in der Ukraine unzählige Menschen ermordet, tausende Frauen vergewaltigt und Kinder verschleppt.
Brandmann: "Das russische Regime verübt am laufenden Band Kriegsverbrechen, viele haben sicherlich noch die Bilder des Butscha-Massakers vor Augen. Wer darin 'keinen vernünftigen Grund' für Sanktionen sieht, dem empfehle ich ganz eindringlich, seinen moralischen Kompass zu hinterfragen."
Die Forderung Kubickis lasse sich in keiner Weise mit der Beschlusslage der FDP in Einklang bringen. Brandmann: "Wir erwarten von Wolfgang Kubicki als dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP, diese in Zukunft zu respektieren und energie- und außenpolitische Irrfahrten den Putin-Verstehern zu überlassen."
FDP-Fraktionschef: Öffnung von Nord Stream 2 wäre falsches Signal
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat die Forderung von Parteivize Wolfgang Kubicki nach einer Öffnung der Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2 zurückgewiesen. «Wir beraten in diesen Wochen intensiv darüber, wie man die drohende Energiekrise im Winter abwenden kann. Als FDP-Bundestagsfraktion haben wir dazu eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 gehört nicht dazu», sagte Dürr am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Die Öffnung der von Russland nach Vorpommern führenden Pipeline «wäre ein falsches Signal an unsere europäischen Partner».
Richtig wäre es dagegen, in einem ersten Schritt die Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke zu verlängern, forderte Dürr. «Das würde die Situation auf dem Energiemarkt deutlich entspannen und wäre zudem ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit unseren europäischen Nachbarn», sagte er.
Kubicki hatte gefordert: «Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen». Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) weiter, es gebe «keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen». Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin dann doch nicht mehr Gas liefere, habe Deutschland nichts verloren.
«Kommt auf diesem Weg mehr Gas bei uns an, vielleicht sogar die komplette vertraglich zugesicherte Menge, wird das helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt», betonte Kubicki. Dafür zu sorgen, sei oberste Pflicht der Bundesregierung.
Lindner hält Öffnung von Nord Stream 2 für falsch und abwegig
Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner geht deutlich auf Distanz zu Forderungen seines FDP-Parteivizes Kubicki nach einer Öffnung der Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2. Lindner halte den Vorschlag für «falsch und abwegig», sagte eine Sprecherin seines Bundesfinanzministeriums am Freitag in Berlin. Lindner ist FDP-Vorsitzender. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner erklärte, es gebe auch keine Pläne der Bundesregierung zu einer Inbetriebnahme der Pipeline. Eine Wiederaufnahme des Projekts stehe nicht zur Debatte.
Die Bundesregierung hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Inbetriebnahme der fertiggebauten Nord-Stream-2-Leitung ausgeschlossen. (dpa)