Es sah im Frühjahr nach einer sehr klaren Sache für die Republikaner aus. Bei den Umfragen zum Kongresshaus lagen sie weit vorne und auch die Umfragen zum Senat sahen gut aus. Fox News prognostizierte einen Durchmarsch für die Konservativen. Seit den FBI-Untersuchungen auf Donald Trumps Anwesen Mar-a-Lago, hat sich das Blatt gewendet.
Anstatt sich vom Ex-Präsidenten zu trennen und einen Nachfolger aufzubauen, halten die Republikaner weiter am Ex-Präsidenten fest. Sie vernachlässigten dabei die Immobilienkrise und weitere Wirtschaftsprobleme im Land. Resultat: Trumps Kandidaten funktionieren in den wichtigen Bundesstaaten, in denen Senatswahlen stattfinden, nicht mehr wie gewünscht und der Vorsprung schmilzt in den Umfragen.
Skurriler Wahlkampf
Beispiel Pennsylvania: Der Kandidat der Demokraten und Vizegouverneur John Fetterman macht nicht viel Wahlkampf und hat wegen einem Schlaganfall im Mai 2022 kaum Auftritte. Fettermans Vorteil: er kommt direkt aus der Kleinstadt Reading (Pennsylvania) und ist durch seine Erfahrung als Vizegouverneur mit dem Bundestaat gut vertraut.
Die Republikaner setzen auf den Trump-Kandidaten und ehemaligen Leibarzt von Donald Trump und Kardiologen Dr. Mehmet Oz aus Ohio. Oz ist neben seiner Arzttätigkeit als Moderator auch in den US-Medien aufgetreten und hatte eine eigene Talkshow bei Sony Pictures Television.
Oz fiel im bisherigen Wahlkampf durch fragwürdige Positionen auf. So warb er laut NBC für das Malariamittel Hydroxychloroquin als „Corona Heilmittel“ und vermied es als türkisch-stämmiger US-Amerikaner den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen, wie NBC berichtete. Auch vor persönlichen Attacken macht das Kampagnenteam des Kardiologen nicht halt und behauptete laut dem Guardian Fetterman hätte seinen Schlaganfall vermeiden können, wenn er mehr Gemüse gegessen hätte. Aktuell führt Fettermann in den Umfragen deutlich. Die amerikanischen Nachrichtenwebsite Fivethirtyeight sieht eine Siegchance von Fetterman bei 80%.
Aufregung auch in Arizona
Ähnlich schlecht sieht es für die Republikaner in Arizona aus. Dort setzen sie alles auf den Trump-Kandidaten und Unternehmer Blake Masters, der laut NBC Afroamerikaner pauschal beschuldigte für Waffengewalt verantwortlich zu sein. Masters spricht sich gegen das Recht auf Abtreibung aus, wie das Magazin Politico berichtet und unterstützt der L.A Times nach Verschwörungsmythen um die Präsidentschaftswahl 2020.
Zu seinen Standpunkten zu stehen, scheint nicht Blakes Stärke zu sein. Sein Wahlkampfteam entfernte kürzlich laut der lokalen Arizona Republic alle Posts von Masters zum Thema Abtreibung und Stürmung des Kapitols. Masters Gegenkandidat Mark Kelly ist amtierender Senator von Arizona, war vor seiner Karriere als Senator Raumfahrer und nahm an einer Shuttle Mission im Jahr 2011 teil. Kelly setzt sich unter anderem für stärkere Kontrollen beim Verkauf von Waffen ein. In der Zusammenfassung von realclearpolitics liegt Kelly sechs Prozent vor Masters.
Senatsmehrheit für Demokraten in Reichweite
In Nevada und New Hampshire sieht es ähnlich ungut für die Republikaner aus. Dort haben die Amtsinhaberinnen Catherine Cortez-Mastro und Maggie Hassan laut fivethirtyeight eine 62 Prozent beziehungsweise 79 Prozent Siegchance gegenüber ihren Gegenkandidaten.
Wisconsin war zuletzt bei Präsidentschaftswahlen ein hart umkämpfter Bundesstaat. Hier führt der Herausforderer Mandela Barnes gegenüber dem amtierenden Senator Ron Johnson in der Zusammenfassung von realclearpolitics ebenfalls mit 4 Prozent. Hart umkämpft ist der Bundestaat Georgia, den Joe Biden 2020 für die Demokraten gewinnen konnte. Hier führt der Demokrat und amtierende Senator Raphael Warnock mit 2,70 Prozent, verliert aber in den letzten Umfragen an Boden gegenüber seinem Konkurrenten Herschel Walker. In der aktuellen Zusammenfassung von realclearpolitics würden die Demokraten alle Umfragen zusammengefasst 2 Senatssitze hinzugewinnen.
Trump-Vertraute Palin verliert Wahl in Alaska
Auch bei den Umfragen zum Repräsentantenhaus wird das Rennen enger. Lag die GOP im Juli noch bei über 2% schmilzt der Vorsprung der Republikaner in der Statistik von realclearpolitics auf 0,2 Prozent. Aktuell wird prognostiziert, dass die Republikaner 219 Sitze im Kongress gewinnen werden – für eine Mehrheit, benötigt man 218 Abgeordnete.
Die Wahl in Alaska ist hingegen schon gelaufen: Die Trump-Vertraute und ehemalige Senatorin von Alaska Sarah Palin, verlor deutlich 32 zu 40 Prozent gegen ihre Gegenkandidatin von den Demokraten Mary Peltola. Für die Republikaner sind die aktuellen Umfragen und das Ergebnis der Wahl in Alaska, ein Warnsignal Monate vor den Midterm-Elections.
Ändert sich an der aktuellen Stimmungslage in den umkämpften Bundestaaten nichts, droht ein deutlich engerer Wahlkampf als die Republikaner es sich gewünscht haben.