Angela Merkel hat am Freitag noch einmal betont, dass Deutschland weiter in jedem einzelnen Fall über die Verteilung der ESM-Gelder entscheiden können. Frankreichs Präsident Francois Hollande sieht das ganz anders. Er frohlockte nach dem Gipfel, dass nun, anders als beim EFSF, endlich auch Mehrheitsentscheidungen möglich sind. Dies sein ein "Vorteil" sagte Hollande. Damit zog sich Hollande den Unwillen anderer Euro-Staaten zu. Ein nicht namentlich genannter Euro-Politiker sagte dem WSJ: "Wenn Hollande das gesagt hat, dann können wir genauso gut nach Hause gehen und den ESM Vertrag zerreissen. Denn das haben wir nicht vereinbart."
Merkel und der ungenannte Europäer irren sich jedoch: Der ESM-Vertrag sieht zwar prinzipiell Einstimmigkeit vor, doch es gibt auch eine große Ausnahme: Wenn die "finanzielle Stabilität der gesamten Euro-Zone gefährdet ist", können Mittel auch mit 85 Prozent Zustimmung verteilt werden.
Ergänzung (siehe Leserdiskussion): Hier hat Deutschland, wenn es mit den 27 Prozent wie bei der EZB beteiligt ist, in der Tat ein Veto. Wenn der ESM jedoch Verluste macht – etwa durch den hemmungslosen Ankauf von Staatsanleihen und diese weiter an Wert verlieren – dann kann das Direktorium mit einfacher Mehrheit die Verluste abrufen. Das heißt: Wenn Italien, Frankreich und Spanien es verlangen, muss Deutschland zahlen – reales Geld, für das Deutschland dann selbst wieder Schulden machen muss (mehr dazu ausführlich auf DMN - hier).
Damit kann der Fall eintreten, dass andere Länder auch ohne deutsche Zustimmung über die Verteilung der ESM-Mittel entscheiden können. Weil Deutschland den Löwenanteil der Gelder stellen wird, könnten deutsche Steuergelder somit ohne Mitwirkung des Bundestags für andere Länder verwendet werden. Insbesondere können die Gelder dann für die Banken-Rettung in anderen Ländern verwendet werden. Auf diese Möglichkeit hat Hollande, der die Lage der französischen Banken so gut kennt wie kein anderer Politiker in Europa, offenkundig beits mehr als einen Gedanken verschwendet.