Deutschland

Banken geben deutschen Kommunen kaum noch Kredite

Die Kommunen gelten bei den Banken nicht mehr als sichere Schuldner. Zudem ist die Kreditvergabe an Städte und Gemeinden für die Banken aufgrund neuer Regeln nicht mehr so lukrativ wie vor der Finanzkrise. Es wird für die verschuldeten Kommunen immer schwieriger, Finanzmittel für Kindergärten und Schulen aufzutreiben. Letzter Rettungsanker ist für viele die staatliche KfW.
05.11.2013 01:09
Lesezeit: 2 min

Die deutschen Kommunen sind massiv verschuldet. Je Bürger sind es circa 2.000 Euro. Da ihnen die Banken die Kredite zunehmende verweigern, helfen sich die Kommunen nun selbst.

„Vor ein paar Jahren bekamen wir zehn Angebote, wenn wir einen Kredit brauchten. Inzwischen sind es nur noch drei oder vier“, zitiert die Zeit den Würzburger Kämmerer Christian Schuchardt. Daher gab Schuchardt zusammen mit dem Nürnberger Kämmerer im Frühjahr eine zehnjährige Anleihe aus.

Die beiden Städte erhielten 100 Millionen Euro zu einem Zinssatz von 2 Prozent. Das Geld kam von Versicherern, Vermögensverwaltern und Kleinanlegern. Die Anleihen werden an der Börse München gehandelt. Privatanleger können die Anleihe über ihre Hausbank oder einen Onlinebroker kaufen.

Der Unternehmer Stefan Friedrich will diese Idee nun im großen Stil ausbauen. „Warum soll man nicht den Finanzbedarf von vielen Kommunen bündeln und daraus eine gemeinsame Anleihe machen?“, fragt Friedrich. Das Interesse in den Rathäusern sei groß. Die erste Anleihe solle einen Umfang von 500 Millionen Euro haben.

Ekkehard Grundwald, der Finanzchef von Salzgitter, sagt: „Auf Dauer werden sich die Kommunen ohne Anleihen oder ähnliche Instrumente, wie etwa Schuldscheine, nicht finanzieren können.“ Denn die Banken verweigern den Kommunen zunehmend die Kredite.

Die Commerzbank oder die Hypo Real Estate gehörten früher zu den größten Geldgebern deutscher Städte. Heute machen sie praktisch keine neuen Geschäfte mehr mit Kommunen.

Seit den Problemen mit den öffentlichen Schuldnern in Griechenland sehen die Banken Städte oder Länder mit größerem Misstrauen. Selbst Kredite an deutsche Kommunen gelten nicht mehr als sicher. Hoch verschuldete Städte erhalten zum Teil überhaupt kein Geld mehr.

Die Staatsbank KfW ist längst zum größten Financier der deutschen Kommunen geworden. Doch auch sie verleiht den Städten nicht mehr als 750 Euro pro Einwohner. In Würzburg und vielen anderen Kommunen ist die Verschuldung jedoch zum Teil deutlich höher.

Neben den höheren Risiken gibt es noch einen zweiten Grund, warum sich Banken von den Kommunen abwenden. Das Geschäft ist nicht mehr so lukrativ wie früher. Vor der Krise konnten die Institute kurzfristige Spareinlagen wie zum Beispiel Tagesgeld für 2 bis 3 Prozent Zinsen aufnehmen und dieses Geld dann langfristig für 4 bis 5 Prozent an die Städte verleihen.

Heute fordern die Aufseher, dass die Banken sich das langfristig ausgegebene Geld auch selbst langfristig besorgen. Einen Teil ihrer Kredite sollen die Institute zudem mit Eigenkapital unterlegen. Für die Banken ist dies teurer, als würden sie wie vor der Krise einfach die Tagesgeldeinlagen ihrer Kunden an die Kommunen weiterverleihen.

Das erhöhte Misstrauen der Banken gegen die Kommunen beruht auf Gegenseitigkeit. Auch die deutschen Kommunen misstrauen den Banken heute mehr denn je. Denn sie wurden von den Instituten in vielen Fällen äußerst schlecht beraten. Die Kommunen ließen sich von den Bank-Beratern Derivate andrehen und machten damit massive Verluste.

Viele Kommunen haben immerhin erreicht, dass sie von ihren Banken für den entstandenen Schaden entschädigt wurden. Es ist eine regelrechte Prozesslawine, mit der die Banken überzogen wurden. So klagt Mülheim derzeit gegen die beiden Banken, die ihr die riskanten Derivate angedreht haben (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Goldpreis fällt – Ist der Gipfel bereits überschritten?
24.04.2025

Nach einem historischen Rekordhoch hat der Goldpreis nun zum zweiten Mal in Folge deutlich nachgegeben – ein möglicher Wendepunkt am...

DWN
Politik
Politik USA und China: Handelsgespräche stehen still – Trump setzt weiter auf Eskalation
24.04.2025

Washington und Peking liefern sich einen erbitterten Handelskrieg – von Verhandlungen fehlt jede Spur. Trumps Strategie setzt weiter auf...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Deal mit Moskau – und kritisiert Selenskyj
24.04.2025

Donald Trump sieht eine Einigung mit Russland zum Greifen nah – und gibt Präsident Selenskyj die Schuld an der Fortdauer des Krieges....

DWN
Technologie
Technologie Das neue Gold der Energiewende: Warum Batteriespeicher zur Überlebensfrage werden
24.04.2025

Während Europas grüne Agenda ins Wanken gerät und geopolitische Schocks die Energielandschaft umkrempeln, kündigt sich eine neue Ära...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Warum die Generalsanierung Jahre dauern wird
24.04.2025

Unpünktlich, überlastet, marode: Die Bahn steckt fest. Die Bundesregierung will mit Milliarden gegensteuern – doch selbst optimistische...