Deutschland

Karstadt: Rückzug von Berggruen zeichnet sich ab

Nicolas Berggruen will sich drei Jahre nach der Karstadt-Übernahme schon wieder verabschieden. Ein entsprechendes Angebot habe der Investor zwei Interessenten schon gemacht, so ein Insider. Für einen Euro sollen 75,1 Prozent der Stammgesellschaft veräußert werden.
21.11.2013 18:17
Lesezeit: 2 min

Der einst als Karstadt-Retter gefeierte Nicolas Berggruen bereitet Branchenkreisen zufolge seinen Rückzug bei dem kriselnden Warenhauskonzern vor. Drei Jahre nach der Karstadt-Übernahme habe Milliardär Berggruen dem österreichischen Immobilieninvestor Rene Benko und dem Diamantenhändler Beny Steinmetz die Option eingeräumt, für einen Euro 75,1 Prozent der kriselnden Karstadt-Stammgesellschaft zu übernehmen, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person am Donnerstag. Das „manager magazin“ hatte zuvor über diese Option berichtet. Karstadt, Berggruen und Steinmetz wollten sich dazu nicht äußern. Ein Benko-Sprecher verwies lediglich darauf, dass Steinmetz bereits bei Signa in Immobilien investiert habe.

Ziehen die beiden Investoren die Option, würde den Kreisen zufolge Berggruens letzte Bastion bei Karstadt fallen, Benko und Steinmetz hätten Zugriff auf die bei Berggruen verbliebenen 83 klassischen Karstadt-Warenhäuser. Spekulationen über eine Warenhaus-Allianz zwischen der Metro -Tochter Kaufhof und Karstadt dürften damit wieder aufleben. „Es gibt keine Gespräche mit Benko oder seiner Signa-Holding“, betonte allerdings ein Metro-Sprecher.

Berggruen hat bereits die Mehrheitsanteile am Geschäft der Luxus-Warenhäuser und der Karstadt-Sporthäuser dem österreichischen Investor überlassen. Benko kontrolliert mit seiner Signa Holding damit das operative Geschäft der Luxus-Warenhäuser, zu denen etwa das KaDeWe in Berlin gehört. Dies gilt auch für Karstadt Sport. Die übrigen Warenhäuser hatte Berggruen nach früheren Erklärungen behalten wollen. „Ich glaube an das Unternehmen und seine Mitarbeiter“, hatte Berggruen erst Mitte September versichert: „Das Kerngeschäft behalten wir komplett.“ Arbeitnehmervertreter hatten indes mehrfach die Sorge geäußert, Karstadt könne zerschlagen werden. „Den Karstadt-Beschäftigten geht es - unabhängig von eventuellen Veränderungen bei den Eigentümerstrukturen - um die Zukunftsfähigkeit aller Karstadt-Unternehmen“, betonte die Gewerkschaft Verdi nun.

Mit Steinmetz hat Benko dem „manager magazin“ zufolge nun bei den Luxuskaufhäusern um das KaDeWe einen neuen Partner ins Boot genommen. Steinmetz werde auch Mitbetreiber der Sportsparte mit 28 Filialen. Er übernehme je 37,55 Prozent an der Premium- und der Sportfirma, berichtete das Magazin unter Berufung auf eine Signa-Aufsichtsratsvorlage weiter. Im Gegenzug werde Berggruen von Signa und Steinmetz entschädigt. Der Milliardär werde an einer Gesellschaft beteiligt, der 18 Warenhaus-Immobilien gehören - das „Betongold“ Karstadts. Auch eine Beteiligung an den Immobilien von Karstadt-Luxuskaufhäusern stehe im Raum - Berggruen dürfte damit einen Gewinn aus seinem Karstadt-Engagement ziehen. Verdi fordere auch ein Gespräch mit Steinmetz, wenn sich bestätige, dass er bei Karstadt einsteige, sagte ein Gewerkschaftsvertreter. Im Januar will die Gewerkschaft mit Benko reden, der Termin war bereits vereinbart.

Der Investor Benko ist im deutschen Einzelhandel kein Unbekannter - Signa besitzt schon zahlreiche Karstadt-Immobilien. Zudem hatte Benko in der Vergangenheit ebenso wie Berggruen vergeblich versucht, die Metro -Tochter Kaufhof zu übernehmen. Steinmetz ist bereits bei Benko investiert und Mitbesitzer von Karstadt-Immobilien. Benkos Signa Holding hatte erklärt, im Dezember 2012 „zusammen mit der Beny Steinmetz Group“ für mehr als 1,1 Milliarden Euro ein Einzelhandelsportfolio bestehend aus 17 Warenhäusern erworben zu haben. „Alle Objekte sind langfristig an Karstadt vermietet“, hieß es damals. Ein Benko-Sprecher verwies nun lediglich auf diese Mitteilung.

Der gebürtige Tiroler Benko hatte einen raschen Aufstieg genommen. Er gründete im Jahr 2000 die Signa Holding, mit der er das Geld reicher Investoren einsammelt und vornehmlich in Luxusimmobilien steckt. Benko verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk, prominente Namen finden sich im Beirat seiner Firma - darunter Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.

Im vergangenen Jahr war Benko in einem Korruptionsprozess zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, über seinen Steuerberater Politiker bestochen zu haben, die in einer steuerlichen Angelegenheit zugunsten von Signa intervenieren sollten. Auch Steinmetz ist für die Justiz kein Unbekannter: Die Schweizer Polizei durchsuchte jüngst eines seiner Anwesen in Genf. Hintergrund sei eine Untersuchung im Zusammenhang mit Bergbaurechten im afrikanischen Guinea, hatte ein Sprecher im September gesagt. Steinmetz arbeite im vollen Umfang mit den Behörden zusammen.

Die rund 20.000 Karstadt-Beschäftigten fürchten um die Zukunft des traditionsreichen Warenhausriesen. Karstadt hat zahlreiche Baustellen. Zum Jahresende scheidet Chef Andrew Jennings aus, ein Nachfolger ist bislang nicht ernannt worden. Jennings hatte dem Warenhausriesen bescheinigt, bei seiner Sanierung noch nicht über den Berg zu sein. Die Wegstrecke, die Karstadt vor sich habe, sei „weiter herausfordernd“, bilanzierte Jennings Anfang September.

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