Gemischtes

Antibiotika verlieren Wirkung: Tödliche Super-Bakterien auf dem Vormarsch

Die Medizin in Europa steht vor einem großen Problem: Eines der stärksten Antibiotika, Carbapenem, droht seine Wirkung zu verlieren. Der Grund: Durch den übermäßigen, globalen Einsatz von Antibiotika entstehen immer stärkere Super-Bakterien. Die Ärzte sind ratlos. Der Medizin droht ein Rückfall in das vorige Jahrhundert.
25.11.2013 22:50
Lesezeit: 1 min

Die stärksten bekannten Antibiotika verlieren langsam ihre Wirkung. Sie sind in den Krankenhäusern Europas das letzte Mittel im Kampf gegen tödliche Erreger. Die Sorge geht um, dass bisher leicht zu behandelnde Infektionen wieder zu unheilbaren Krankheiten werden. Darüber hinaus mutieren neue Bakterien wegen der Globalisierung zu immer resistenteren Gebilden und werden zu Super-Bakterien, gegen die Medizin keine Chance hat.

Das Bakterium Acinetobacter ist auch gegen Carbapeneme, die stärksten Antibiotika, resistent geworden, so ein Bericht des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Dies habe sich bereits in mehr als 25 Prozent der Fälle in acht der untersuchten 18 Staaten gezeigt.

In fünf europäischen Ländern waren Carbapeneme 2012 in mehr als 5 Prozent der Fälle resistent gegen Infektionen mit Klebsiella pneumoniae. Dieses Stäbchenbakterium kann die Harnwege, die Atemwege und den Blutkreislauf infizieren. Noch 2009 wurde diese hohe Resistenzquote nur in zwei Ländern beobachtet.

Carbapeneme sind die stärksten Antibiotika. Sie werden in Krankenhäusern gegen Erreger eingesetzt, die Resistenzen gegen verschiedene andere Antibiotika entwickelt haben. Die Entwicklung von Resistenzen wird immer wieder auch mit dem Missbrauch von Antibiotika begründet.

In China werden Antibiotika ohne Hemmungen verschrieben - weil die Krankenhäuser mit dem Verkauf der Medikamente Geld verdienen müssen. 47 Prozent aller verkauften Medikamente in chinesischen Krankenhäusern sind Antibiotika. Ärzte erhalten Kick-Back-Zahlungen, wenn sie Antibiotika verschreiben.

Vor allem sind Antibiotika in den Lebensmitteln faktisch explodiert: Wie das Magazin Mother Jones ermittelt hat, ist der Einsatz von Antibiotika für medizinische Zwecke deutlich weniger angestiegen als die Verwendung in der Nahrungsmittel-Kette.

Seit 25 Jahren sind keine neuen Antibiotika mehr entwickelt worden, sagt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Wenn nun die Carbapeneme unwirksam werden, gibt es keine Behandlungsmöglichkeit mehr gegen die multiresistenten Erreger. Einer von 18 Krankenhauspatienten ist von ihnen betroffen ist.

„Es kommt immer häufiger vor, dass Krankenhäuser Patienten behandeln müssen, die Carbapenem-resistente Infektionen aufweisen. Oft müssen dann alte und giftige Medikamente eingesetzt werden“, sagte ECDC-Direktor Marc Sprenger.

Tatsächlich besteht die Gefahr, dass der massive Einsatz von Antibiotika neue Super-Bakterien enstehen lässt, die gegen alle herkömmlichen Antibiotika resistent sind. In Kalifornien sorgten vor zwei Jahren solche Super-Bakterien für große Unruhe, nachdem mehrere Patienten in einem Krankenhaus in Los Angeles gestorben waren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...