Deutschland

Brutal abgeräumt: Merkel und Gabriel lehnen direkte Demokratie ab

Die kürzlich aufgekeimte Hoffnung, die Große Koalition könnte sich wegen ihrer Machtfülle für einige Element der Direkten Demokratie erwärmen, ist im Koalitionsvertrag brutal zunichte gemacht worden: Direkte Demokratie wird es in Deutschland unter dieser Regierung nicht geben.
28.11.2013 02:15
Lesezeit: 2 min

Noch vor einigen Tagen hatte ein Papier von Hans-Peter Friedrich für Furore gesorgt. Friedrich hatte mit seinem SPD-Partner Oppermann die Möglichkeit von Volksabstimmungen und ähnlichen Mitwirkungsformen ins Gespräch gebracht (mehr dazu hier).

Davon findet sich nichts in der Koalitions-Vereinbarung wieder.

Der Vertrag macht nicht einmal den Versuch, die Bürger an der politischen Willensbildung zu beteiligen.

Die neuen technologischen Möglichkeiten will die Regierung ausschließlich nützen, um den Bürgern ihre Propaganda einzuträufeln.

Die Passage aus dem Vertrag erklärt sich von selbst.

„Parlament, Regierung und Verwaltung werden die Möglichkeiten der Digitalisierung intensiv nutzen und die interaktive Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft auf barrierefreien Websites ausbauen.

Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung zur Stärkung der Demokratie nutzen. Wir wollen die Informationen über politische Entscheidungen quantitativ und qualitativ verbessern und die Beteiligungsmöglichkeiten für die Menschen an der politischen Willensbildung ausbauen.

Gerade im Vorfeld von Entscheidungen ist früh, offen, umfassend und verständlich zu informieren. Deutschland wird im Rahmen der Digitalen Agenda der EU-Kommission einen Digital Champion benennen. Den Sachverstand und die Meinung der Bevölkerung suchen wir auch über digitale Beteiligungsplattformen, so dass konstruktive und frühzeitige Einflussnahme von Bürgerinnen und Bürgern besser gelingt.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltpolitisch relevanten Entscheidungsprozessen wird gestärkt, ohne die zügige Umsetzung von Planungsvorhaben zu gefährden. Wir wollen bessere Partizipationsformen. (Vorletzte Version: Es wird eine Dialogplattform Naturschutz und Energiewende eingerichtet.)

Verkehrsinfrastrukturprojekte brauchen Akzeptanz und Transparenz. Wir werden deshalb die Bürgerbeteiligung in der Vorphase der Planfeststellung weiter verbessern und hierfür verbindliche Qualitätsstandards gesetzlich festschreiben. (In der vorletzten Fassung stand hier noch: Um die Blockade von Verkehrsprojekten zu verhindern, schaffen wir bei der Übernahme von Kosten, die aus der Bürgerbeteiligung resultieren, Rechtssicherheit)

Wir wollen Bürgerinnen und Bürger und die Akteure der Zivilgesellschaft konsequent in die Diskussion um Zukunftsprojekte und die Ausgestaltung von Forschungsagenden einbinden. Wir wollen neue Formen der Bürgerbeteiligung und der Wissenschaftskommunikation entwickeln und in einem Gesamtkonzept zusammenführen.

Wir wollen die Partizipation Jugendlicher stärken. Wir wollen Anreize zur Stärkung partizipationsfördernder Kommunalpolitik legen. Jugendhilfeausschüsse und Jugendhilfeplanung bieten Ansatzpunkte guter Jugendpolitik. Wir unterstützen das ehrenamtliche und freiwillige Engagement Jugendlicher und wollen für mehr Anerkennung sorgen.“

Unter der neuen Großen Koalition wird es keine signifikante Opposition im Deutschen Bundestag geben. Es wird keine Möglichkeit der Bürger geben, an politischen Entscheidungen mitzuwirken.

Zur Erinnerung: 15 Prozent aller abgegebenen Stimmen bei der Bundestags-Wahl wurden wegen des Wahlrechts unter den Tisch gekehrt (mehr dazu hier).

Die Bundesregierung vertritt definitiv nicht die Mehrheit der Wahlberechtigten.

Doch ihre Machtfülle ist - auch wegen der SPD-Mehrheit im Bundesrat - fast absolutistisch.

Demokratie in Deutschland?

Dazu Kurt Tucholsky (aus „Das Parlament“):

Ob die Funktionäre ganz und gar verrosten --

is ja janz ejal!

Ob der schöne Rudi den Ministerposten

endlich kriegt -- (das wird nicht billig kosten):

is ja janz ejal!

Dein Geschick, Deutschland, machen Industrien,

Banken und Schiffahrtskompagnien --

welch ein schönes Bumstheater ist die Wahl!

Reg Dich auf und reg dich ab im Grimme!

Wähle, wähle! Doch des Volkes Stimme

is ja janz ejal!

is ja janz ejal!

is ja janz ejal--!

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...