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EZB hofiert Weidmann: Staatsanleihen könnten Risiko-Papiere werden

Lesezeit: 2 min
12.12.2013 02:15
Staatsanleihen würden künftig „entsprechend ihrem Risiko“ bewertet, sagt EZB-Chefvolkswirt Peter Praet. Die Banken der Eurozone sollten sie künftig mit Eigenkapital absichern. Mit diesem Schritt könnte die EZB Bundesbank-Präsident Jens Weidmann entgegenkommen, damit die Deutschen die Banken-Union bis Weihnachten wie geplant durchwinken.
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Die EZB will die Banken der Eurozone dazu verpflichten, Kapital für Staatsanleihen vorzuhalten. Die maroden Banken sollen sich nicht weiter mit den riskanten Papieren der Schuldenstaaten belasten.

Diese neue Linie ist eine kleine Reverenz an die Deutschen, die dafür die konfuse EU-Bankenrettung nicht blockiert haben: Bundesbank-Chef Jens Weidmann predigt seit Monaten, dass die Erde rund ist Staatsanleihen als riskante Papiere in den Bilanzen der Banken geführt werden müssen (hier zum Beispiel). Mario Draghi dagegen hat sich öffentlich zuletzt gegen diesen Schritt ausgesprochen (hier).

Vermutlich rechnet Draghi damit, dass die ganze Banken-Abwicklung ohnehin erst 2016 kommen wird und bis dahin über den ESM läuft, die Diskussion also vorläufig eher akademischen Charakter hat.

Die Zentralbank könnte ihre neuen Befugnisse als Bankenaufsicht mit ihrer Rolle als Währungshüter verbinden, indem sie bei Staatsanleihen höhere Anforderungen stellt, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Peter Praet der FT. Bisher galten Staatsanleihen bei der Zentralbank als risikofrei.

Wenn Staatsanleihen „entsprechend dem Risiko, das sie für das Kapital einer Bank darstellen“ behandelt würden, dann wäre es weniger wahrscheinlich, dass die Banken die EZB-Liquidität zum Kauf von noch mehr Staatsanleihen verwenden würden, so Praet.

Wenn es den Banken erschwert wird, Kredite an die Schuldenstaaten der Eurozone zu vergeben, würde die Kreditvergabe weiter zurückgehen. Schon jetzt gibt es Anzeichen für eine Deflation. Sollte sich dieses Problem verschärfen, werde die EZB den Banken eine weitere Runde billiger Kredite bereitstellen, so Praet.

Die Geldpolitik würde „ohne Zögern“ eingesetzt, wenn die EZB-Daten zeigten, dass die Banken die Kreditvergabe weiter einschränkten, sagte Praet. Die EZB würde sicherstellen, dass alle Liquidität dazu genutzt wird, die Kreditvergabe an die Realwirtschaft anzukurbeln, indem sie die Kreditvergabe an Staaten erschwere.

„Sollte die prozyklische Wirkung der Risikobewertung [Asset Quality Review] maßgeblich sein, dann wäre die Geldpolitik in der Lage zu handeln – ohne Zögern und mit der Sicherheit, dass die Nebeneffekte einer Liquiditätsinjektion, die wir 2011 bis 2012 gesehen haben, minimal wären.“

Praet meint die dreijährigen Langzeitkredite (LTROs). Doch was er die „Nebeneffekte“ dieser massiven Liquidität nennt, nämlich die niedrigen Zinsen für die Schuldenstaaten, war doch eigentlich genau das, was die EZB erreichen wollte. Den Zusammenbruch der europäischen Wirtschaft konnte sie dadurch allerdings nicht verhindern.

Indem die EZB die Staatsanleihen bisher als risikofrei einstufte, trieb sie die Banken der Eurozone in eine gefährliche Symbiose mit den Nationalstaaten. So halten etwa die Banken Italiens italienische Staatsanleihen im Umfang von mehr als 350 Milliarden Euro. Müssten sie dafür plötzlich Kapital vorhalten, wären sie auf massive Liquidität von der EZB angewiesen, um zu überleben.


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