Politik

Irland: Restaurants überleben nur mit Dumping-Preisen

Lesezeit: 1 min
10.04.2012 22:39
Irlands Restaurants befinden sich in einer Krise. Gekürzte Löhne veranlassen immer mehr Iren, Zuhause zu essen, statt auszugehen. Sie reagierten mit drastisch gesenkten Preisen, aber die Gäste nehmen nicht zu und die Umsätze gehen dadurch weiter zurück.
Irland: Restaurants überleben nur mit Dumping-Preisen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In ganz Irland haben die Gastronomen aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage und fehlender Kunden die Preise konsequent gesenkt, um wieder Iren zum Restaurant-Besuch zu bewegen und eine Pleite zu vermeiden. Irland als Mitglied der gemeinsamen Währung verfügt über kein eigenes Zahlungsmittel, das man abwerten könnte, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. Die Folge ist eine branchenspezifische Deflation, die allerdings bisher nicht wirklich mehr Kunden bewirkt, wohl aber einen deutlichen Rückgang im Umsatz. Ein Bild, das sich auch bei Hoteliers, Einzelhändlern und den meisten anderen verbraucherabhängigen Unternehmen abzeichnet.

Die durchschnittlichen, wöchentlichen Löhne sind in Irland seit 2008 um 4,3 Prozent auf 689.54 Euro im dritten Quartal gesunken. Das verfügbare Einkommen ist gering – das spüren die Restaurants. In den vergangenen zwei Jahren sind etwa 500 der 1.500 Restaurant in Irland geschlossen worden, so Adrian Cummins, Geschäftsführer des Restaurantverbandes in Irland. Etwa 80 Prozent der irischen Restaurants werden derzeit mit Verlust betrieben. Die Preise für ein Menü sind in den vergangenen drei Jahren um mehr als 20 Prozent gesunken. „Es ist ein Wettlauf nach unten", sagt Adrian Cummins. „Der Preis wird ständig reduziert, um den Geldfluss und die Überlebensfähigkeit zu sichern, aber auf lange wirst du so keinen Profit machen."

Martine McDonagh betreibt in Galway an der irischen Küste ein Restaurant. 2008 kostete ein Neun-Unzen-Steak (rund 255 Gramm) noch 35 Euro – nun zahlt man 28 Euro. Einen Mittagstisch gibt es nicht mehr. Die Iren verzichten mittlerweile oft darauf, zu einem Mittagstisch zu gehen, deswegen wird er hier auch nicht mehr angeboten. Martine McDonagh hat auch alle anderen Preise stark gesenkt, um Kunden wieder in sein Restaurant zu locken. „Wir haben alles zusammengestrichen. Ich weiß nicht, wie lange wir das weiterhin tun können."

Das Problem für die Restaurant-Besitzer und die anderen verbraucherabhängigen Unternehmen sind jedoch nicht nur die fehlenden Kunden. Im Gegensatz zu den Preisen sind die Betriebskosten nicht zurückgegangen. Viele müssen Hypotheken abbezahlen, die sie vor der Krise 2008 aufgenommen haben und die Preise für importierte Lebensmittel sind ebenfalls gleich geblieben oder sogar gestiegen. Und das Verkaufen von Immobilien ist in Irland derzeit ebenfalls kaum zu normalen Preisen möglich.

Die einzige Erleichterung brachte bisher die Senkung der Mehrwertsteuer für die Hotel- und Tourismusbranche von 13,5 Prozent auf neun Prozent. „Das ist der einzige Grund, warum wir in diesem Jahr noch im Geschäft sind", sagt Martine McDonagh. Aber die weiter sinkenden Umsätze werden durch die einmalige Senkung der Mehrwertsteuer auf Dauer nicht ausgeglichen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

 

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kann Automatisierung die deutsche Industrie retten?
26.12.2024

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit Fachkräftemangel und explodierenden Kosten. Wie können Automatisierung und Robotik diese...

DWN
Politik
Politik Wahlforscher Jung: Die Union hat ein "Merz-Problem" - und Habeck eine gute Chance
26.12.2024

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Unionskandidat Merz der nächste deutsche Bundeskanzler wird, sagt Wahlforscher Matthias Jung. Doch er...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Fünf Jahre Corona: Als Covid-19 die Welt in den Stillstand zwang
26.12.2024

Lockdowns, Masken, Grenzschließungen: Fünf Jahre nach dem Auftauchen der ersten Covid-19-Fälle hat die Corona-Pandemie weltweit ihre...

DWN
Politik
Politik Chaos und Dutzende Tote in Mosambik nach Wahlergebnis
26.12.2024

Seit der Verkündung des Wahlsiegs der Regierungspartei kommt es zu immer blutigeren Unruhen. Demonstranten befreien Gefangene und...

DWN
Immobilien
Immobilien In Life-Science-Immobilien investieren: Tipps für den Einstieg in die neue Assetklasse
26.12.2024

Immobilien in der Life-Sciences-Branche sind höchst spezialisiert und komplex - und für Investoren ein besonders spannender...

DWN
Politik
Politik Biden setzt Zeichen: Todesurteile werden zu lebenslangen Haftstrafen umgewandelt
25.12.2024

Der scheidende US-Präsident Joe Biden positioniert sich klar gegen die Todesstrafe auf Bundesebene. Sein Nachfolger Donald Trump vertritt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft DWN-Interview: Hat Deutschlands Bergbau eine Zukunft?
25.12.2024

Deutschlands Bergbau steckt in einer kritischen Phase: Das Land verfügt über wertvolle Rohstoffe und ist in Bergbautechnologien führend....