Politik

Studie: Deutschland wäre der größte Verlierer bei Zerfall der Euro-Zone

Lesezeit: 2 min
13.07.2012 23:23
Ein Verlassen der gemeinsamen Währung hätte für Deutschland etliche negative Folgen, wie die Bank of America in einer Kosten-Nutzen-Analyse veranschaulicht. Ein Austritt wäre hier folgenreicher als beispielsweise bei Griechenland. Italien könnte sogar davon profitieren, die gemeinsame Währung zu verlassen. Das engt den Verhandlungsspielraum für Deutschland ein.
Studie: Deutschland wäre der größte Verlierer bei Zerfall der Euro-Zone

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Italien und Irland haben theoretisch den größten Anreiz, den Euro zu verlassen, was für Deutschland, wenn es den Austritt von Mitgliedsländern verhindern will, nur einen beschränkten Spielraum zulässt. Das geht aus einem Bericht der Bank of America Merill Lynch hervor, bei der die Devisenstrategen David Woo und Athanasios Vamvakidis anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse und der Spieltheorie sich mit den Folgen eines Austritts beschäftigt haben.

Die Analyse weist darauf hin, dass Investoren „vielleicht den freiwilligen Austritt eines oder mehrerer Länder“ aus der gemeinsamen Währungsunion „unterschätzen“, heißt es in dem Bericht. „Unsere Analyse liefert einige überraschende Ergebnisse, die auch für den Leser interessant sind, der unserer Schlussfolgerung nicht zustimmt.“ Die Studie kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone, eine bessere Chance hat, einen geordneten Austritt zu erreichen als viele andere Euroländer. Und Italien könnte davon sogar profitieren: Es käme zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, des Wirtschaftswachstums und auch die Bilanzen des Staates würden sich verbessern.

Zwar wird Deutschland als die Nation betrachtet, der es am leichtesten gelingen würde, die Eurozone geordnet zu erlassen, aber es ist auch das Land mit dem geringsten Anreiz dieses zu tatsächlich zu tun, so die Studie. Ein Austritt würde David Woo und Athanasios Vamvakidis zufolge das deutsche Wachstum schwächen, möglicherweise die Finanzierungskosten erhöhen und auch einen negativen Einfluss auf die Bilanzen haben. Österreich, Finnland und Belgien haben ebenfalls keinen wirklich nachvollziehbaren Grund, den Euro zu verlassen. Und Spanien hat unter den Ländern, die am stärksten von der Krise betroffen sind, den geringsten Grund für einen Austritt, so die Devisenstrategen der Bank of America.

Die Analyse untersuchte elf der 17 Euroländer im Hinblick darauf, wie leicht ein geordneter Austritt vollzogen werden könnte und wie sich ein solcher Schritt auf das Wirtschaftswachstum, die Zinsen und die Bilanzen des jeweiligen Landes auswirken würde. Daraus ergab sich eine entsprechende Bewertung. Je niedriger die erreichte Punktzahl, desto mehr könnte das Land von einem Austritt profitieren. So erhielten beispielsweise Irland und Italien eine durchschnittliche Bewertung von 3,5 Punkten, während Griechenland 5,3 Punkte erreichte und Deutschland die höchste Punktzahl von 8,5 Punkten aufwies.

David Woo und Athanasios Vamvakidis von der Bank of America Merill Lynch folgern daraus, dass Deutschlands Möglichkeiten, Italien von einem Austritt abzuhalten, stark eingeschränkt sind. Italien würde von einem Austritt profitieren. Aufgrund der Größe Italiens könnte der Studie zufolge die in Aussicht gestellte Hilfe für Italien, um einen Austritt zu verhindern, für Deutschland letztlich zu teuer sein. Zumal die Italiener unter diesen Umständen nicht so leicht Bedingungen und Forderungen im Gegenzug akzeptieren würden. Dementsprechend sei Deutschlands Einflussnahme nicht so groß wie eigentlich gedacht.


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Fast 75 Millionen Euro aus Erbe von Fiat-Chef Agnelli-beschlagnahmt
20.09.2024

Die Agnellis gehören seit Jahrzehnten zu den reichsten Familien Italiens. Nach dem Tod des Patriarchen gibt es einen erbitterten...

DWN
Politik
Politik Bund will keine weiteren Commerzbank-Aktien verkaufen - Verdi-Protest war erfolgreich
20.09.2024

Die italienische Unicredit hat sich an der Commerzbank beteiligt und möchte das deutsche Bankhaus sogar in Gänze übernehmen. Die...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Sars-CoV-2 stammt vermutlich von Wildtieren
20.09.2024

Der Ursprung der Corona-Pandemie ist rätselhaft. Einer weiteren Studie zufolge stammt das Virus wohl von Wildtieren und nicht aus einem...

DWN
Politik
Politik Laut Studie des Instuts der Wirtschaft sind im Handwerk 113.000 Stellen derzeit unbesetzt
20.09.2024

Das Handwerk stirbt aus. Laut einer neuen Studie bleiben derzeit tausende Stellen in deutschen Handwerksbetrieben unbesetzt – mit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz: Südwestdeutscher Autozulieferer entlässt alle Mitarbeiter
20.09.2024

In der deutschen Autobranche kriselt es gewaltig: Immer mehr Zulieferer gehen mit unter. Aktueller Fall ist die Insolvenz der Federnfabrik...

DWN
Politik
Politik Wer die Strippen zieht? Führen aus der zweiten Reihe hat bei der AfD Tradition
20.09.2024

Wer gibt in der AfD den Ton an? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Denn anders als bei der CDU oder den Grünen ist in der AfD...

DWN
Politik
Politik Verband fordert vor Autogipfel günstigeren Ladestrompreis
20.09.2024

Es kriselt in der deutschen Autobranche. Vor einem Spitzentreffen bei Minister Robert Habeck (Grüne) macht der Branchenverband deutlich,...

DWN
Politik
Politik Sorge vor umfassendem Krieg zwischen Israel und Hisbollah
20.09.2024

Alle Appelle verpuffen. Israel und die proiranische Hisbollah-Miliz im Libanon kündigen weitere Kämpfe an. Die Sorge vor einer möglichen...