Immobilien

Mehr Tempo und neue Chancen? Wie 3D-Druck den Hausbau verändert

Hausbau aus dem 3D-Drucker: Die Technologie steht noch am Anfang. Doch viele sehen darin große Chancen für den Wohnungsbau – und in Zukunft auch für einen Wiederaufbau nach einer Katastrophe.
11.02.2022 11:59
Aktualisiert: 11.02.2022 11:59
Lesezeit: 2 min
Mehr Tempo und neue Chancen? Wie 3D-Druck den Hausbau verändert
Ein Haus aus dem Drucker? Nicht mehr unmöglich. (Foto: iStock.com/cybrain) Foto: cybrain

Druckzeit statt Bauzeit, Zweierteam statt Baukolonne, Betonschichten aus einer Riesenpumpe statt Stein-auf-Stein. In Deutschland stehen seit vergangenem Jahr die ersten zwei Wohnhäuser, die mit einem 3D-Betondrucker errichtet wurden, in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Als bundesweite Premiere hat der Bauzulieferer Peri ein zweigeschossiges Einfamilienhaus im westfälischen Beckum präsentiert.

Doch gibt es dabei auch Potenziale für Hochwasserschutz und schnellen Wiederaufbau – Themen, die nach der Flut für viele Hausbesitzer in den Fokus gerückt sind?

Beim „Hausdruck“ trägt ein 3D-Drucker aus einer gewaltigen Düse Beton und Spezialmörtel digital gesteuert in zentimeterdicken Schichten auf. Das Haus in Beckum hat das Architektur- und Ingenieurbüro Mense-Korte in monatelanger Arbeit entworfen. Gedruckt hat es Peri dann aber in nur 100 Stunden. Es ist noch Ausstellungsprojekt, später soll eine Familie einziehen. Das Land NRW fördert das Projekt und hofft, dass sich der Herstellungsprozess auf dem Markt etabliert, zu mehr Wohnraum führt.

Als zweites Projekt gestartet, aber nun schon bewohnt, ist das laut Peri größte gedruckte Mehrfamilienhaus in Europa. Im bayerischen Weißenhorn-Wallenhausen (Landkreis Neu-Ulm) brauchte es für das Fünfparteienhaus mit drei Stockwerken nur etwa fünf Minuten pro Quadratmeter doppelschalige Wand, schildert Peri. Bedient werde der Drucker in dem Verfahren von zwei Personen. Aussparungen etwa für Anschlüsse und Leitungen seien eingeplant.

Enorme Zeitersparnis

Architekt Waldemar Korte glaubt, dass der 3D-Druck weite Verbreitung finden wird. Damit könne „der gesamte Wohnungsbau vom Einfamilienhaus über dreigeschossige Bürobauten bis hin zu Zwölf-Parteien-Mehrfamilienhäusern gebaut werden“. Die Stabilität sei groß. Sieht er Chancen für Wiederaufbaumaßnahmen wie etwa nach der Flut vom Juli 2021? „Definitiv“, sagt Korte. Obwohl es sich um eine noch neue Technologie handele, sei schon jetzt im Vergleich zu anderen massiven Bauweisen eine Zeitersparnis von rund 30 Prozent denkbar.

Martin Krause vom Institut für Baubetriebswesen an der TU Dresden forscht seit 2014 zum Beton-3D-Druck – zusammen mit Experten für Baustoffe und der Stiftungsprofessur für Baumaschinen. „Weltweit gibt es die Vision und Hoffnung, damit Häuser in Katastrophenregionen schnell wieder aufzubauen.“ Der Wissenschaftler sieht „sehr erfolgversprechende Anwendungspotenziale für langfristige Schutzmauern gegen Hochwasser“. Allerdings eigneten sich solche massiven Mauern nicht für einen temporären Einsatz – also nicht für mobile Schutzwände, sondern für nachhaltigen Schutz vor Wassermassen.

Drucker statt Fachkräfte?

Und beim Hausbau? „Mit unserem vollwandigen Verfahren Con-Print-3D können wir im Vergleich zum herkömmlichen Mauerwerksbau etwa dreimal so schnell bauen. Und wir sind fünf- bis sechsmal schneller als der Stahlbetonbau“, sagt Krause. Bei der Stabilität sieht er keine Unterschiede. Aktuell entwickle man auch druckfähige Betonrezepturen, die einen möglichst geringen C02-Fußabdruck haben. Bei der Technologie Con-Print-3D rechnet er vorsichtig mit einer Marktreife binnen fünf bis zehn Jahren. Die Branche steuere auf große Veränderungen zu. „Den Umbruch hin zu Digitalisierung und Automatisierung von Bauverfahren brauchen wir auch, um trotz des Fachkräftemangels effizient auf den Baustellen zu sein.“

Ähnlich hatte dazu der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes von einer Chance gesprochen, die angespannte Baubranche zu entlasten. Der Vorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, sagt der dpa: „Gerade in den Sektoren bezahlbares Wohnen und sozialer Wohnungsbau haben wir ein großes Defizit in Deutschland, da könnte der 3D-Drucker hilfreich sein.“ Es müsse aber sichergestellt werden, dass die Beschäftigten bei Qualifizierungsprozessen mitgenommen würden. „Der Maurer von heute müsste morgen den Computer bedienen können, um das Haus zu bauen.“

Ein Peri-Sprecher betont, man habe auch in den USA schon ein erstes Haus gedruckt und weitere Projekte in der Pipeline. Und wie wohnt es sich in so einem gedruckten Haus? In Wallenhausen ist Mieterin Annika vor einigen Wochen in eine 60-Quadratmeter-Wohnung eingezogen. „Es riecht etwas stärker nach Beton als sonst in noch neuen Häusern. Und es hallt auch ein bisschen“, erzählt die 27-Jährige. Der Mietpreis sei „normal“. Ihr gefalle die Rillen-Optik an den Außenwänden. „Innen ist alles verputzt.“ Das erste Wohngefühl sei positiv. „Es ist etwas ganz Neues. Und ich habe großes Vertrauen, dass die Wände genauso stabil sind wie in einem normalen Haus.“ (dpa)

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Immobilien Neu Gedacht

***

Immobilien-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und beschäftigt sich mit den Themen Hauskauf und Hausbau in allen Facetten.

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell: Der arme Cousin des Goldes – warum die Silber-Preisentwicklung nicht mitzieht
12.04.2025

Während der Goldpreis zuletzt neue Allzeithochs erklomm und Investoren in aller Welt in seinen sicheren Hafen strömten, hat sich der...

DWN
Technologie
Technologie Big Tech: Trumps Zolloffensive könnte Europas Abkopplung von US-Giganten auslösen
12.04.2025

Die jüngsten Schritte der US-Regierung unter Donald Trump, die erneut protektionistische Zölle gegen Europa verhängte, könnten die...

DWN
Politik
Politik Fake News: Meta beendet Faktencheck in den USA - in Europa geht die Überprüfung weiter
12.04.2025

Mit dem Faktenprüfungs-Programm ging Meta gegen sogenannte Falschinformationen auf seinen Plattformen vor. US-Nutzer können jetzt selbst...

DWN
Technologie
Technologie Strom aus Solaranlagen: Weltweit immer mehr Stromgewinnung aus Sonnenlicht
12.04.2025

Sonnenstrom boomt global, der Anteil an der Stromerzeugung ist 2024 stark angestiegen – laut einer Analyse der britischen Denkfabrik...

DWN
Politik
Politik Ukraine Krieg: Neues NATO-Hauptquartier in Wiesbaden in Militäreinsätze verwickelt?
12.04.2025

Der ehemalige ukrainische Oberbefehlshaber und heutige Botschafter in Großbritannien, Walerij Saluschnyj, hat bestätigt, dass die Ukraine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Sekthersteller Rotkäppchen-Mumm: Vom ostdeutschen Sanierungsfall zum Marktführer
11.04.2025

Rotkäppchen-Mumm entwickelt sich wertmäßig bei Schaumwein und Wein deutlich über dem Marktniveau. Der Marktanteil ist mit 38 Prozent so...

DWN
Politik
Politik Trump Zölle gegen EU-Handelsbarrieren richtig: EU drohe sonst Öko-Sozialismus
11.04.2025

Mit provokanten Aussagen zu Trumps Zöllen überrascht Václav Klaus (83), Ex-Präsident der Tschechischen Republik und prominenter...

DWN
Politik
Politik Treffen mit Putin dauert noch an - Gespräch mit US-Sondergesandten Witkoff noch ohne offizielle Ergebnisse
11.04.2025

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff ist nach Russland gereist und in St. Petersburg gelandet. Treffen zwischen Russlands Präsident...