Deutschland

Gerichtsurteil: IHK-Zwangsbeiträge sind rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Koblenz erklärt die IHK Beiträge für Unrecht. Die IHK habe "unzulässige Vermögensbildung" in Millionenhöhe betrieben. In Hamburg wollen Unternehmer die IHK von Innen heraus reformieren. Ihr Ziel ist die Abschaffung des Zwangsbeitrags und mehr Transparenz.
14.01.2014 00:17
Lesezeit: 2 min

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Das Verwaltungsgericht Koblenz urteilte, dass die IHK Mitgliedsbeiträge rechtswidrig seien. Dies berichtet die Rhein-Zeitung. Grund für das Urteil sind die Millionenrücklagen der IHK, bei denen es sich um eine Form der „unzulässigen Vermögensbildung“ handele. Die Rücklagen speisen sich zum großen Teil aus den Mitgliedsbeiträgen. Die Firma [ITC.Logistic.Group] hatte dagegen geklagt und nun Recht bekommen. Der von der IHK geforderte Beitrag sei „sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach rechtswidrig“.

Dem Urteil zufolge habe die IHK das „unzulässig gebildete Vermögen in Gestalt von Rücklagen“ von einem Jahr zum nächsten übertragen. Dadurch wurde das Geld nicht komplett zur Deckung der Kosten eingesetzt und somit nicht „allen Kammermitgliedern zugutegekommen“, wie die Richter sagten. Dies sei „Aber tatsächlich nicht geschehen – mit der Folge, dass die übrigen Kammermitglieder zu Beiträgen für diese Jahre mit inzwischen bestandskräftigen Bescheiden herangezogen wurden“, so die Richter weiter. Das Gericht hat in diesem Fall (AZ 3K 121/12.KO) Berufung zugelassen.

Dagegen klagte die [ITC.Logistic.Group] aus Koblenz. Sie argumentierte, dass die IHK ihre Beiträge auf Grund der hohen Rückstellungen nicht benötige und bekam Recht. Der Bundesverband für freie Kammern (BFFK) schätzt die Überschüsse der IHK Koblenz auf etwa 22 Millionen Euro.

"Die vielen Skandale der vergangenen Jahre in der IHK-Bürokratie sind ein deutliches Signal dafür, dass im System IHK, im System wirtschaftliche Selbstverwaltung, gründlich etwas schiefläuf.", sagt Kai Boeddinghaus, Geschäftsführer des BFFK, in einem Artikel der Rhein-Zeitung. Boeddinghaus wirf den Verantwortlichen der Kammern zudem eine „Selbstbedienungsmentalität“ vor. Gestützt wird diese Aussage von den jüngst eingeleiteten Ermittlungen gegen den Präsidenten der IHK Brandenburg (mehr zum Ermittlungsverfahren lesen Sie hier).

Auch in Hamburg formiert sich zunehmend Widerstand gegen die Zwangsbeiträge der IHK. Die dortige Handelskammer gehört mit 170.000 Unternehmen zu einem der größten Wirtschaftsverbände Deutschlands. Rund ein Dutzend Unternehmer will die IHK dort von Innen reformieren. Ihr erklärtes Ziel ist, die Zwangsbeiträge abzuschaffen und die Kammern transparenter zu gestalten, wie das Manager Magazin berichtet.

Angeführt wird die Gruppe vom Hamburger Unternehmer Tobias Bergmann.

„Wir organisieren einen Marsch durch die Institutionen. Uns geht es dabei nicht um einzelne Personen, wir stellen Grundsätze in Frage, wie die Kammern heute arbeiten, zum Beispiel das System der Zwangsabgaben und die Intransparenz bei den Bezügen“, sagte Bergmann.

Bergmann fordert eine Reform der Kammern. Sie müssten weniger bürokratisch und dafür effizienter werden.

„Die Kammer hortet heute Geld. We want our money back. Ich zahle als Unternehmen mit 30 Mitarbeitern eine satte vierstellige Summe im Jahr. Ihre Aufgaben kann die Kammer auch mit einem deutlich geringeren Beitrag erfüllen“, so Bergmann weiter.

Die IHK gerät immer wieder durch Verschwendung von Mitgliederbeiträgen und Steuergeldern in die Kritik. So ließ sich die IHK Hochrhein-Bodensee den Bau eines neuen Bildungszentrums trotz stattlicher Reserven mit vier Millionen Euro Steuergeldern subventionieren (mehr zu diesem Skandal lesen Sie hier).

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