Finanzen

Österreichs Gemeinden: 20 Milliarden Euro versteckte Schulden

Die österreichische Schuldenkommission hat neue Milliarden-Schulden bei den Kommunen ausgemacht: Verkehrsbetriebe, Infrastruktur und Kultureinrichtungen belasten den Haushalt, ohne dass dies offiziell ausgewiesen wird. Vor allem die Gemeinde Wien weist beträchtliche inoffizielle Schulden aus.
13.07.2012 23:12
Lesezeit: 1 min

Österreichische Städte und Gemeinden haben 20 Milliarden Euro versteckter Schulden. In den Bilanzen der Verwaltungen werden diese Schulden nicht vollständig ausgewiesen, weil sie zum größten Teil bei Betrieben angefallen sind, die ausgelagert wurden. Dies hat die Schuldenkommission des Bundes ermittelt. Die Untersuchung, die nun veröffentlicht wurde, dürfte dabei noch nicht einmal alle Schulden aufgedeckt haben. Denn die Bundeshauptstadt wurde bei den Berechnungen erst gar nicht miteinbezogen.

„Die außerbudgetären Verschuldung der Kommunen hat wahrscheinlich eine bedeutende Größenordnung erreicht“, schreiben die Autoren der Studie Eva Hauth und Bernhard Grossmann. Den Unternehmen, die nicht dem öffentlichen Budget zugerechnet werden und dennoch von Gemeinden kontrolliert werden, haben einen starken Einfluss auf deren Haushalt.

Die 20 Milliarden Euro setzen sich aus mehreren Positionen zusammen, die bei der herkömmlichen Bilanz nicht beachtet werden. Demnach verursachen Einrichtungen wie Theater, Museen und Krankenhäuser Mehrkosten von bis zu zehn Milliarden Euro. Der Betrieb von Infrastruktur-Unternehmen kostet die Gemeinden knapp acht Milliarden Euro mehr als ausgewiesen und Vereine und Verwaltungsgemeinschaften sorgten für einen weiteren Ausgabeposten in der Höhe von 2,1 Milliarden Euro.

Der Schuldenkommission zufolge müssten die 20 Milliarden Euro, die in ihrer Untersuchung ermittelt wurden, der offiziellen Gemeindeverschuldung noch angerechnet werden. Den Bilanzregeln der EU zufolge haben die Gemeinden 4,6 Milliarden Euro Schulden. Damit würden die Gemeinden insgesamt 24,6 Milliarden Euro Schulden verursachen. Der Schuldenstand der Bundeshauptstadt Wien beträgt wiederum vier Milliarden Euro. Stünde die inoffizielle Verschuldung Wiens im Verhältnis zu der Verschuldung der anderen österreichischen Gemeinden, würde noch einmal ein beträchtlicher Betrag dazukommen.

Für die Bundesregierung könnte dies ein erhebliches Problem darstellen. Wegen der Verstaatlichung der beiden Banken KA Finanz AG und der Österreichische Volksbanken AG wird das Defizit in diesem Jahr etwa drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen. Im Vorjahr lag es noch bei 2,6 Prozent. Die Staatsverschuldung wird im Jahr 2012 74,7 Prozent erreichen und sich damit noch weiter von den Maastricht-Kriterien entfernen. Streng genommen müsste nun auch die verdeckte Verschuldung der Gemeinden in die Berechnung der Staatsverschuldung einfließen. Damit würden die Schulden noch einmal um 6,7 Prozent gemessen am BIP steigen – und dabei wären die inoffiziellen Schulden Wiens noch gar nicht hinzugrechnet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...

DWN
Technologie
Technologie Huawei schockt die Konkurrenz: 3000-Kilometer-Batterie stellt alles Bisherige in den Schatten
01.08.2025

Huawei greift nach der Technologieführung im Batteriezeitalter: Mit 3000 Kilometern Reichweite und fünf Minuten Ladezeit droht der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollroulette: Die Weltwirtschaft tanzt nach seiner Pfeife
01.08.2025

Donald Trump zündet die nächste Eskalationsstufe im globalen Wirtschaftskrieg – mit Zöllen, Chaos und Drohgebärden. Experten sprechen...

DWN
Politik
Politik Boomer-Soli: Rentensystem soll stabiler werden – und reiche Rentner sollen zahlen
01.08.2025

Reiche Rentner sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden – so die Idee eines "Boomer-Soli". Ein Vorschlag, der das Rentensystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Industriestimmung hellt sich erneut auf
01.08.2025

Die Industrie der Eurozone sendet erste Hoffnungszeichen – doch es bleibt ein fragiles Bild. Während kleinere Länder überraschen,...