Der Plan für die europaweite Bankenabwicklung stößt im EU-Parlament auf Ablehnung. Mit einem Rechtsgutachten, das von Sven Giegold, Mitglied der Grünen im Europaparlament, in Auftrag gegeben wurde, möchten Teile des EU-Parlaments das Vorhaben ausbremsen. Der Grund sei, dass die Mitgliedsstaaten die Bankenunion – insbesondere die Kriterien zur Abwicklung maroder Banken – am EU-Parlament vorbei ausschließlich auf Regierungsebene verhandeln wollen. Dies laufe dem fundamentalen EU-Recht zuwider.
Eine Gruppe hochrangiger Parlamentarier hat mitgeteilt, dass man sich eine größere Haftungssumme erwarte - und damit einen größeren Beitrag Deutschlands. Der aktuelle Mini-Kompromiss geht vor allem auf das Bremsen Deutschlands zurück. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fürchtet, dass noch die eine oder andere europäische Großbank in eine Schieflage geraten könnte.
Erst vor einigen Tagen hat der ehemalige UniCredit-Chef und nunmehrige Aufseher der Monte dei Paschi, Alessandro Profumo vor einem Banken-Crash in Italien gewarnt (hier).
Der Versuch der Finanzminister, diese zentrale Frage lediglich zwischenstaatlich und ohne angemessene Beteiligung des EU-Parlaments zu verhandeln, könne so nicht hingenommen werden, sagt Sven Giegold. Die Ausgestaltung der Bankenunion drohe, zu einem großen Demokratie-Rückschritt in Europa zu werden.
Eine weitere Kritik bezieht sich auf den Bankenfonds, den die teilnehmenden Banken noch auffüllen müssen. Der Fonds soll ab dem Jahr 2016 eingerichtet werden und über zehn Jahre insgesamt 55 Milliarden Euro sammeln. Giegold beanstandet, dass die Staatshaushalte noch zehn Jahre für ihre Banken gerade stehen müssten.
Die EU-Finanzminister billigten Ende Dezember eine Blaupause für einen gemeinsamen Mechanismus zur Bankenabwicklung (SRM) und den Bankenabwicklungsfonds in Höhe von 55 Milliarden Euro. So wollen sie das Vertrauen in die europäischen Banken wieder herstellen. Denn auch ausländische Kapitalanleger haben in europäische Banken investiert. Sie drängen auf eine schnellere Umsetzung.
US-Finanzminister Jack Lew sagte am Donnerstag: „Wir glauben nicht, das der Fonds dem Volumen nach groß genug ist. Und wir glauben nicht, dass er schnell genug eingerichtet ist“, berichtet die Financial Times.
Noch ist vollkommen unklar, ob die Banken der zahlungskräftigen Länder den Fonds füllen und ob die Banken der Krisen-Staaten überhaupt etwas zum Fonds beitragen müssen. Dabei ist umstritten, ob die Größe der Bank eine Rolle spielt oder ihr Risikoprofil.
Mitte Dezember war ein Brief von Finanzminister Wolfgang Schäuble an einige seiner Kollegen durchgesickert, wonach die angedachte Verfahrensweise wieder aufgelöst werden könnte. Deshalb herrscht nun offenbar Verwirrung über die Verwendung der Gelder der Steuerzahler, wenn der „einzige Krisenfonds“ ausgeschöpft ist.
Womöglich ist mit dem „einzigen Krisenfonds“ ja auch der ESM gemeint, denn die Abwicklung von Zombiebanken soll im nächsten November beginnen, nachdem die Bankenaufsicht durch die EZB in Kraft tritt. (Eine Zombiebank ist definiert als ein Institut, das eigentlich insolvent ist, jedoch weiterhin Bankgeschäfte ausübt und auf die Unterstützung der EZB angewiesen ist.)
Leitlinien sehen vor, dass die direkte Bankenkapitalisierung aus dem ESM auf maximal 60 Milliarden Euro begrenzt wird. Jedoch ist seit langem in der Diskussion, dem ESM eine Tochtergesellschaft zuzuordnen, die ihrerseits auf dem Markt Kredite aufnehmen kann (mehr hier).
Bis der angedachte Bankenfonds mit 55 Milliarden Euro vollständig gefüllt ist, vergehen noch 12 Jahre. In den ersten Jahren dürfte er nur einige Milliarden Euro ansammeln – sofern sich die großen und zahlungskräftigsten Banken überhaupt dazu bereit erklären, diesen Topf freiwillig und allein zu bestücken (hier).
Allerdings gibt es Forderungen aus dem Europaparlament, das „Gegenseitigkeitsprinzip des Fonds zu beschleunigen“, wonach der Bankenfonds statt im Jahr 2026 bereits in 2018 gefüllt sein soll. Auch hier ist vorgesehen, mit dem bereits von Banken eingezahlten Kapital am Markt „Kreditlinien“ aufzunehmen, um für die Abwicklung von Zombiebanken entsprechendes Kapital zur Verfügung zu stellen.
Ob das ausreicht, ist zweifelhaft. Schließungen oder Abwicklungen von Banken kosten enorme Summen. Die Banken sind untereinander so stark vernetzt, dass Verluste des einen Instituts auch die Verluste der anderen Bankhäuser bedeuten.
Wie dann einzelne Banken abgewickelt werden können ohne „Rettungsgelder“ aus dem ESM in Anspruch zu nehmen – wobei absehbar ist, dass 60 Milliarden bei weitem nicht ausreichen werden und auch die Hebelungen einer ESM-Tochter nicht – dieser Frage stellen sich die Europaparlamentarier nicht.