Politik

Bundesbank will prüfen: Sparkassen unter Druck

Weil die EZB ihre Niedrigzinspolitik beibehält, treiben die Sparkassen und Volksbanken nach Medienberichten auf eine Krise zu. Eine Studie zeigt, dass der brutale Verdrängungswettbewerb der internationalen Großbanken nun auch das Geschäftsmodell der Regionalbanken bedroht. Die Bundesbank will die Lage der Sparkassen nun überprüfen.
19.01.2014 11:38
Lesezeit: 3 min

Eine Studie des Wirtschaftsprofessors Bernd Nolte, Chef der Beratungsfirma 4P Consulting, kommt zu der Einschätzung, dass in naher Zukunft vier Faktoren den Regionalbanken – also den Volksbanken und Sparkassen – große Schwierigkeiten bereiten werden.

Darunter sollen der scharfe Wettbewerb innerhalb der Bankbranche und der damit verbundene Preisdruck fallen. Denn sogenannte ausländischen „Direktbanken“ mit deutschen Online-Filialen arbeiten erheblich kostengünstiger, da sie mit weniger Angestellten auskommen. Die Sparkassen und Volksbanken dagegen sind gesetzlich dazu verpflichtet, ausreichendes Personal in den Filialen vor Ort zu beschäftigen. Zu viele Mitarbeiter müssten sich um Service und Beratung kümmern.

Beratung und Service sowie ein umspannendes Filialnetz gehören zum Markenzeichen der Sparkassen und Volksbanken.

Des Weiteren müssten sich die Regionalbanken künftig auf strengere Regeln bei der Finanzaufsicht einstellen. Selbst wenn sie absehbar nicht unter der Aufsicht der europäischen Bankenaufsicht stehen, so dürften die europäischen Regeln auch von der BaFin eingefordert werden, die die Regionalbanken beaufsichtigen. Dies habe zur Folge, dass sie im Verhältnis zu ihren einzelnen, oft auch kleinen Filialen, hohen bürokratischen Aufwand und in diesem Sinne mehr Personal aufwenden müssten, um die neuen Vorschriften zu erfüllen.

Letztendlich soll dies zu einer deutlichen Reduzierung des Verhältnisses von Kosten und Ertrag führen. Laut der Studie wendet jede dritte Sparkasse oder Volksbank 74 Cent auf, um einen einzigen Euro einzunehmen.

Die Analyse, die annähernd 300 Sparkassen und Volksbanken unter die Lupe nahm, kam zu dem Ergebnis, dass in vier Jahren beinahe zwei Drittel der Sparkassen und Volksbanken wegen hoher Kosten und reduzierter Erträge nicht mehr konkurrenzfähig sein dürften. Schon jetzt seien etwa 35 Prozent der Regionalbanken kaum noch konkurrenzfähig.

Der dritte Faktor sei, dass die Einlagen der Banken wegen der Niedrigzinspolitik der EZB nur zu Mini-Zinssätzen angelegt werden können. Dadurch fielen die Margen (eine Marge ist die Differenz zwischen Kunden- und Refinanzierungszinssatz) geringer aus. Dazu käme, dass die Kunden wegen den niedrigen Zinsen ihre Gelder nur kurzfristig anlegten, um gegebenenfalls auf lukrativere Angebote bei anderen Banken umzusteigen.

Viertens spielten Darlehen eine Rolle. Vor allem Geschäftskunden nähmen bei Krediten gern längere Laufzeiten in Anspruch und argumentieren bei Kreditverhandlungen mit den günstigen Leitzinssätzen der EZB.

Die öffentlich-rechtlichen Regionalbanken leben jedoch vor allem vom Kreditgeschäft und mischen nicht, wie etwa Privatbanken bei Fusionen und Übernahmen mit, die beträchtliche Gewinne bescheren.

Indessen überprüft die Bundesbank die „Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells deutscher Regionalinstitute“, berichtet das Handelsblatt.

Dagegen gab der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) bekannt, dass die „Berechnungen von Beratungsgesellschaft zu Regionalbanken in wesentlichen Teilen sachlich falsch“ sei. Auch wendet sich der Giroverband dagegen, dass die Studie nicht von Sparkassen oder ihren Verbänden beauftragt worden sei. Sie sei in „wesentlichen Teilen sachlich falsch und in den Schlussfolgerungen maßlos übertrieben. Schon die Beschreibung der Ausgangssituation ist grob fehlerhaft. So werden beispielsweise Geschäftssegmente als defizitär angesehen, die auch nach Abzug von Risikokosten für die Institute profitabel sind“.

Auf Nachfragen der Deutschen Wirtschaftsnachrichten bei 4P Consulting hieß es dazu: „4P Consulting hält das Regionalbankensystem in Deutschland für eine wesentliche Säule des deutschen Bankensystems. Um die Zukunft dieses erfolgreichen Modells weiter zu gewährleisten, möchten wir mit unserer aktuellen Studie frühzeitig erste Denkanstöße und Lösungswege liefern sowie einen konstruktiven Beitrag zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung im Mittelstand leisten“.

Auf die Rückfrage, ob die Studie von Sparkassen oder ihren Verbänden beauftragt worden sei, wurde den Deutschen Wirtschaftsnachrichten mitgeteilt: „Durch intensive Gespräche mit Vorständen und Führungskräften des Kreditgewerbes entstand die Notwendigkeit einer aktuellen Standortbestimmung und Darstellung der Zukunftsperspektiven für die regionalen Sparkassen- und Genossenschaftsbanken. Die Verantwortlichen der Institute dürfen wir aus verständlichen Gründen nicht nennen“.

Ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands erklärte: „Wir vermuten, dass öffentlich zugängliche Daten an Hand von Worst-Case-Szenarien hochgerechnet wurden, um entsprechend schlechte Ergebnisse zu bekommen. Sämtliche positiven Aspekte wurden ausgeklammert, in großen Teilen sind die Annahmen schlicht und einfach falsch“.

Man kann davon ausgehen, dass die Sparkasse dennoch ein erhöhtes Interesse an der genauen Analyse ihrer Lage haben. Zwar werden sie nicht direkt der EZB als Banken-Aufsicht unterstellt, doch können sich die Sparkassen nicht vom harten Wettbewerb bei den Banken abschotten.

Eines der Probleme: Wie der Fall der Berliner Sparkasse gezeigt hat (hier), kann die politische Einflussnahme, die es bei Sparkassen und Volksbanken weiterhin gibt, zu verheerenden Fehlentwicklungen führen.

Solcherart haben die Sparkassen einen Zwei-Fronten-Krieg zu führen: Sie müssen gegen den Preisdruck der Großbanken ankämpfen und sich gegen unrealistische Finanzierungswünsche aus der Politik durchsetzen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Gasförderung vor Borkum: Streit um Abkommen mit den Niederlanden eskaliert
02.07.2025

Deutschland und die Niederlande wollen ein Abkommen zur Gasförderung vor Borkum abschließen – doch von der Küste regt sich lauter...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...