Politik

Erdoğan rückt von Herrschafts-Ansprüchen ab

Der türkische Ministerpräsident Erdoğan rückt von seinen regionalen Machtansprüchen ab. Auch im Inland geht er in die Defensive. Der anhaltende Druck aus dem Ausland ist offenbar unerträglich geworden.
25.01.2014 00:28
Lesezeit: 2 min

Während seiner Besuche in Japan, Singapur und Malaysia verkündete der türkische Premierminister Erdoğan, die Türkei „habe keine Ambitionen, eine regionale zu werden“.

Sein Land wolle lediglich mehr Verantwortung übernehmen. „Alles was darüber hinausginge wäre Gier und Übereifer, und die wäre in jedem Fall gefährlich. Wir haben diese Gier nicht“, so zitiert der Journalist der Zeitung Milliyet, Sami Kohen, den türkischen Premierminister.

Timeturk zitiert Erdoğan weiter:

„Unsere Freunde und ganz im Besonderen unsere Nachbarn sollten unserer Freundschaft gewiss sein bis zum Ende. Dennoch können wir mitmenschliche und gewissenhafte Gefühle – und erst recht unsere Außenpolitik – nicht durch physische Grenzen einsperren.“

Dieses Bekenntnis würde einen Sinneswandel Erdoğans darstellen. Denn in den vergangenen Jahren hatte er immer wieder den regionalen Machtanspruch der Türkei hervorgehoben.

Beobachter interpretieren den plötzlichen verbalen Rückbau Erdoğans unterschiedlich. Ein möglicher Erklärungsansatz, den die Financial Times vorstellen, sind die verschlechterten Beziehungen zu den USA:

„Die Beziehungen zu den USA sind beschädigt worden durch die Andeutungen der Regierung, dass Amerika die gegenwärtigen Korruptionsermittlungen orchestriert habe. Der Preis, den die Türkei für ihren Autoritären Führungsstil zahlt, ist immens. Erdoğan zeigt der Welt, dass die Türkei ein Land ist mit einer wankenden Demokratie, einer fehlerbehafteten Verfassung und einer schwindenden Zahl von Verbündeten.“

Der Economist stellt einen Ansatz vor, der die Beziehung von näher liegenden Staaten zum Gegenstand hat:

„Als vor drei Jahren in Nahost der Arabische Frühling ausbrach, neigten hoffnungsfrohe Demokraten bei ihrer Suche nach einem Modell der Türkei zu, ein Land, dass moderaten Islam mit Wohlstand und Demokratie verband. Aber leider sind die Araber nicht dem türkischen Pfad gefolgt. Stattdessen ist die Türkei auf die alte arabische Straße der Korruption und der Autokratie zurückgefallen.“

Ähnlich versöhnlich zeigte sich Erdoğan auch innenpolitisch: Nach einer Meldung des Worldbulletin betonte der türkische Premier nachdrücklich, die türkische Regierung verfolge keinen „Geheimplan“. „Die Türkei ist ein Staat, der nach Prinzipien handelt, nicht nach geheimen Absichten oder Plänen“, so der türkische Premier.

Zuvor hatte der Chef des größten Industrieverbandes der Türkei (TÜSIAD), Muharrem Yılmaz, Kritik an der türkischen Regierung geübt. Die Wichtigkeit der Gewaltenteilung stellte er in den Vordergrund.

„Ein Staat, der sich nicht an seine eigenen Regeln hält, kann nicht als ein Rechtsstaat bezeichnet werden, nicht mal als ein Staat mit Recht“, zitiert die Hürriyet Yılmaz. Er könne höchstens auf dem Papier als Polizeistaat bezeichnet werden. Die Justiz sei zum Schlachtfeld eines politischen Kampfes wird geworden.

Einen Ausweg aus dieser Krise biete eine grundlegende Reform. „Die Lösung liegt in einer Verfassungsreform, die wahrhaftig die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz garantiert“, sagt Yılmaz.

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