Finanzen

Warren Buffett verkauft Händlern keine Tipps mehr

Der Milliardär Warren Buffett muss seinen Informations-Dienst Business Wire einstellen. Dieser verkauft „privilegierte Informationen“ an Trader, die im Hochfrequenz-Handel tätig sind. Die Staatsanwaltschaft betrachtet Buffets Informationsdienst als Markt-Manipulation.
22.02.2014 00:19
Lesezeit: 3 min

Der Milliardär Warren Buffett hat den Informationsdienst Business Wire eingestellt, der zu seinem Finanz-Konglomerat Berkshire Hathaway gehört. Der Dienst liefert Pressemitteilungen an ausgesuchte Trader, die im Hochfrequenzhandel tätig sind.

Bei Business Wire laufen beispielsweise Informationen darüber zusammen, welche Autohersteller welche Margen erwirtschaften, welches Unternehmen welche Profite abwirft, welche neuesten Kursentwicklungen bei Rohstoffen zu erwarten sind und wie sich Aktien- und Devisenkurse entwickeln.

Dabei verteilt „Business Wire“ einige Hunderttausend Pressemitteilungen pro Jahr, ist jedoch nicht der einzige Informationslieferant für die Trader. Die Informationen werden auch an die US-Börse Dow Jones, Reuters und Bloomberg verteilt.

Trader, die mit Hochleistungs-Computern arbeiten, zahlten bisher an die Firma Business Wire, um rasch Informationen über Unternehmens-Daten zu beziehen, also im Besitz von Informations-Vorsprüngen zu sein: zum Nachteil der übrigen Börsenteilnehmer, die sozusagen traditionell an der Börse handeln.

Mithilfe dieser Informations-Vorsprünge können in Bruchteilen von Sekunden die lukrativsten Aktien besonders schnell und sicher verkauft oder gekauft werden, bevor die anderen Marktteilnehmer überhaupt Kenntnis über die entscheidenden Informationen erlangen.

Bislang war dieses Vorgehen legal. Der Staatsanwalt Schneiderman des Staates New York hatte sie im vergangenen Jahr jedoch bei einem Bloomberg-Summit als neue Form der Marktmanipulationen bezeichnet. Damit läutete der Staatsanwalt offenbar den jetzigen Verzicht von Warren Buffett ein, keine „privilegierten Informationen“ mehr an Trader zu verkaufen, die mit Hochleistungs-Computern arbeiten, berichtet die Financial Times.

Zuvor hatte Cathy Baron Tamraz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied bei Business Wire erklärt, die Trader hätten absolut keinen Zeit-Vorteil dabei, neue Informationen von Business Wire zu erhalten, da die Hochgeschwindigkeitsrechner ohnehin simultan und in „real-time“ allen Marktteilnehmern zur Verfügung stünden.

Mit der Materie vertraute Kenner machen den Hochfrequenzhandel stets für Kursstürze verantwortlich. Im Mai 2010 kam es zu einem Zusammenbruch der US-Börsen. Innerhalb kürzester Zeit fiel der US Aktienindex Dow Jones um 9 Prozent. Rund eine Billion US-Dollar wurden „vernichtet“.

Denn diese Hochleistungsrechner werten in Sekundenschnelle Informationen aus. Nach Maßgabe der Trader werden dann Aktien und Anleihen automatisch entweder gekauft oder verkauft. Dies wiederum geschieht im Millisekunden-Bereich, und in diesem Zeitraum können hundertfache Geschäfte geschlossen bzw. abgewickelt werden.

Bezeichnend dabei ist, dass diese Player auf den Finanzmärkten vielfach mit geliehenem Geld (und nicht mit Eigenkapital) in der Realwirtschaft quasi „Casino“ spielen.

Dirk Müller, deutscher Börsenmakler und Buchautor, gehört zu den Kritikern des Hochfrequenzhandels. Denn auch in Deutschland macht der Hochfrequenzhandel überschlägig etwa 40 Prozent des Handels aus. In den USA wird der Anteil in diesem Segment noch weit höher geschätzt.

Müller würden den Hochfrequenzhandel komplett verbieten, sagte er bei einer Anhörung vor einem Jahr vor dem Finanzausschuss des Bundestags. Der Wert der Börse mit ihrem „Primärmarkt“ besteht seiner Ansicht nach darin, Geld für Unternehmen zu beschaffen, die damit Investitionen leisten und Mitarbeiter einstellen können. Der „Sekundärmarkt“ besteht darin, den Handel zu gewährleisten. Die Entwicklung am Sekundärmarkt durch den Hochfrequenzhandel gehe jedoch dahin, dass reale Investoren aus dem Markt vertrieben werden.

Vor einem Jahr beschloss der deutsche Bundestag ein Gesetz zur Finanzmarktregulierung. Damit sollte der im Millisekunden-Bereich von Computerprogrammen durchgeführte Börsenhandel mit Wertpapieren reguliert und im Ergebnis entschleunigt werden.

„Der Gesetzesbeschluss sieht vor, dass Hochfrequenzhändler der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt werden. Zudem werden strengere Anforderungen an den Handel gestellt. Im Hochfrequenzhandel tätige Unternehmen müssen in Zukunft sicherstellen, dass ihre Handelssysteme den Markt nicht stören. Dadurch sollen extreme, irrationale Kursschwankungen ohne jeden Bezug zu realwirtschaftlichen Entwicklungen bis hin zu einem ‚Flash Crash‘, wie etwa der Zusammenbruch der US-Börsen am 6. Mai 2010, verhindert werden.“

Wie von Deutschland aus Flash-Crashs verhindert werden sollen, bleibt indessen unklar.

Kritiker wie Gerhard Schick (Grüne) warf der damaligen CDU/CSU-FDP-Regierung vor, das Gesetz „schade mehr als es nutze. Liquidität werde nur in Teilbereichen geschaffen, "und das mittelständische Unternehmen, das an der Börse in Stuttgart notiert ist, hat von dem ganzen Hochfrequenzhandel gar nichts"“.

In den USA argumentiert der Informationsdienst „Business Wire“ beim „Verzicht“ auf die Info-Weitergaben an die Trader mit Hochleistungsrechnern, mit einem möglichen Schaden für den eigenen Ruf. Es sei aber nichts Verwerfliches daran, Berichte an die Trader zu verkaufen.

Warren Buffett dürfte sich demnach nun nur noch selbst an den eigenen Infos bedienen.

Am Hochfrequenzhandel selbst ändert dieser Sachverhalt jedoch nichts. Glasfaserleitungen befinden die Trader inzwischen als zu langsam. Sie bedienen sich nun bei der Militärtechnik, berichtete die Welt. Bei den von Algorithmen befeuerten Handelsaufträgen könnten Vorsprünge von Nanosekunden – der Milliardste Teil einer Sekunde – über Gewinn und Verlust entscheiden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...