Politik

Ukraine droht: Wir werden die Krim niemals aufgeben

Lesezeit: 3 min
03.03.2014 18:49
Der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk schlug angesichts des russischen Militär-Aufgebots am Montag kriegerische Töne an. Sein Problem: Die russische Armee ist jener der Ukraine haushoch überlegen. Bundesaußenminister Steinmeier warnt vor einer Spaltung Europas.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In der Ukraine steigt die Kriegsgefahr. Russland brachte am Montag nach Aussagen ukrainischer Grenzschützer weitere Truppen am Übergang zur Krim in Stellung. Gepanzerte Militärfahrzeuge seien an einer Meerenge aufgefahren, wo Fähren die Krim mit dem nur 4,5 Kilometer entfernten russischen Festland verbinden. Im ost-ukrainischen Donezk besetzten pro-russische Demonstranten Teile eines Gebäudes der Regionalregierung. Westliche Politiker arbeiteten unterdessen fieberhaft an einer Entschärfung der Krise. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beriet über die Einrichtung einer Kontaktgruppe, die in dem Konflikt vermitteln könnte. Der russische Präsident Wladimir Putin stimmt dem zu, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Telefonat der beiden mitteilen ließ. Die EU-Außenminister kamen zu einer Krisensitzung zusammen.

Russische Kampfflugzeuge drangen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kiew in der Nacht zum Montag zwei Mal in den ukrainischen Luftraum über dem Schwarzen Meer ein. Ukrainische Abfangjäger seien aufgestiegen und hätten "provokative Aktionen" verhindert. Auf der Krim war die Lage weiter gespannt. "Jenseits der Meerenge sind Radpanzer aufgefahren", sagte ein Sprecher der ukrainischen Grenzschützer. "Wir wissen nicht, ob sie sie auf die Fähre laden werden." Russland blockiere in einigen Gegenden der Krim das Handy-Netz. Vor Sewastopol, dem Heimathafen der Schwarzmeerflotte, manövrierten den Angaben zufolge zahlreiche russische Kriegsschiffe.

Russland hatte in den vergangenen Tagen die Kontrolle über die Halbinsel Krim übernommen. Die Regierung in Moskau hat dies damit begründet, nach dem Machtwechsel in Kiew die Russen in der Ukraine schützen zu müssen. Die neue ukrainische Regierung spricht dagegen von einer Invasion. Ihren Angaben zufolge sind ihre Soldaten an mindestens drei Orten von russischen Truppen umzingelt. Das russische Militär ist der ukrainischen Armee haushoch überlegen.

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk bekräftigt den Anspruch seines Landes auf die Krim. Die Ukraine werde die Halbinsel niemals aufgeben, sagte er der Nachrichtenagentur Interfax. Aber nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich gerät die Ukraine immer stärker unter Druck: Der russische Konzern Gazprom prüft nach Angaben seines Finanzvorstandes eine Preiserhöhung für Gaslieferungen ab April. Die Ukraine steht kurz vor dem Staatsbankrott und ist völlig von russischen Gaslieferungen abhängig. Offenbar in Erwartung höherer Preise nimmt die Ukraine nach Angaben von Uktransgas derzeit doppelt so viel Gas von Russland ab wie vor einem Jahr.

Die Bundesregierung erklärte, der Westen könnte der Ukraine bei der Begleichung ihrer Schulden bei Gazprom helfen (mehr zu dieser abenteuerlichen Idee hier).

Die Gasspeicher in Deutschland selbst sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums gut gefüllt. Es gebe keinen Anlass zur Sorge, sagte eine Sprecherin. Die ukrainische Firma Uktransgas versicherte, sie werde russisches Erdgas durch ihre Pipelines wie üblich an das restliche Europa weiterleiten. Die Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G7) Staaten stellte der Ukraine wirtschaftliche Hilfe in Aussicht. Das Land müsse jedoch die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) angemahnten Reformen umsetzen, erklärten die USA, Deutschland, Japan, Kanada, Frankreich, Italien und Großbritannien.

Der G8-Gipfel im Juni steht unterdessen wegen der Krise in der Ukraine infrage. Die G7 verurteilte das Vorgehen Russlands auf der Krim als Verstoß gegen die Souveränität der Ukraine und stoppte die Vorbereitungen für den G8-Gipfel, der im russischen Schwarzmeer-Kurort Sotschi stattfinden soll. In dessen Nähe waren zuletzt die Olympischen Winterspiele ausgetragen worden. Als G8 werden die G7-Staaten plus Russland bezeichnet.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Entwicklung in der Ukraine als schwerste Krise seit dem Mauerfall. "Die Gefahr einer Spaltung Europas ist real", warnte er am Rande des Krisentreffens der EU-Außenminister in Brüssel. Russlands Aktivitäten, vor allem die militärischen, seien inakzeptabel. Aber auch die ukrainische Regierung müsse die Minderheitenrechte vor allem in der Ost-Ukraine beachten. Merkel hatte sich zuvor nach Angaben der Bundesregierung auch mit US-Präsident Barack Obama auf die Bildung einer Kontaktgruppe verständigt. Obama telefonierte zudem mit dem britischen Premierminister David Cameron und dem polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski, wie sein Büro in der Nacht bekanntgab.

Der britische Außenminister William Hague äußerte die Sorge, Russland könne auch in weiteren Teilen der Ost-Ukraine eingreifen. Er sprach von der größten Krise in Europa im 21. Jahrhundert und forderte Russland auf, seine Truppen in die Kasernen zurückzubeordern. China dagegen steht nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow auf Seiten Russlands. Lawrow habe mit seinem chinesischen Kollegen über die Lage in der Ukraine gesprochen, erklärte die Regierung in Moskau. Die Politiker stimmten in ihrer Einschätzung überein.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...