Kabinett stimmt Abkommen zu Gasförderung vor Borkum zu
Gasförderung vor einer Urlaubsinsel? Beschlossen ist das zwar nicht, aber deutlich wahrscheinlicher geworden. Weitere Bohrungen in sensiblen Bereichen soll es laut Umweltministerium jedoch nicht geben.
Umstrittene Pläne nehmen Hürde
Die umstrittenen Pläne zur Gasförderung vor der Nordseeinsel Borkum haben eine entscheidende Hürde genommen. Das Kabinett stimmte in Berlin einem Gasförder-Abkommen mit den Niederlanden zu. Das völkerrechtliche Abkommen ist erforderlich, weil es um die Erschließung grenzüberschreitender Gasfelder geht. Umweltverbände und Teile der niedersächsischen Landesregierung lehnen das Vorhaben ab.
Weitere Schritte stehen aus
Beschlossene Sache ist die Förderung mit dem Kabinettsbeschluss noch nicht. Erforderlich ist noch ein sogenanntes Vertragsgesetz, dem laut Wirtschaftsministerium Bundestag und Bundesrat zustimmen müssen. Zudem stehen noch mehrere Gerichtsentscheidungen aus.
Kehrtwende der Bundesregierung
Der Beschluss der Bundesregierung ist eine Abkehr vom Kurs der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte während seiner Amtszeit betont, vor einer Unterzeichnung des Abkommens mögliche Gerichtsurteile abwarten zu wollen.
Klage gegen Gasförderung
Ein Bündnis von Umweltschutzorganisationen um die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Insel Borkum klagt vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegen die Gasförderung. Sie befürchten Umweltschäden für das benachbarte Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer.
Scharfe Kritik von den Grünen
Die aktuelle Koalition aus CDU, CSU und SPD hat hingegen im Koalitionsvertrag vereinbart, "die Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland" zu nutzen. Habecks Nachfolgerin Katherina Reiche (CDU) sagte zu dem Beschluss: "Das stärkt nicht nur die Versorgungssicherheit unserer Nachbarn, sondern auch den europäischen Gasmarkt – und damit uns."
Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden kritisierte den Beschluss scharf und sprach von völlig unnötiger Hast. Niedersachsens Energie- und Klimaschutzminister Christian Meyer (Grüne) sagte: "Neue Gasförderung am Rande des Wattenmeers konterkariert die Klimaziele und wirkt wie eine reine Gefälligkeit für fossile Gaskonzerne." Das Wirtschaftsministerium argumentiert hingegen, das Vorhaben widerspreche nicht den Klimazielen, da die beteiligten Unternehmen zugesagt hätten, Erdgas nur so lange zu fördern, wie Erdgas in den Niederlanden und Deutschland nachgefragt wird.
One-Dyas plant weitere Felder
Der niederländische Energiekonzern One-Dyas will aus einem grenzüberschreitenden Vorkommen nahe dem Wattenmeer Gas fördern. One-Dyas plant, von einer Bohrplattform auf niederländischem Hoheitsgebiet aus auch unter dem Meeresboden auf deutschem Gebiet Gas zu fördern. Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie hatte dafür 2024 eine auf 18 Jahre befristete Genehmigung erteilt.
Außerdem hat One-Dyas weitere benachbarte Gasfelder im Blick. Diese liegen nach Angaben des Konzerns jedoch weiter von den Wattenmeerinseln entfernt, nämlich zehn bis 20 Kilometer nördlich der Inseln in der Nordsee. Noch in diesem Sommer will One-Dyas ein Stromkabel zum deutschen Windpark Riffgat legen, etwa neun Kilometer von der Bohrplattform entfernt.
Die DUH warf der Bundesregierung vor, mit dem Abkommen Druck auf die zuständigen Gerichte und Genehmigungsbehörden auszuüben. "Für die Artenvielfalt in der Nordsee hätte eine weitere Industrialisierung verheerende Folgen. Wertvolle Riffe und bedrohte Tiere wie der Schweinswal dürfen nicht zu den Opfern der fossilen Industrie werden."
Umweltminister: keine Gasförderung in Schutzgebieten
In dem Kabinettsbeschluss wird neben der Gasförderung auch betont, der Meeresschutz solle gestärkt werden. "Um dies zu erreichen, besteht zusätzlicher Handlungsbedarf. Gasförderung in Schutzgebieten stünde dem entgegen." Aus Sicht von Bundesumweltminister Carsten Schneider ist das als Botschaft an mögliche Investoren zu verstehen. "Gasförderung soll es in den deutschen Schutzgebieten nicht geben", sagte der SPD-Politiker. Meeresschutzgebiete dürften durch Bohrungen nicht gefährdet werden. "Wir werden darum zügig einen angepassten Rechtsrahmen vorlegen."