Politik

Referendum auf der Krim: Das Ergebnis steht schon fest

Bei der Abstimmung über die Zukunft der Krim fehlt eine Option auf dem Stimmzettel: Für den Verbleib bei der Ukraine können die Bürger nicht stimmen. Die Frage, die die Krim-Bewohner beantworten müssen: Wollen sie sofort Russland beitreten oder mit einer kleinen Verzögerung?
16.03.2014 11:06
Lesezeit: 2 min

Auf der Krim hat am Sonntagmorgen die Volksabstimmung über einen Anschluss der ukrainischen Halbinsel an Russland begonnen. Rund 1,5 Millionen Menschen sind aufgerufen, ihr Votum abzugeben. Zur Wahl stehen zwei Optionen, die aber beide zumindest auf eine russische Kontrolle der Krim hinauslaufen. Für einen Verbleib der autonomen Halbinsel in der Ukraine kann nicht votiert werden.

Ein "Njet" an die Adresse Russlands ist nicht vorgesehen: Auf dem Stimmzettel fehlt die Möglichkeit, für den Verbleib der autonomen Region Krim in der Ukraine zu votieren. Stattdessen können die Bürger ihr Kreuz lediglich hinter einer von zwei Fragen machen: "Sind Sie für die Wiedervereinigung der Krim mit Russland?", oder "Sind Sie für die Wiederherstellung der Verfassung von 1992 und den Status der Krim als Teil der Ukraine?" Wer letzteres ankreuzt, scheint für den Verbleib der Krim in der Ukraine zu stimmen. Experten sehen dies jedoch anders.

Denn die rasch wieder abgeschaffte Verfassung von 1992 verlieh der Krim zwar alle Eigenschaften einer unabhängigen Gebietskörperschaft in der Ukraine. Doch sie legitimierte die Halbinsel zugleich, ihr Schicksal selbst zu bestimmen und Beziehungen zu unterhalten, mit wem sie wollte - Russland eingeschlossen. Da die pro-russische Regionalversammlung angekündigt hat, Russland beitreten zu wollen, bedeutet ein Kreuz hinter der zweiten Frage nach Einschätzung von Experten nur eines: Dass es ein wenig länger dauern dürfte, bis Russland die volle Kontrolle über die Krim übernimmt.

Allgemein wird erwartet, dass eine deutliche Mehrheit der Bürger für den sofortigen Anschluss stimmen wird. Von den rund zwei Millionen Krim-Bewohnern sind fast 60 Prozent Russen. Die Wahllokale schließen um 19.00 Uhr (MEZ). Erste Ergebnisse werden für den Abend erwartet.

Vor dem Wahllokal in einer Oberschule der Krim-Regionalhauptstadt Simferopol standen Dutzende von Menschen an. "Ich bin hierher gekommen an diesem Festtag und habe für die Krim und die Krimbewohner gestimmt", sagte der Endvierziger Wladimir. "Und jetzt gehe ich in die Stadt zum Feiern."

Der Westen lehnt die Abstimmung als völkerrechtswidrig ab und hat Sanktionen gegen Russland angekündigt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte die Führung in Moskau in scharfen Worten zum Einlenken auf. "Russland verweigert bisher jede Exit-Option, jeden Schritt der Deeskalation und will offenbar Fakten schaffen, die wir so nicht hinnehmen können", sagte Steinmeier der Zeitung "Welt am Sonntag". "Wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben."

Der amtierende ukrainische Präsident Alexander Turtschinow warf der russischen Regierung am Samstag massive Provokationen vor und warnte vor einer Invasion. Die Gewalt im Osten der Ukraine, bei der zuletzt drei Menschen getötet wurden, sei das Werk von "Kreml-Agenten", sagte Turtschinow vor dem Parlament in Kiew. Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte, er sei sicher, dass es keinen "Kalten Krieg" geben werde. Schließlich seien in den Zeiten der Globalisierung alle Seiten auch wirtschaftlich voneinander abhängig. In Moskau demonstrierten am Samstag Tausende Menschen sowohl für als auch gegen die Politik Putins.

Unterdessen legte kurz vor dem Krim-Referendum ein Hackerangriff mehrere Internetseiten der Nato lahm. Zu der Attacke bekannte sich eine anonyme Gruppe mit dem Namen "Cyber Berkut". Die Erklärung wurde auf Russisch abgegeben. Cyber Berkut hat Sicherheitsexperten zufolge in den vergangenen Wochen bereits etliche ukrainische Webseiten blockiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...