Politik

EU schafft Zwei-Klassen-Internet

In der EU können sich große Konzerne künftig schnellere Datenleitungen reservieren. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde vom Industrie-Ausschuss der EU-Parlaments gebilligt. Telekom-Firmen könnten durch die Neuregelung den Datenfluss drosseln oder Seiten ganz blockieren.
19.03.2014 11:59
Lesezeit: 1 min

Der Industrie-Ausschuss des EU-Parlaments (Itre) stimmte heute einer Neuregelung des Telekommunikationsmarktes zu. Der Gesetzesentwurf hebelt die Netzneutralität im Internet weitestgehend aus und treibt die Kommerzialisierung im Netz weiter voran. Anfang April werden die EU-Abgeordneten über den Entwurf abstimmen. Es wird jedoch damit gerechnet, dass sie der „Empfehlung“ des Industrie-Ausschusses folgen werden.

Künftig können Telekom-Betreiber gegen Aufpreis größere Bandbreiten in gesonderten Verträgen anbieten, wie Netzpolitik berichtet. Davon werden vor allem große Konzerne profitieren, während kleine und unabhängige Seiten das Nachsehen haben werden.

Die Netzneutralität sieht vor, dass alle Datenpakete unabhängig von Absender oder Empfänger gleich behandelt werden. Doch damit ist nun Schluss. Provider haben fortan die Möglichkeit sogenannte „Spezialdienste“ anzubieten.

Anbieter von Inhalten (YouTube, Facebook, Spotify) können mit dem Internet-Anbieter (Provider) gesonderte Verträge über „Specialised Services“ abschließen. Dabei geht es um erweiterte Servicequalität – also höheres Datenvolumen und fest vereinbarte Geschwindigkeiten (mehr hier).

Dadurch können größere Internet-Unternehmen und Verlage schnellere Bandbreiten erwerben, während kleine und unabhängige Seiten auf der Strecke bleiben. Kritiker des Gesetzesentwurfs fürchten, dass Internetanbieter wie der Deutschen Telekom, Verizon oder Comcast nun von Webseiten-Betreibern für höhere Geschwindigkeiten mehr Geld verlangen beziehungsweise den Datenfluss verlangsamen oder bestimmte Seiten ganz blockieren könnten.

Sollte einmal nicht genügend Bandbreite vorhanden sein, werden Internetkonzerne wie Google und Facebook ab sofort bevorzugt behandelt, während kleine Webseiten unter dem Deckmantel der „Datenauslastung“ vom Netz genommen werden können.

Vorangetrieben wurde die Kommerzialisierung des Internets unter anderem von einer Brüsseler Lobby-Initiative, die den amerikanischen US-Konzernen dabei half Einfluss auf die EU-Gesetzgebung zu nehmen. Auch deutsche Politiker – wie Daniel Cohn-Bendit - sind in dieser Lobby-Gruppe aktiv (hier).

„Die heutige Abstimmung ist ein Zeichen der massiven Lobby-Einflussnahme der großen Telekom-Betreiber auf den europäischen Gesetzgebungsprozess“, kommentiert das französische Blog La Quadrature du Net die Abstimmung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...