Politik

Regierung erlaubt China Einstieg in Hamburger Terminal

Lesezeit: 3 min
26.10.2022 08:52
Die Bundesregierung hat sich darauf geeinigt, Cosco einen Anteil am umstrittenen Terminal in Höhe von 24,9 Prozent zu genehmigen. Kritik kommt vom DIW.
Regierung erlaubt China Einstieg in Hamburger Terminal
Der Containerfrachter «Cosco Hamburg» liegt im Containerhafen von Qingdao. (Foto: dpa)
Foto: Yufangping

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

--- UPDATE ---

Das Bundeskabinett hat einen begrenzten Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in die Betreibergesellschaft eines Container-Terminals im Hamburger Hafen erlaubt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen stimmte das Kabinett am Mittwoch einer sogenannten Teiluntersagung zu. Statt des Einstiegs mit 35 Prozent beim Containerterminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA genehmigt die Bundesregierung nun nur eine Beteiligung der Chinesen von 24,9 Prozent.

--- ENDE UPDATE ---

Die chinesische Staatsreederei Cocso steuert auf den umstrittenen Einstieg in ein Container-Terminal im Hamburger Hafen zu - allerdings in abgespeckter Form. Das Bundeskabinett will am Mittwoch nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters eine sogenannte Teiluntersagung beschließen: Statt einer geplanten Beteiligung von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft eines Container-Terminals erlaubt die Regierung nun nur noch einen Einstieg mit 24,9 Prozent. Der Logistikkonzern HHLA, der den ursprünglichen Vertrag ausgehandelt hat, bemüht sich um eine Einigung mit Cosco, sagte ein Insider.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen hatten sich die beteiligten Ministerien am Montag auf die Begrenzung des Anteils auf 24,9 Prozent geeinigt. Dies sei eine "Notlösung", hieß es. Hintergrund ist, dass das SPD-geführte Kanzleramt ein Verbot der Investition verhindern wollte. Die grün-geführten Wirtschafts- und Außenministerien wollten dagegen den Cosco-Einstieg ablehnen. Kanzler Olaf Scholz plant nächste Woche eine Reise nach China.

Das Kanzleramt sitzt in dem Streit am längeren Hebel: Ohne eine Befassung des Kabinetts, dessen Tagesordnung das Kanzleramt festlegt, würde der Cosco-Einstieg von 35 Prozent Ende Oktober als genehmigt gelten. Mit dem nun vorgeschlagene Kompromiss will das Kanzleramt die Bedenken über einen zu großen chinesischen Einfluss ausräumen.

INSIDER: COSCO MUSS SICH JETZT ENTSCHEIDEN

"Es ist jetzt natürlich an Cosco zu sagen, wir sind auch mit 24,9 Prozent zufrieden", sagte der Insider zu Reuters. Die HHLA lehnte eine offizielle Stellungnahme ab. Die HHLA und ihr Hauptaktionär, die Hansestadt Hamburg, plädieren für einen Einstieg von Cosco, weil sie dies positiv für die wirtschaftliche Entwicklung des Hafens sehen.

Der HHLA-Insider wies Medienberichte zurück, die chinesische Großreederei erhalte Einfluss auf strategische Entscheidungen des Unternehmens. "Wir sind davon überzeugt, dass dies eine wichtige, die nationale Sicherheit nicht gefährdende Beteiligung ist", sagte die Person. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist für den Einstieg von Cosco. Das chinesische Unternehmen hält bereits Anteile an Konkurrenz-Häfen in Europa.

Der Kompromiss stieß aber auf ein geteiltes Echo. "Die Bundesregierung wiederholt den Fehler vieler vorheriger Bundesregierungen und setzt kurzfristige wirtschaftliche Interessen über langfristigen Wohlstand und Stabilität", sagte etwa der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, zu Reuters. "Cosco gewinnt über die Beteiligung an der Terminalgesellschaft einen indirekten Einfluss und wichtige Informationen über eine kritische Infrastruktur in Deutschland und Europa."

Kritik kam auch von den Grünen. "Wir Grüne sind klar für eine Untersagung des Deals eingetreten. Dass Cosco nun weniger als 25 Prozent des Terminals übernehmen soll, ist kein Kompromiss, sondern eine Notlösung, um Schlimmeres zu verhindern", sagte Andreas Audretsch, stellvertretender Grünen- Fraktionsvorsitzender. Deutschland könne sich aber keine Naivität im Umgang mit Autokratien mehr leisten. Es brauche eine grundsätzlichere Debatte über gesetzlichen Anpassungen, "um solche Fälle künftig zu verhindern". Felix Banaszak, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages kritisierte, man erlaube China Abhängigkeiten europäischer Häfen Schritt für Schritt auszubauen. Cosco ist bereits an etliche europäischen, aber auch außereuropäischen Häfen beteiligt.

ZUSTIMMUNG VOM DIHK UND AUS DER SPD

Dagegen verteidigte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier die Entscheidung. "Die sich abzeichnende Minderheitsbeteiligung von Cosco an einem der vier Containerterminals im Hamburger Hafen ist eine überschaubare Größenordnung, auch unter dem Gesichtspunkt der Öffentlichen Sicherheit", sagte Treier der Nachrichtenagentur Reuters. Die Reederei Cosco sei ein großer Player in der internationalen Schifffahrt. "Die Beziehungen zu den Häfen in China könnten sich damit deutlich verbessern. Für die deutsche Wirtschaft ist das essentiell." Deutschland sei in hohem Maße auf ausländische Investitionen angewiesen und brauche umgekehrt auch den Zugang zu anderen Märkten.

Zustimmung kam auch von der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Verena Hubertz. "Der reduzierte Anteil von 24,9 Prozent, auf den sich das Bundeskabinett morgen voraussichtlich einigen wird, trägt den berechtigten Bedenken zur Cosco-Beteiligung Rechnung", teilte sie mit.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...