Finanzen

Deutsche Banken kritisieren Ende der günstigen EZB-Kreditlinien

Lesezeit: 2 min
27.10.2022 20:54  Aktualisiert: 27.10.2022 20:54
Die EZB hat die Bedingungen für langfristige Kredite an die Geschäftsbanken verschärft. Die deutschen Banken kritisieren diese einseitige Entscheidung deutlich.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Deutsche Geldinstitute kritisieren die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die vergünstigten Konditionen der sogenannten TLTRO-Kreditlinien zu ändern. "Diese vertraglich festgelegten Eckpunkte sind auch in die Kreditkonditionen der Finanzinstitute gegenüber ihren Kunden eingeflossen", sagte ein Sprecher des Bundesverbands der deutschen Banken (BdB) am Donnerstag nach der EZB-Sitzung. Die Kreditinstitute hätten sich darauf verlassen, dass diese Konditionen Bestand hätten.

"Die nachträgliche, einseitige Änderung der Vertragskonditionen könnte das Vertrauen der Finanzmarktteilnehmer in die Notenbanken als Geschäftspartner beschädigen", kommentierte der Bankenverband. Die Commerzbank akzeptiere die Entscheidung, auch wenn die rückwirkende Änderung von Vertragsbedingungen nicht vertrauensbildend sei, teilte eine Sprecherin mit. "Wir waren in unserer Planung für die Jahren 2023 und 2024 sehr konservativ und haben ohnehin keine weiteren Erträge aus dem TLTRO-Programm unterstellt", erklärte sie.

Die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak, nannte die Entscheidung der EZB geldpolitisch nicht überzeugend. "Es ist ungewöhnlich, dass die EZB ihre eigenen Zinsbedingungen gegenüber Instituten zurücknimmt, die sich an TLTRO-Geschäften beteiligt hatten", sagte Kolak. "Mit einem schnellen Bilanzabbau hätte die EZB ihr Ziel besser und mit weniger Nebenwirkungen erreichen können." Die nachträglich geänderten Konditionen würden laut der Verbandspräsidentin die Verlässlichkeit der EZB in Frage stellen.

Am Tag vor der EZB-Sitzung hatte auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing die erwarteten Anpassungen kritisiert. "Eine rückwirkende Änderung ist aus meiner Sicht nicht das Richtige", so der Vorstandsvorsitzende der größten deutschen Bank am Mittwoch vor Analysten.

Die bankenkritische Organisation Finanzwende lobte dagegen den Schritt der EZB. Die Entscheidung "war überfällig, denn viel zu lang konnten Banken praktisch leistungslose Gewinne einsacken", sagte Finanzwende-Vertreter Michael Peters. Aus Sicht der Zivilorganisation sollte die EZB bei ähnlichen Fällen in der Zukunft schneller auf Missstände reagieren.

Die EZB kündigte am Donnerstag an, die risikolosen Extragewinne der Banken zu begrenzen, die ihnen aufgrund der Zinswende nun im Zusammenhang mit einer früheren Serie zielgerichteter langfristiger Kreditspritzen (TLTRO III) mit supergünstigen Konditionen zufließen. Diese Extragewinne waren bei Auflage des Programms so nicht geplant gewesen und waren den Währungshütern zuletzt ein Dorn im Auge - zumal sie dem Straffungskurs zuwider laufen und bei den nationalen Euro-Notenbanken für Belastung sorgen. Denn es geht um viele Milliarden Euro. Die EZB kündigte nun an, die Zinssätze für die TLTRO-III-Kreditspritzen mit Wirkung zum 23. November 2022 zu verändern. Zudem will die EZB den Banken zusätzliche Termine für eine freiwillige vorzeitige Rückzahlung der Gelder anbieten.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...