Technologie

Polen steigt in die Atomkraft ein

Die polnische Regierung hat den Einstieg in die Atomkraft beschlossen.
02.11.2022 10:24
Aktualisiert: 02.11.2022 10:24
Lesezeit: 2 min

Die amerikanische Firma Westinghouse erhält den Auftrag für den Bau des ersten Atomkraftwerks in Polen. Das gab der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in der Nacht zum Samstag bekannt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP hatten sich auch Firmen aus Frankreich und Südkorea um den Auftrag beworben. Von PAP und polnischen TV-Sendern zitierte Politiker sowohl aus dem Regierungs- als auch Oppositionslager Polens lobten die Entscheidung am Samstag als gute Wahl und „politisch richtige Entscheidung.“

Wie der TV-Nachrichtensender TVN24 berichtete, muss die Regierung in Warschau noch ihre formelle Zustimmung erteilen, was aber nach Morawieckis Ankündigung als sicher gilt. Der Regierungschef hatte noch in der Nacht den strategischen Aspekt der Zusammenarbeit mit den USA beim AKW-Bau unterstrichen: „Ein starkes Bündnis ist ein Garant für den Erfolg der gemeinsamen Initiativen“, schrieb er auf Twitter. Die Entscheidung sei nach seinen Gesprächen mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris und US-Energieministerin Jennifer Granholm gefallen, erklärte er.

Das erste von zwei geplanten polnischen Atomkraftwerken soll in der Ostseeregion Pommern entstehen. Nach Regierungsankündigungen soll der Bau im Jahr 2026 beginnen. Der erste Reaktor soll dann 2033 ans Netz gehen. Die Regierungspläne sehen vor, dass je drei Atomreaktoren an zwei Standorten entstehen sollen. Die Inbetriebnahme ist dann schrittweise in Abständen von jeweils zwei Jahren geplant.

Koreaner bauen zweites AKW

Polen hat am Mittwoch zudem ein Abkommen mit Südkorea über die Entwicklung des zweiten Kernkraftwerks unterzeichnet und damit seine Bemühungen beschleunigt, energieunabhängig zu werden.

Das Unternehmen Korea Hydro & Nuclear Power Co., ein staatlicher Kernkraftwerksbetreiber, hatte am Montag eine Absichtserklärung mit den polnischen Energieversorgern PGE SA und ZE PAK SA unterzeichnet, teilte das südkoreanische Energieministerium in einer Erklärung mit. Das Konsortium wird vier 1.400-Megawatt-APR-1400-Reaktoren in der Nähe der Kohlekraftwerke von ZE PAK in Patnow in Zentralpolen bauen, berichteten Bloomberg und Reuters.

„Die Initiative von ZE PAK und PGE ist äußerst interessant, weil sie die strategischen Ziele Polens und der Polen erfüllt – billige Energie und Energieunabhängigkeit“, wurde Polens stellvertretender Ministerpräsident Jacek Sasin in der Erklärung zitiert.

Die Unternehmen beabsichtigen mit staatlicher Unterstützung, bis Ende dieses Jahres einen vorläufigen Entwicklungsplan für die Anlage auszuarbeiten. Die Vereinbarung kommt nur wenige Tage zustande, nachdem Polen Westinghouse Electric für den Bau seines ersten Kernkraftwerks ausgewählt hatte. Das kohleabhängigste Land der Europäischen Union drängt auf die Kernkraft, um stabil verfügbaren Strom zu liefern und gleichzeitig die Abhängigkeit von Kohle- und Erdgasimporten einzudämmen. Das Abkommen ist auch ein Erfolg für die koreanische Regierung, welche den Export von Atomtechnologie als Teil eines umfassenderen Vorstoßes zur Reduzierung von Emissionen fördert.

Westinghouse klagt

Seit der Wahl von Präsident Yoon Suk-yeol in diesem Jahr, der versprach, die Kernkraftindustrie des Landes wiederzubeleben, hat Südkorea seine Bemühungen verstärkt, Exportaufträge für Kernkraftwerke und Nukleartechnologie zu gewinnen. Die Regierung hat auf einen langfristigen Ausbau der Kernkraft im eigenen Land angekündigt und sich gleichzeitig verpflichtet, ein wichtiger Exporteur von Kerntechnologie zu sein.

Im August sicherten sich koreanische Firmen einen Auftrag über 3 Billionen Won (rund 2,1 Milliarden US-Dollar) zur Lieferung von Ausrüstung und Material für den Bau von Kernkraftwerken in Ägypten. Dabei handelte es sich um Koreas ersten derartigen Übersee-Deal seit dem Jahr 2009.

Der US-Rivale Westinghouse hatte jedoch in den USA eine Klage eingereicht, um Korea Electric Power Corp. und seine Einheit Korea Hydro daran zu hindern, die Technologie mit anderen Ländern zu teilen. Der laufende Rechtsstreit könnte Koreas Fähigkeit beeinträchtigen, Anlagen in anderen Ländern zu entwickeln, darunter auch in Polen, Saudi-Arabien und in der Tschechischen Republik.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...

DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erfolg im Job: Warum Diplome nicht mehr über Karrierechancen entscheiden
18.11.2025

Die Anforderungen an Fachkräfte haben sich deutlich verändert, und Arbeitgeber legen zunehmend Wert auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist tief gefallen und löst weltweit Unruhe unter Anlegern aus. Der Fear-and-Greed-Index warnt vor extremer Angst am...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität in Europa: Beckedahl kritisiert Bundesregierung
18.11.2025

Deutschland feiert neue Google- und Microsoft-Rechenzentren, während die digitale Abhängigkeit von US-Konzernen wächst. Der...