Unternehmen

Girocard-Gebühren: Rossmann klagt deutsche Banken an

Der Drogeriemarkt Rossmann klagt gegen die Betreiber des Girocard-Systems auf millionenfachen Schadensersatz. Es geht um überhöhte Gebühren.
07.11.2022 16:00
Lesezeit: 2 min
Girocard-Gebühren: Rossmann klagt deutsche Banken an
Rossmann kämpft vor dem Landgericht Berlin um millionenfachen Schadensersatz. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Viele Konsumenten nutzen bei Ihrem Einkauf das „Electronic Cash“-Zahlverfahren, wenn sie mit ihrer Bankkarte bezahlen. Am Freitag wurde nun bekannt, dass am 7. November beim Landgericht Berlin die mündliche Verhandlung über die Schadensersatzforderung der Dirk Rossmann GmbH gegen die vier Bankverbände (Spitzenverbände) der deutschen Kreditwirtschaft startet, die das Girocard-System (ehemals EC-Karte) in Deutschland organisieren.

Rossmann kein Einzelfall

Der Drogeriemarktriese hatte 2018 gegen die hohen Girocard-Gebühren geklagt. Rossmann will die Rückzahlung für kartellbedingt überhöhte Kartengebühren im „Electronic Cash“-Zahlverfahren erreichen. Es handelt sich dabei um einen Betrag von 8,5 Millionen Euro, der im Zeitraum vom 1. Dezember 2004 – bis zum 28. März 2014 zusammengekommen ist. Zusätzlich will Rossmann Gutachterkosten von 180.000 Euro geltend machen. Es ist unklar, ob die für Kartellrechtsstreitigkeiten verantwortliche 16. Zivilkammer des Landgerichts Berlin schon heute eine Entscheidung trifft. Laut der Lebensmittelzeitung ist ein Urteil heute eher unwahrscheinlich.

Rossmann ist nicht das einzige Unternehmen, welches klagt. Nach Informationen der Lebensmittelzeitung wollen auch die Drogeriekette dm-Drogeriemarkt, Drogerie Müller und Bartels Langness gegen die Bankverbände vorgehen. Zudem verhandelt das Landgericht Berlin über elf weitere Kartellschadensforderungen durch angeblich zu hohen Girocard-Gebühren gegen die Banken. Unter den Klägern sind die Deutsche Bahn, die Deutsche Post, Deichmann, Norma, Shell, Jet, Esso, Eni/Agip sowie weitere Mineralölkonzerne.

Händlerentgelt als wichtigster Punkt

Wichtigster Punkt im Verfahren wird sein, ob es sich beim bis zum Jahr 2014 gültigen, einheitlichen Händlerentgelt für Girocard-Zahlungen von 0,3 Prozent vom Umsatz, mindestens jedoch 8 Prozent, um eine unerlaubte Kartellabsprache handelt. Die Banken verweisen in Ihrer Begründung auf eine Freistellung durch das Bundeskartellamt aus den Gründerjahren des EC-Kartensystems zu Beginn der 90-er Jahre.

Die Kläger sehen die Wirksamkeit der Freistellung kritisch und stellen die Dauer ihrer Gültigkeit zur Diskussion, wie ein Sprecher von Deichmann erklärt: „Die Banken haben sich preislich abgesprochen und auf diese Weise von Händlern zu hohe Girocard-Gebühren verlangt. Es hat sich um ein klassisches Kartell gehandelt.“

Gebühren seit 2014 massiv gesunken

Das einheitliche Händlerentgelt im Girocard-Verfahren galt von der Gründung des EC-Cash Systems 1990 bis 2014. Die Mineralölkonzerne profitierten vom Vorteil und mussten nur 0.2 Prozent vom jeweiligen Transaktionsumsatz als Gebühr abgeben. Im Jahr 2014 vereinbarten die Banken mit dem Kartellamt, sich von diesem fixen Händlerentgelt zu verabschieden und die Girocard-Entgelte in Zukunft auszuhandeln.

Im Anschluss an die Vereinbarung stellte das Kartellamt ein seit 2011 laufendes Verfahren gegen die Banken ein. Seit diesem Zeitpunkt sind die Gebühren für Girocard-Zahlungen massiv gesunken. Dies lag auch daran, dass die EU-Kommission die Interbanken-Entgelte für Debit- und Kreditkartenzahlungen 2015 gedeckelt hat. Nach Daten des EHI Retail Institutes für das Jahr 2021, befand sich die durchschnittliche Autorisierungsgebühr im Girocard-Verfahren für den Einzelhandel bei 0,17 Prozent.

Die Kreditkartenunternehmen VISA und Mastercard sahen sich in anderen Ländern mehrfach mit vergleichbaren Kartellschadensverfahren um Kreditkartengebühren konfrontiert. Am Ende der Prozesse kam es in den meisten Fällen zu millionenschweren Vergleichen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chefin der Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt: Die Deindustrialisierung ist real
20.12.2025

Kerstin Maria Rippel ist Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Im DWN-Interview sagt sie, dass Berlin nach dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenkapitalbildung: Immobilienkauf laut IfW-Studie für Millennials schwerer
20.12.2025

Eigenkapitalbildung wird für viele Kaufwillige zur größten Hürde: Eine neue Studie vergleicht, wie stark sich die Anforderungen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-CO2-Zoll wird ausgeweitet: Kommt die nächste Stufe für Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte?
20.12.2025

Der EU-CO2-Zoll steht vor der nächsten Ausbaustufe: Brüssel will ihn auf Haushaltsgeräte und weitere Industrieprodukte ausdehnen. Ab...

DWN
Politik
Politik Neues Ranking: Wer jetzt über Europas Zukunft entscheidet
20.12.2025

Donald Trumps Aufstieg an die Spitze des aktuellen Politico-Rankings zeigt, wie stark externe Kräfte Europas Politik inzwischen bestimmen....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rallye mehrerer Technologieunternehmen treibt US-Aktien an
19.12.2025

Die US-Aktien unterbrachen ihre jüngste Verlustserie und stiegen am Freitag, da Anzeichen einer abkühlenden Inflation und nachlassende...