Deutschland

Deutschland: Krankenstand steigt auf Rekordhöhe

Derzeit sind in Deutschland so viele Menschen krank wie nie zuvor. Das Gesundheitssystem ächzt. Und Intensivmediziner hoffen nun auf die Weihnachtsfeiertage.
17.12.2022 17:02
Lesezeit: 2 min

Der Krankenstand in der Bevölkerung hat nach Aussage des Intensivmediziners Christian Karagiannidis historische Dimensionen erreicht. "Der Krankenstand in der Gesellschaft ist aktuell extrem hoch, so etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin der Rheinischen Post. In vielen Regionen gebe es so gut wie keine freien Intensivbetten mehr. Hauptproblem seien nicht mehr Corona-Infektionen. "Derzeit kämpfen wir gegen sehr breitgefächerte Krankheitsbilder: Grippe, RS-Virus, Corona und andere Atemwegserkrankungen, dazu die üblichen Notfälle."

Hoffnung setzt Karagiannidis auf die Feiertage. "Ich setze darauf, dass wir uns bald in die Feiertage retten können. Dann ebbt üblicherweise das Aufkommen in den Kliniken ab, die Kapazitäten in den Krankenhäusern steigen wieder."

Angesichts überlasteter Kinderkliniken bekommt es das Gesundheitspersonal nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zunehmend auch mit Drohungen und Gewalt zu tun. "Es häufen sich Fälle von Androhung oder der tatsächlichen Ausübung psychischer und physischer Gewalt gegenüber dem Gesundheitspersonal", sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt der Rheinischen Post. Eltern müssten teils stundenlang in den Notaufnahmen sitzen oder kranke Kinder auf Krankenhausfluren übernachten, beklagte sie. Kurzfristige Abhilfe zu schaffen, sei aber kaum möglich. Das Pflegefachpersonal müsse dringend entlastet werden.

Intensivmediziner Karagiannidis ist auch Mitglied der Regierungskommission für Krankenhausversorgung. Neben den Engpässen an den Kliniken kämpft das Gesundheitswesen auch mit Engpässen bei einer Reihe von Medikamenten. Karagiannidis plädierte dafür, dass der Staat in Kooperation mit hiesigen Pharmaherstellern bestimmte Medikamente auf Vorrat produzieren lässt, damit diese immer in ausreichenden Mengen verfügbar sind. "Das wird für das Land zwar teuer, aber ich finde es bedenklich für ein Land wie Deutschland, dass wir seit langer Zeit immer wieder mit solchen Engpässen zu kämpfen haben und sich dieser Mangel wegen der vielen Infekte in diesem Jahr besonders verschärft hat", sagte Karagiannidis.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sprach sich in der Rheinischen Post für ein Spitzentreffen zur Medikamentenversorgung aus. "Dafür sollte der Bund noch vor Weihnachten einen Gipfel mit allen beteiligten Institutionen einberufen und gemeinsam mit Ärzteverbänden, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Apothekern, Pharmagroßhändlern und pharmazeutischen Unternehmen nach Lösungen suchen", sagte der CSU-Politiker.

Wegen der Lieferprobleme bei Medikamenten für Kleinkinder übte der Kinderschutzbund scharfe Kritik. "Es ist ein Armutszeugnis für die Politik, dass jetzt nicht einmal genug Medikamente und fiebersenkende Mittel für die Kinder vorhanden sind", sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. "Die Bundesregierung muss jetzt so schnell wie möglich handeln und Medikamente beschaffen. Und sie muss dringend die Weichen dafür stellen, dass sich eine solche Situation möglich nie mehr wiederholt."

Zuletzt gab es Lieferschwierigkeiten bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften. Auch Mittel für Erwachsene sind betroffen, etwa Krebsmedikamente und Antibiotika, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erläutert hatte. Um Problemen gegenzusteuern, hat er für die neue Woche einen Gesetzentwurf angekündigt. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Brauanlagen-Hersteller Kaspar Schulz: „Made in Germany ist Teil unserer Markenidentität“
14.11.2025

Kaspar Schulz ist der älteste Braumaschinen-Hersteller der Welt. Seit 1677 produziert der Traditionsbetrieb in Bamberg. Johannes...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Google investiert: 6,41 Milliarden Dollar für Deutschlands Cloud-Infrastruktur
14.11.2025

Google plant eine milliardenschwere Expansion seiner Cloud-Infrastruktur in Deutschland, um seine Rechenzentren auszubauen und die Präsenz...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash erschüttert Anleger: Bitcoin-Kurs und andere Kryptowährungen stürzen ab – die Gründe
14.11.2025

Der Kryptomarkt wankt: Der Bitcoin-Kurs ist am Freitag unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 US-Dollar gerutscht und...

DWN
Finanzen
Finanzen Siemens Energy-Aktie: Rekordzahlen befeuern das Vertrauen in Siemens Energy
14.11.2025

Siemens Energy hat Anleger mit Rekordzahlen und einem starken Auftragseingang überrascht, die Siemens Energy-Aktie kletterte am Freitag...

DWN
Technologie
Technologie Streit um Verbrenner-Aus spitzt sich zu: Koalition sucht dringend nach gemeinsamer Linie
14.11.2025

Der ausbleibende E-Auto-Boom und zunehmender Druck aus der Industrie bringen das geplante EU-Verbrenner-Aus ab 2035 erneut ins Wanken....

DWN
Politik
Politik Alle 75 Minuten eine rassistische Straftat: Bundesregierung startet neuen Aktionsplan
14.11.2025

Die Bundesregierung will den Kampf gegen Rassismus neu aufstellen und modernisieren. Mit einer Auftaktsitzung von Ministeriumsvertretern...

DWN
Finanzen
Finanzen Klingbeil verteidigt Aktivrente: Steuerfreie Zusatzverdienste im Alter sollen Arbeitsmarkt stärken
14.11.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat die geplante Aktivrente im Bundestag energisch verteidigt. Sie soll es älteren...