Politik

Russland wertet deutsche Panzer für Ukraine als Eskalation

Deutschland wird der Ukraine Schützenpanzer liefern. Russland wertet dies als „Konflikteskalation“. Doch Deutschland debattiert schon über den nächsten Schritt.
06.01.2023 17:46
Aktualisiert: 06.01.2023 17:46
Lesezeit: 2 min

Russland hat die Entscheidung Deutschlands zur Lieferung von Schützenpanzern und eines Patriot-Flugabwehrsystems an die Ukraine als „Schritt hin zur Konflikteskalation“ verurteilt. Mit der Bereitstellung dieser schweren Waffen werde erneut eine „moralische Grenze“ überschritten, erklärte die russische Botschaft in Berlin am Freitag. Sie verwies dabei auf die historische Verantwortung Deutschlands für die von den Nazis an Russen begangenen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg.

In Deutschland läuft unterdessen bereits die Diskussion über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Politiker von Grünen, FDP und Union dringen darauf, ebenfalls die deutlich schlagkräftigeren Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 ins Kriegsgebiet zu schicken. Pläne der Bundesregierung gibt es dafür aber bisher nicht.

Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden hatten am Donnerstagabend nach einem Telefonat erklärt, der Ukraine erstmals Schützenpanzer westlicher Bauart liefern zu wollen. Die Bundesregierung will bis Ende März rund 40 Marder schicken. Die achtwöchige Ausbildung ukrainischer Soldaten an den gepanzerten Fahrzeugen, die vergleichsweise leicht bewaffnet sind, soll in Deutschland stattfinden. Um die Lieferung von Kampfpanzern ging es nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit in dem Gespräch von Scholz und Biden nicht.

Die Ukraine hatte die westlichen Alliierten und insbesondere Deutschland monatelang um Kampf- und Schützenpanzer gebeten. Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Scholz und Biden in der Nacht zum Freitag für die jetzt erfolgte Zusage. „Wir werden noch ein Patriot-System und mächtige Panzertechnik bekommen, das ist wirklich ein großer Sieg für unseren Staat“, sagte er in seiner Videoansprache. Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev twitterte schwarz-rot-goldene Herzen und die Worte „#DankeDeutschland“.

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk forderte die Bundesregierung auf, nun schnell nachzulegen. Die Entscheidung zur Lieferung der Marder solle der „erste Tabubruch“ sein, um das Militär unverzüglich mit sämtlichen Waffensystemen auszustatten, sagte der frühere ukrainische Botschafter in Berlin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es geht um all die sofort lieferbaren schweren Waffen wie Kampfpanzer, Kampfflugzeuge, Kampfdrohnen, Kriegsschiffe, U-Boote, ballistische Raketen.“ Dabei sei auch der Umfang der Lieferungen „kriegsentscheidend“.

In der Koalition machten sich vor allem FDP-Politiker für die Lieferung von Kampfpanzern stark, aber auch der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter. In der ARD forderte er die Bundesregierung auf, „eine europäische Initiative“ für die Lieferung von Leopard-2-Panzern zu starten. Die Strategie müsse sein, dass die Ukraine mit allem unterstützt werde, was sie auf dem Gefechtsfeld brauche und dazu gehöre noch deutlich mehr.

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner wies solche Forderungen zurück: „Den Absichten des Kriegsverbrechers Putin ist nie zu trauen. Dennoch ist pauschales Nein zu "Waffenruhe" ohne Prüfung ebenso fragwürdig wie Ruf nach "richtigen deutschen Kampfpanzern", kaum dass Verbündete entschieden haben, Schützenpanzer zur Verteidigung der Ukraine zu liefern“, schrieb er auf Twitter.

Die CSU im Bundestag forderte die Ampel-Koalition zum Auftakt ihrer Klausurtagung auf, der Ukraine neben Schützenpanzern auch Kampfpanzer zu liefern. „Der zweite Schritt muss auch kommen“, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. AfD-Chef Tino Chrupalla warnte dagegen: „Deutschland droht endgültig zur Kriegspartei zu werden - mit unabsehbaren Folgen für unser Land und seine Bürger.“ (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik China-Importe: Deutschlands Handel, Verbraucher und Zollbeamte fordern Regierung zu Regeln auf
22.01.2025

Täglich werden Hunderttausende Pakete mit Waren aus China auf den europäischen Markt geschwemmt, die China-Importe umgehen trickreich die...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Prognose 2025 mit mehr Potential als Risiko - Nvidia-Aktie Kursziel überzeugt
22.01.2025

Die Nvidia-Aktie gehört zu den Lieblingspapieren sowohl der institutionellen Investoren als auch der privaten Anleger. Der US-Chipkonzern...

DWN
Politik
Politik Rüstungsexporte steigen auf Rekordwert, mehr als die Hälfte geht an die Ukraine
22.01.2025

Die Regierung von Kanzler Scholz hatte sich ursprünglich vorgenommen, Rüstungsexporte mit einem Kontrollgesetz einzudämmen. Dann kam die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schuhhändler Görtz erneut in die Insolvenz gerutscht
22.01.2025

Einst gab es in fast jeder Fußgängerzone eine Görtz-Schuhfiliale. Doch das Traditionsunternehmen, das 1875 gegründet wurde, ist erneut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IWF-Prognose Weltwirtschaft: USA im Aufwind - Deutschland abgeschlagen
22.01.2025

Die neue IWF-Konjunkturprognose für die Weltwirtschaft zeichnet ein differenziertes Bild für das Wachstum der Industrienationen....

DWN
Finanzen
Finanzen Apple-Aktie rutscht ab: Jefferies-Analyst senkt Kursziel – jetzt Apple-Aktie kaufen?
21.01.2025

Die Apple-Aktie steht am Dienstag mächtig unter Druck. Ein skeptischer Analystenkommentar sowie schwächere Verkaufszahlen in China sorgen...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt-Entwicklung 2025: Stimmung hellt sich auf, welche Segmente sind die Favoriten?
21.01.2025

Nachdem das Transaktionsvolumen auf dem Immobilienmarkt für zwei Jahre deutlich zurückgegangen war, hat er sich vergangenes Jahr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steigende Sozialabgaben pushen Schwarzarbeit: Handwerk wird unbezahlbar
21.01.2025

Steigende Sozialabgaben sorgen für steigende Preise: Das Handwerk fordert jetzt eine Sozialabgabenbremse, sonst werden Handwerksarbeiten...