Deutschland

Deutschland meldet höchste Inflation seit Gründung der BRD

Deutschland verzeichnete 2022 eine historisch hohe Inflation. Aufgrund der dezimierten Kaufkraft schrumpft der finanzielle Spielraum der Menschen.
17.01.2023 12:22
Aktualisiert: 17.01.2023 12:22
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Menschen in Deutschland haben im vergangenen Jahr den stärksten Preisschock seit Gründung der Bundesrepublik erlebt. Die Verbraucherpreise stiegen im Jahresschnitt um 7,9 Prozent.

"Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben", erläuterte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes Ruth Brand am Dienstag.

Zum Jahresende schwächte sich die Inflation ab. Volkswirte rechnen im Januar und Februar aber wieder mit einem höheren Tempo. Eine durchgreifende Entspannung im Gesamtjahr 2023 wird nicht erwartet.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hofft auf eine Teuerungsrate unter 5 Prozent zum Ende dieses Jahres. Über das ganze Jahr gerechnet werde die Inflationsrate aber "eher darüber" liegen, sagte der Grünen-Politiker dem TV-Sender Welt am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos.

Im vergangenen Jahr erreichte die Teuerung im Jahresschnitt den höchsten Stand seit Gründung der Bundesrepublik. Allerdings wurde die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert. 2021 hatten die Verbraucherpreise um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt. Die Statistiker bestätigten eine erste Schätzung sowohl für das Gesamtjahr als auch für Dezember 2022.

Neben stark gestiegen Energiepreisen infolge des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine trieben auch Lieferengpässe die Inflation in die Höhe. Auch wenn Preiserhöhungen "nicht vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurden, wurden für sie besonders Energie und Nahrungsmittel spürbar teurer", erläuterte Behördenchefin Brandt.

Für Haushaltsenergie mussten Verbraucher im vergangenen Jahr 39,1 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Besonders deutlich verteuerten sich leichtes Heizöl (plus 87 Prozent) und Erdgas (plus 64,8 Prozent). Die Strompreise stiegen um 20,1 Prozent. Der Besuch an der Tankstelle kostete im Jahresschnitt 26,8 Prozent mehr als 2021.

Die Preise für Nahrungsmittel stiegen gegenüber dem Vorjahr um 13,4 Prozent. Überdurchschnittlich stark verteuerten sich Speisefette und Speiseöle (plus 36,2 Prozent) sowie Molkereiprodukte und Eier (plus 19,7 Prozent).

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft der Verbraucher, diese können sich für einen Euro weniger leisten. Der finanzielle Spielraum der Menschen schrumpft, Einkommenszuwächse werden von der Inflation aufgezehrt. Besonders hart trifft es Studien zufolge Menschen mit niedrigem Einkommen. Die größten Preistreiber - Haushaltsenergie und Lebensmittel - haben bei ihnen einen deutlich größeren Anteil am gesamten Warenkorb als bei Wohlhabenden.

Für etwas Entlastung sorgten im Jahresverlauf zeitweise staatliche Maßnahmen wie das auf drei Monate befristete 9-Euro-Ticket im Sommer und die einmalige Übernahme der Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden im Dezember durch den Staat. Dadurch schwächte sich die Inflation am Jahresende auf hohem Niveau ab. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,6 Prozent. Im November lag die Teuerungsrate noch bei 10 Prozent. Im Oktober war der Rekordstand von 10,4 Prozent erreicht worden. Gegenüber November sank der Verbraucherpreisindex im Dezember um 0,8 Prozent.

Volkswirte machen den Menschen in Deutschland wenig Hoffnung auf einen deutlichen Rückgang der Inflation im laufenden Jahr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung sieht den Höhepunkt der Inflation überschritten. Viele Volkswirte erwarten im Jahresschnitt 2023 aber eine Teuerungsrate von mehr als 6 Prozent. Zunächst dürfte die Teuerung nach dem Wegfall der Einmalentlastung im Dezember wieder an Tempo gewinnen. Von März an könnte die Gas- und Strompreisbremse die Inflation dann erneut dämpfen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit Zinserhöhungen gegen die Rekordinflation im Euroraum und sieht sich noch nicht am Ende ihres Einsatzes, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde Mitte Dezember klarmachte: "Wir müssen eine längere Strecke gehen."

Die Währungshüter streben für den gemeinsamen Währungsraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. In Deutschland lag der für die Geldpolitik der Notenbank maßgebliche Index HVPI im Schnitt des vergangenen Jahres um 8,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. (dpa-AFX)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...

DWN
Panorama
Panorama Frost, Dürre, steigende Kosten: Weihnachtsbäume werden teurer
13.09.2025

Weihnachtsbäume stehen schon jetzt im Fokus: Frost, Trockenheit und steigende Kosten setzen Tannenbaumproduzenten unter Druck. Zwar gibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tariftreuegesetz: Schutz vor Lohndumping – oder Gefahr für den Mittelstand?
13.09.2025

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll faire Bedingungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass vor...