Politik

Pistorius: Sondervermögen für Bundeswehr ist zu wenig

Lesezeit: 2 min
27.01.2023 19:35  Aktualisiert: 27.01.2023 19:35
Der neue Bundesverteidigungsminister Pistorius hält den Etat der Bundeswehr sowie das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro nicht mehr für ausreichend.
Pistorius: Sondervermögen für Bundeswehr ist zu wenig
Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung, bei seinem Antrittsbesuch bei der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow. (Foto: dpa)
Foto: Kay Nietfeld

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

"Die 100 Milliarden werden nicht reichen", sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) der "Süddeutschen Zeitung" einem am Freitag veröffentlichten Vorabbericht zufolge. "Wir haben mit jedem neuen System auch neue Unterhaltungskosten. Mit jedem neuen Gerät entstehen also neue und höhere laufende Kosten." Auch den regulären Etat von rund 50 Milliarden Euro im Jahr hält der neue Verteidigungsminister auf Dauer für zu wenig. "Ich gehe nicht davon aus, dass das reicht."

Pistorius räumte ein, dass die Bundeswehr auch durch die Waffen- und nun auch Panzerlieferungen an die Ukraine dringend und schnell Nachschub brauche. "Panzer stehen nicht irgendwo im Regal zum Mitnehmen. Die haben eine Lieferzeit, und das sind nicht drei Wochen. Und Munition wächst nicht auf Bäumen und will nur gepflückt werden." Deutschland werde kurzfristig nicht in der Lage sein, den Bedarf zu decken. "Mittel- und langfristig müssen wir in Europa eine Rüstungsindustrie aufbauen, die das kann. Nicht jeder muss jedes Waffensystem entwickeln. Und wir sollten zu standardisierten Waffensystemen kommen in Europa."

Pistorius kündigte einen engen Schulterschluss mit der Industrie an, um Produktionskapazitäten auszuweiten und Lieferungen zu beschleunigen. Kommende Woche werde er sich mit Vertretern der Rüstungsindustrie an den Tisch setzen. "Wir müssen schneller bei der Beschaffung werden." Auch Verteidigungsexperten haben gewarnt, dass die Sonderkreditlinie von 100 Milliarden Euro bei weitem nicht ausreichen werde. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, sprach zuletzt von einem Finanzbedarf von 300 Milliarden Euro.

Pistorius zeigte sich zudem offen für eine Diskussion über ein neues Modell, um mehr Nachwuchs für die Bundeswehr zu gewinnen. Zunächst müsse diese so attraktiv gemacht werden, "dass sich gute junge Leute für sie interessieren und sich bewerben", sagte er dem Blatt zufolge. Er äußerte sich demnach positiv über die Wehrpflicht: "Wenn Sie mich als Zivilisten fragen, als Staatsbürger, als Politiker, würde ich sagen: Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen." Sie sei auch wichtig gewesen, um einen stärkeren Bezug zur Bundeswehr und zum Staat zu haben. "Früher saßen an jedem zweiten Küchentisch Wehrpflichtige. Auch dadurch gab es immer eine Verbindung zur Zivilgesellschaft."

Die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine lehnte Pistorius ebenso ab wie bereits Bundeskanzler Olaf Scholz. "Ich halte das für ausgeschlossen", sagte der Verteidigungsminister zu der Forderung des ukkrainischen Vizeaußenministers Andrij Melnyk. "Kampfflugzeuge sind viel komplexere Systeme als Kampfpanzer und haben eine ganz andere Reichweite und Feuerkraft. Da würden wir uns in Dimensionen vorwagen, vor denen ich aktuell sehr warnen würde."

Die Bundeswehr bringt die Ersatzbeschaffungen für das an die Ukraine gelieferte Militärmaterial auf den Weg. Aus einer vertraulichen Liste mit 49 Einzelpositionen, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, geht hervor, dass etwa 14 neue Panzerhaubitzen 2000 beschafft werden sollen. Auf der Liste finden sich etwa auch 50 geschützte Dingo-Transportfahrzeuge und 22 Millionen Schuss Handmunition, aber auch kleinere Posten wie etwa 28.000 Gefechtshelme. Aus der Übersicht geht auch hervor, dass 53.000 Schuss Flakpanzer-Munition nicht nachbestellt werden sollen. Zudem zeigt die Übersicht, die es nur für einen Bruchteil der nötigen Nachbestellungen bereits eine Verständigung über die Finanzierung gibt. (Reuters)


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zu Argentinien: Javier Milei - was plant der Anarchokapitalist?
12.10.2024

Philipp Bagus, Autor des Buches „Die Ära Milei“, erklärt im Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, warum der libertäre...

DWN
Finanzen
Finanzen Wann kommt das Vermögensregister - und muss man wirklich davor Angst haben?
11.10.2024

Das EU-Vermögensregister ist eines der heißesten Themen des Jahres 2024 und verursacht bereits große Wellen – obwohl es noch gar nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Cybersicherheit: KMU als Sorgenkinder - Bedrohung durch Russland und China wächst
11.10.2024

Die Digitalisierung in Deutschland ist ein Dauerbrenner – leider oft aus den falschen Gründen. Während andere Nationen ihre digitalen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern kämpft mit Absatzrückgang - und senkt Absatzprognose
11.10.2024

Der VW-Konzern leidet zunehmend unter der geringen Nachfrage. In den letzten drei Monaten sind die Verkaufszahlen merklich gesunken. Durch...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie sparen: 10 Tipps, um Strom, Gas und damit bares Geld zu sparen
11.10.2024

In Zeiten hoher Energiekosten wird es für Unternehmer immer wichtiger, ihre Betriebsausgaben zu senken. Deutschland ist noch immer in...

DWN
Politik
Politik Deutscher Nato-General fordert höhere Verteidigungsausgaben
11.10.2024

Angesichts der erweiterten Militärplanungen fordert der deutsche Nato-General Christian Badia eine deutliche Erhöhung der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Inflation sinkt auf niedrigsten Stand seit 2021: Energie sorgt für Inflationsrückgang
11.10.2024

Im September haben sich Waren und Dienstleistungen nicht mehr so stark verteuert wie in vielen vorherigen Monaten. Eine bestimmte...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt Ost-West: Warum der Traum vom Eigenheim für viele unerreichbar bleibt
11.10.2024

Der Immobilienmarkt in Deutschland ist tief gespalten – und die Ursachen liegen nicht nur in der Gegenwart. Besonders im Osten, wo der...